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Sturz der Titanen

Titel: Sturz der Titanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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ihrer Eröffnung aufgenommen worden war.
    Nachdem Fitz die Liste der Trauernden abgearbeitet hatte, bat Ethel um Erlaubnis, ein paar Minuten zu ihrer Familie zu dürfen.
    »Aber gewiss«, sagte der Earl. »Nehmen Sie sich so viel Zeit, wie Sie möchten. Sie waren großartig. Ich weiß gar nicht, wie ich es ohne Sie geschafft hätte. Auch Seine Majestät war dankbar für Ihre Hilfe. Wie können Sie sich nur die vielen Namen merken?«
    Ethel lächelte geschmeichelt. Vom Earl gelobt zu werden war das Allergrößte. »Die meisten von diesen Leuten haben uns schon mal zu Hause besucht, um mit meinem Vater zu sprechen«, sagte sie. »Meist geht es dabei um Entschädigung für eine Verletzung oder den Streit mit einem Steiger, oder weil die Männer sich um die Sicherheit unter Tage Sorgen machen.«
    »Nun, ich finde Sie jedenfalls bemerkenswert«, sagte Fitz und bedachte Ethel mit jenem unwiderstehlichen Lächeln, das er nur hin und wieder zeigte und das ihn beinahe wie den Nachbarsjungen erscheinen ließ. »Richten Sie Ihrem Herrn Vater meine besten Empfehlungen aus.«
    Als Ethel über den Rasen eilte, hätte sie die ganze Welt umarmen können. Sie entdeckte Dah, Mam, Billy und Gramper im Teezelt. In seinem schwarzen Sonntagsanzug mit weißem Hemd und steifem Kragen wirkte Dah sehr vornehm. Billy hatte eine hässliche Brandwunde auf der Wange. »Wie geht es dir, Billy-Boy?«, fragte Ethel.
    »Ganz gut. Sieht schrecklich aus, ich weiß, aber der Doktor sagt, ich soll Luft drankommen lassen.«
    »Alle reden darüber, wie tapfer du warst.«
    »Hat aber nicht gereicht, um Micky Pope zu retten.«
    Darauf ließ sich nichts erwidern, doch Ethel legte ihrem Bruder voller Mitgefühl die Hand auf den Arm.
    Mam sagte stolz: »Heute Morgen hat Billy unsere Gemeinde im Gebet geführt.«
    »Sag bloß! Schade, dass ich nicht dabei war.« Ethel war nicht zur Kapelle gegangen, weil im Haus zu viel zu tun gewesen war. »Wofür hast du denn gebetet?«
    »Dass Gott uns verstehen lässt, warum er die Grubenexplosion zugelassen hat.« Billy warf einen nervösen Blick auf seinen Vater.
    Dah, der ernst dreinblickte, sagte streng: »Billy hätte den Herrgott lieber um Stärke bitten sollen, damit er glauben kann, ohne dass er gleich alles begreifen muss.«
    Offenbar hatten Vater und Sohn sich bereits gestritten, was die Frage anging, ob es dem Menschen zustand, von Gott Erklärungen zu erbitten, wo seine Wege doch bekanntermaßen unergründlich waren. Aber Ethel wollte keinen theologischen Disput, der am Ende sowieso zu nichts geführt hätte. Sie versuchte, die Stimmung aufzuhellen. »Earl Fitzherbert lässt dir seine Empfehlungen ausrichten, Dah«, sagte sie. »Ist das nicht nett von ihm?«
    Dah zeigte sich wenig geschmeichelt. Stattdessen murrte er: »Es hat mir wehgetan, mit ansehen zu müssen, wie du am Montag bei diesem schändlichen Schauspiel dabei warst.«
    Ethel machte große Augen. »Du meinst, als der König die Familien besucht hat?«
    »Ich habe gesehen, wie du diesem Lakai die Namen der Witwen zugeflüstert hast.«
    »Das war Sir Alan Tite!«
    »Mir egal, wie er sich nennt. Ich erkenne einen Speichellecker, wenn ich einen sehe.«
    Ethel war entsetzt. Wie konnte Dah so verächtlich über ihren großen Augenblick sprechen? Plötzlich war ihr zum Heulen zumute. »Ich dachte, du wärst stolz auf mich, dass ich dem König geholfen habe.«
    »Wie kann der König es wagen, uns sein Beileid auszusprechen? Was weiß so ein König denn schon von Not und Lebensgefahr?«
    Ethel kämpfte gegen die Tränen an. »Aber Dah, den Leuten hat es viel bedeutet, dass der König sie besucht hat.«
    »Damit hat er nur davon abgelenkt, dass Celtic Minerals sich fahrlässig und gesetzwidrig verhalten hat.«
    »Aber die Leute haben Trost gebraucht!« Wie konnte Dah das übersehen?
    »Der König hat sie weich geklopft«, schimpfte Dah. »Am Sonntag stand die Stadt kurz vor dem Aufstand, und am Montagabend faseln alle nur noch von dem dämlichen Taschentuch, das die Königin Mrs. Dai Ponies gegeben hat.«
    In Ethel stieg Zorn auf. »Tut mir leid, wenn du es so siehst.«
    »Es braucht dir nicht …«
    »Es tut mir leid, weil du falschliegst!«, fiel sie ihm ins Wort.
    Dah musterte sie verdutzt. Es kam selten vor, dass jemand ihn unverblümt eines Irrtums bezichtigte, und eine Frau schon gar nicht.
    Mam sagte: »Hör mal, Ethel …«
    »Menschen haben Gefühle, Dah!«, stieß Ethel hervor. »Das vergisst du immer wieder.«
    Dah war sprachlos.
    »Das reicht

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