Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sturz der Titanen

Titel: Sturz der Titanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
Vom Netzwerk:
etwas spricht sich immer herum.«
    »Und jetzt begleiten Sie Ihre Frau nach Russland.«
    »Sie ist Russin und möchte ihren Bruder besuchen. Die Reise ist lange verschoben worden.«
    »Und Gus Dewar fährt mit Ihnen.«
    C schien über alles im Bilde zu sein. »Er macht eine Weltreise«, erwiderte Fitz. »Unsere Pläne haben sich überschnitten.«
    C lehnte sich zurück und sagte beiläufig: »Wissen Sie, weshalb Admiral Alexejew im Krieg gegen Japan den Befehl über die russischen Streitkräfte bekam, obwohl er vom Landkrieg nichts verstand?«
    Fitz hatte als Junge einige Zeit in Russland verbracht und den Verlauf des Russisch-Japanischen Krieges von 1904–1905 verfolgt, aber diese Geschichte war ihm neu. »Erzählen Sie.«
    »Nun, offenbar war Großfürst Alexej in einem Marseiller Bordell in eine Schlägerei verwickelt und wurde von der französischen Polizei festgenommen. Alexejew kam zu seiner Rettung und versicherte den Gendarmen, dass er es sei, der sich danebenbenommen habe, nicht der Großfürst. Wegen der Namensähnlichkeit klang die Geschichte plausibel, und der Großfürst wurde auf freien Fuß gesetzt. Alexejew wurde belohnt, indem man ihn zum Oberbefehlshaber sämtlicher russischer Land- und Seestreitkräfte im Fernen Osten ernannte.«
    »Kein Wunder, dass Russland den Krieg verloren hat.«
    »Dennoch, die Russen besitzen das größte Heer, das die Welt je gesehen hat. Die Schätzungen reichen bis zu sechs Millionen Mann, wenn sämtliche Reservisten mobilisiert werden. Ganz gleich, wie unfähig die Führung sein mag, sechs Millionen Soldaten sind eine unfassbare Streitmacht. Aber wie effizient wäre sie … sagen wir, in einem europäischen Krieg?«
    »Ich bin seit meiner Hochzeit nicht mehr in Russland gewesen«, erwiderte Fitz. »Ich kann es nicht mit Sicherheit sagen.«
    »Wir auch nicht. Deshalb kommen Sie ins Spiel. Es wäre mir lieb, wenn Sie gewisse Erkundigungen anstellen könnten, während Sie sich in Russland aufhalten.«
    Fitz war überrascht. »Wäre das nicht Aufgabe unserer Botschaft?«
    »Natürlich.« C zuckte mit den Schultern. »Aber Diplomaten interessieren sich mehr für Politik als für militärische Dinge.«
    »Es muss doch einen Militärattaché geben.«
    »Aber ein Außenstehender wie Sie könnte uns eine neue Sichtweise bieten – ganz ähnlich, wie Ihre Gesellschaft auf Ty Gwyn dem König einen Einblick geboten hat, den das Außenministerium ihm nicht hätte verschaffen können. Aber wenn Sie meinen, es geht nicht …«
    »Ich will mich keineswegs weigern«, versicherte Fitz ihm rasch. Im Gegenteil, es machte ihn stolz, dass sein Land ihn um diesen Dienst bat. »Mich überrascht nur, dass solche Dinge auf diese Art und Weise gehandhabt werden.«
    »Wir sind eine relativ neue Abteilung mit begrenzten Mitteln. Meine besten Informanten sind gebildete Reisende mit militärischer Erfahrung, die einschätzen können, was sie zu sehen bekommen.«
    »Verstehe.«
    »Ich wüsste gern, ob Sie den Eindruck haben, dass die russische Offizierskaste sich seit 1905 weiterentwickelt hat. Ist sie moderner geworden, oder hält sie noch an alten Vorstellungen fest? Sie werden die höchsten Militärführer in Sankt Petersburg kennenlernen – Ihre Gattin ist mit der Hälfte dieser Herren verwandt.«
    Fitz dachte an den letzten Krieg zurück, den Russland zu Beginn des Jahrhunderts geführt hatte. »Der Hauptgrund für die Niederlage gegen Japan war, dass die russische Eisenbahn nicht in der Lage war, das Feldheer mit Nachschub zu versorgen.«
    »Aber seitdem hat man versucht, das Schienennetz auszubauen – mit Geld, das vom Verbündeten Frankreich geliehen wurde.«
    »Ob Russland dabei wohl große Fortschritte gemacht hat?«
    »Das ist die Schlüsselfrage. Sie werden mit der Bahn reisen. Halten Sie die Augen offen. Fahren die Züge pünktlich? Sind die Schienenstränge eingleisig oder doppelgleisig? Auf solche Dinge müssen Sie achten. Die deutsche Generalität hat einen Kriegsplan, der auf einer Berechnung beruht, wie lange es dauert, das russische Heer zu mobilisieren. Wenn es Krieg gibt, hängt viel davon ab, wie genau diese Berechnung ist.«
    Fitz war aufgeregt wie ein Schuljunge, zwang sich jedoch zu einem gemessenen Tonfall. »Ich werde sehen, was ich herausfinden kann.«
    »Ich danke Ihnen.« C blickte auf seine Armbanduhr.
    Fitz erhob sich, und die Männer tauschten einen Händedruck.
    »Wann genau brechen Sie auf?«, fragte C .
    »Wir reisen morgen ab«, antwortete Fitz. »Auf

Weitere Kostenlose Bücher