Sturz der Titanen
füllt? Warum hast Du zugelassen, dass es zünden tut? Wie kommt es, dass Männer über uns gestellt werden, die in ihrer Geldgier achtlos mit dem Leben Deiner Geschöpfe umgehen? Wie kann es Deinen heiligen Absichten dienen, wenn die Leiber braver Männer, die Du doch selbst erschaffen hast, zermalmt werden?«
Erneut verstummte Billy. Er wusste, dass es falsch war, Forderungen an Gott zu richten, als würde man mit der Grubendirektion verhandeln; deshalb fügte er hinzu: »Natürlich wissen wir, dass das Leid der Menschen von Aberowen eine Rolle in Deinem unergründlichen Plan spielt.« Billy wusste, dass er es dabei belassen sollte, doch er konnte nicht anders und fügte hinzu: »Aber wir begreifen nicht, o Herr, welche Rolle das sein soll, darum erklär es uns bitte.«
Er beendete sein Gebet mit den Worten: »Im Namen Jesu Christi, unseres Herrn.«
»Amen«, erklang es von den Bänken.
Am Nachmittag waren die Einwohner von Aberowen eingeladen, die Gärten von Ty Gwyn zu besuchen, was für Ethel eine Menge Arbeit bedeutete.
Am Samstagabend war ein Plakat in den Pubs ausgehängt worden, das am Sonntagmorgen nach den Gottesdiensten in den Kirchen und Kapellen verlesen wurde. Die Gärten von Ty Gwyn, hieß es in der Mitteilung, seien für das Königspaar prachtvoll hergerichtet worden, obwohl Winter war; nun wolle Earl Fitzherbert die Schönheit dieser Gärten mit seinen Nachbarn teilen. Der Earl werde als Zeichen der Anteilnahme für die Hinterbliebenen der toten Bergleute eine schwarze Krawatte tragen und wäre erfreut, wenn seine Gäste ein ähnliches Zeichen des Respekts anlegten. Obwohl es unangemessen sei, ein Fest zu feiern, würden dennoch Erfrischungen gereicht werden.
Ethel hatte auf dem Ostrasen drei große Zelte errichten lassen. Im ersten stand ein halbes Dutzend 500-Liter-Fässer mit hellem Bier, das per Eisenbahn von der Brauerei Crown in Pontyclun herangeschafft worden war. Für Abstinenzler, von denen es in Aberowen nicht wenige gab, wurde im Zelt daneben Tee ausgeschenkt. Im dritten und kleinsten Zelt gab es Sherry für die bescheidene Mittelschicht der Stadt, zu der die beiden Ärzte, der anglikanische Pfarrer sowie Grubendirektor Maldwyn Morgan gehörten, den man bereits Gone-to-Merthyr Morgan nannte.
Zum Glück war es ein sonniger Tag, kalt, aber trocken, und nur wenige, harmlos aussehende weiße Wolken standen am blauen Himmel. Viertausend Personen kamen – fast die gesamte Einwohnerschaft der Stadt –, und fast jeder trug eine schwarze Krawatte, ein schwarzes Band oder eine schwarze Armbinde. Die Leute stromerten über das Grundstück, spähten neugierig durch die Fenster ins Haus und zertrampelten den Rasen.
Fürstin Bea blieb in ihren Räumen. Dies war kein gesellschaftliches Ereignis von der Art, an denen sie teilzunehmen pflegte. Ethels Erfahrung nach waren alle Angehörigen der Oberschicht Egoisten, doch Bea erhob die Selbstsucht zur Kunstform. Sie verwendete ihre gesamte Energie darauf, ihre Launen zu befriedigen und ihren Willen durchzusetzen. Selbst wenn sie eine Gesellschaft gab – worauf sie sich bestens verstand –, geschah dies hauptsächlich aus Eigensucht, verschaffte ihr ein solches Ereignis die Gelegenheit, ihre Schönheit zur Schau zu stellen und ihren Charme spielen zu lassen.
Fitz hielt derweil im prächtigen, viktorianisch-gotischen Großen Saal Hof. Sein riesiger Hund lag wie ein Bettvorleger vor ihm auf dem Boden. Fitz trug den braunen Tweedanzug, in dem er zugänglicher wirkte, dazu einen Hochstehkragen und eine schwarze Krawatte. In Ethels Augen sah er besser aus als je zuvor. Sie führte die Angehörigen der Toten und Verletzten in Gruppen zu drei oder vier Personen zu ihm, damit Fitz jedem sein Mitgefühl bekunden konnte – eine Aufgabe, der Fitz sich auf zurückhaltende, gewohnt charmante Art entledigte. Jedem gab er das Gefühl, etwas Besonderes zu sein.
Ethel war mittlerweile zur offiziellen Haushälterin befördert worden. Nach dem Besuch des Königspaares hatte Fürstin Bea darauf bestanden, dass Mrs. Jevons endgültig in den Ruhestand ging: Sie hatte keine Geduld mit müden alten Dienstboten. Ethel, das wusste die Fürstin, würde sich nach besten Kräften bemühen, ihre Wünsche zu erfüllen, und so hatte Bea sie trotz ihrer Jugend befördert. Inzwischen hatte Ethel die kleine Haushälterinnen-Kammer neben den Dienstbotenunterkünften bezogen und dort eine Fotografie ihrer Eltern im Sonntagsstaat aufgehängt, die vor der Bethesda-Kapelle am Tag
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