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Sturz der Titanen

Titel: Sturz der Titanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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werden, und das Magazin hatte sein Versprechen gehalten. »Ich weiß, dass einige Briten die Deutschen hassen«, hatte sie gesagt. »Ich weiß aber auch, dass Walter und viele andere Deutsche getan haben, was sie konnten, um den Krieg zu verhindern. Jetzt, wo es vorüber ist, müssen wir Frieden und Freundschaft stiften zwischen den ehemaligen Feinden, und ich hoffe aufrichtig, dass unser Bund als Vorzeichen der neuen Welt gesehen wird.«
    In den Jahren ihrer politischen Feldzüge hatte Maud gelernt, dass man manchmal die Unterstützung eines Blattes gewinnen konnte, indem man ihm exklusiv eine gute Story gab.
    Walter war wie geplant nach Deutschland zurückgekehrt. Auf dem Weg zum Bahnhof waren die Deutschen von Menschenansammlungen am Straßenrand verhöhnt worden. Eine Sekretärin war von einem Stein getroffen worden und hatte das Bewusstsein verloren. Der französische Kommentar hatte gelautet: »Vergesst nicht, was sie Belgien angetan haben.« Die Sekretärin lag noch im Krankenhaus. Mittlerweile sprach das deutsche Volk sich wütend gegen eine Unterzeichnung des Vertrages aus.
    Bing saß neben Maud auf dem Sofa. Ausnahmsweise gab er sich nicht flapsig. »Ich wünschte, Ihr Bruder wäre hier, um Ihnen in dieser Hinsicht einen Rat zu geben«, sagte er mit einer Kopfbewegung zu der Zeitschrift.
    Maud hatte Fitz in einem Brief über ihre Ehe ins Bild gesetzt und den aus dem Tatler ausgeschnittenen Artikel beigelegt, um ihm zu zeigen, dass ihr Tun von der Londoner Gesellschaft akzeptiert wurde. Wie lange der Brief unterwegs sein würde, bis Fitz ihn in Händen hielt, wusste sie nicht, und sie rechnete erst in ein paar Monaten mit einer Antwort. Doch selbst wenn Fitz Einwände erhob – es wäre zu spät. Er müsste gute Miene zum bösen Spiel machen und ihr gratulieren.
    Bings Andeutung, sie bräuchte einen Mann, der ihr sagte, was sie tun solle, erregte Mauds Zorn. »Was könnte Fitz denn sagen?«
    »Auf absehbare Zukunft wird das Leben der Ehefrau eines Deutschen schwer sein.«
    »Ich brauche keinen Mann, der mir das sagt.«
    »Wenn Fitz nicht da ist, empfinde ich eine gewisse Verantwortung.«
    »Das ist nicht erforderlich.« Maud versuchte, nicht beleidigt zu sein. Welchen Rat konnte Bing schon geben, wenn es nicht gerade darum ging, wo man am besten die Nacht hindurch spielte und trank?
    Bing senkte die Stimme. »Ich spreche es nur ungern aus, aber …« Er blickte Tante Herm an, die den Hinweis begriff und sich Kaffee nachschenkte. »Wenn Sie sagen könnten, die Ehe sei niemals vollzogen worden, ließe sie sich vielleicht annullieren.«
    Maud dachte an das Zimmer mit den primelgelben Vorhängen und musste sich ein glückliches Lächeln verkneifen. »Aber ich kann nicht …«
    »Bitte sagen Sie nichts dazu. Ich wollte nur, dass Sie sich über Ihre Alternativen im Klaren sind.«
    Mauds Zorn wuchs. »Ich weiß, Sie meinen es freundlich, Bing, aber …«
    »Außerdem besteht die Möglichkeit einer Scheidung. Es gibt immer einen Weg, dass ein Mann seiner Frau einen triftigen Grund gibt.«
    Maud konnte ihre Empörung nicht mehr bezwingen. »Bitte lassen Sie dieses Thema«, erwiderte sie mit erhobener Stimme. »Ich habe nicht die Absicht, die Ehe annullieren oder mich gar scheiden zu lassen. Ich liebe Walter.«
    Bing blickte mürrisch drein. »Ich wollte Ihnen nur deutlich machen, was Fitz Ihnen meiner Meinung nach als Familienoberhaupt sagen würde, wenn er hier wäre.« Er stand auf und wandte sich an seine Frau. »Komm, machen wir uns auf den Weg. Wir müssen ja nicht alle zu spät kommen.«
    Ein paar Minuten später kam Bea in einem neuen Kleid aus rosa Seide ins Zimmer. »Ich bin dann so weit«, sagte sie, als hätte sie auf die anderen gewartet statt umgekehrt. Ihr Blick fiel auf Mauds linke Hand, und sie sah den Ehering, sagte aber nichts dazu. Als Maud ihr die Neuigkeit eröffnet hatte, war Beas Reaktion bemüht neutral gewesen. »Ich wünsche dir Glück«, hatte sie ohne jede Herzlichkeit gesagt. »Ich hoffe, Fitz kann akzeptieren, dass du seine Genehmigung nicht eingeholt hast.«
    Sie gingen hinaus und stiegen in den Wagen, den schwarzen Cadillac, den Fitz gekauft hatte, nachdem das blaue Automobil in Frankreich gestrandet war. Fitz sorgt für alles, ging es Maud durch den Kopf: für das Haus, in dem die drei Frauen wohnten, für die sündhaft teuren Kleider, die sie trugen, für den Wagen und die Loge in der Oper. Ihre Rechnungen vom Ritz in Paris waren an Albert Solman, Fitz’ Bevollmächtigten in London,

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