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Sturz der Titanen

Titel: Sturz der Titanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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»Ehrlich, Fitz, du siehst aus wie ein Schneider, der morgens seinen Laden aufmacht«, hatte der junge Marquess Lowther einmal zu ihm gesagt. Doch Lowthie war ständig ungepflegt, hatte immer Krümel auf der Weste und Zigarrenasche an den Hemdmanschetten und wollte, dass jeder so heruntergekommen aussah wie er selbst. Doch Fitz verabscheute jedes Staubkorn und jeden Fussel. Ihm gefiel es, sich in Schale zu werfen.
    Er setzte einen grauen Zylinder auf. Den Gehstock in der rechten Hand, ein neues Paar grauer Wildlederhandschuhe in der linken, verließ er das Haus und wandte sich nach Süden. Auf dem Berkley Square zwinkerte ihm ein blondes Mädchen von ungefähr vierzehn Jahren zu. »Ein’ blasen, Sir?«, fragte sie. »Kost’ bloß ’n Shilling.«
    Fitz, der dieses Angebot geflissentlich überhörte, überquerte die Piccadilly und betrat den Green Park. An den Wurzeln mancher Bäume lagen noch Reste vom letzten Schnee. Fitz ging am Buckingham Palace vorbei und gelangte in eine reizlose Gegend in der Nähe der Victoria Station. Den weiteren Weg zum Ashley Place musste er bei einem Polizisten erfragen. Wie sich herausstellte, führte die Straße hinter der römisch-katholischen Kathedrale vorbei. Also wirklich, dachte Fitz, wenn jemand einen Mann von Adel bittet, ihn aufzusuchen, sollte er wenigstens ein Büro in einem respektablen Viertel unterhalten.
    Ein alter Freund seines Vaters, ein Mann namens Mansfield Smith-Cumming, hatte Fitz zu sich bestellt. Smith-Cumming war Marineoffizier im Ruhestand und arbeitete nun in einer nicht ganz klar bestimmten Funktion für das Kriegsministerium. Er hatte Fitz eine ziemlich kurze Nachricht gesandt: Ich würde gerne Ihre Meinung über eine Angelegenheit von nationaler Bedeutung erfahren. Könnten Sie mich morgen Vormittag um elf Uhr aufsuchen? Die Nachricht war maschinegeschrieben und nur mit dem Buchstaben » C « in grüner Tinte unterzeichnet.
    In Wahrheit war Fitz erfreut, dass ihn ein Mann sprechen wollte, der für die Regierung arbeitete. Ihm war die Vorstellung ein Gräuel, man könnte ihn als bloßen Zierrat betrachten, als reichen Aristokraten, der zu nichts anderem taugte, als gesellschaftliche Ereignisse durch seine Anwesenheit zu schmücken. Er hoffte, man würde ihn um seinen Rat bitten, vielleicht in einer Sache, die mit seinem alten Regiment zu tun hatte, den Welsh Rifles, oder den South Wales Territorials, deren Oberst ehrenhalber er war. Wie auch immer – allein, dass man ihn ins Kriegsministerium bestellt hatte, gab Fitz das Gefühl, nicht gänzlich überflüssig zu sein.
    Doch die Adresse erwies sich als modernes Wohnhaus, was bei Fitz Zweifel weckte, dass diese Dienststelle tatsächlich zum Kriegsministerium gehörte. Ein Portier führte Fitz zu einem Aufzug. Smith-Cummings Appartement schien teils als Wohnung, teils als Büro genutzt zu werden. Ein forscher, energischer junger Mann von militärischer Haltung teilte Fitz mit, » C « werde ihn sofort empfangen.
    C hatte nichts Militärisches an sich. Er war untersetzt und dicklich, hatte eine Hakennase wie Mr. Punch und trug ein Monokel. Sein Büro war mit einem Sammelsurium verschiedenster Dinge vollgestopft: Flugzeugmodelle, ein Fernrohr, ein Kompass, ein Gemälde, das Bauern vor einem Erschießungskommando zeigte. Fitz’ Vater hatte Smith-Cumming stets den »seekranken Seeoffizier« genannt, und seine Karriere in der Navy war alles andere als glänzend verlaufen. Was tat der Mann hier?
    »Was ist diese Wohnung eigentlich?«, fragte Fitz, als er sich setzte.
    »Die Auslandsabteilung des Secret Service Bureau«, antwortete C .
    »Ich wusste gar nicht, dass wir einen Geheimdienst haben.«
    »Wenn die Leute es wüssten, wäre er nicht mehr geheim.«
    »Verstehe.« Fitz verspürte gespannte Erregung. Es war schmeichelhaft, solch vertrauliche Informationen zu erhalten.
    »Es wäre sehr freundlich von Ihnen, das niemandem gegenüber zu erwähnen.«
    Fitz begriff, dass ihm soeben ein Befehl erteilt worden war, so höflich formuliert er auch sein mochte.
    »Selbstverständlich«, sagte er. Er war es zufrieden, sich als Mitglied eines geheimen Zirkels fühlen zu können. Wollte C ihn um Mitarbeit im Kriegsministerium bitten?
    »Meinen Glückwunsch zum Erfolg Ihrer Wochenendgesellschaft. Ich habe gehört, Sie haben Seiner Majestät eine beeindruckende Gruppe junger Männer mit guten Beziehungen vorgestellt.«
    »Vielen Dank. Streng genommen war es ein vertraulicher gesellschaftlicher Rahmen, aber ich fürchte, so

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