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Sturz ins Glück

Sturz ins Glück

Titel: Sturz ins Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Witemeyer
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bekannten Kinderliedes berührte Adelaides Herz, während sie den Mann anschaute, den sie liebte. Sie selbst sang nicht mit, sondern betete dafür, dass Gott ihr ihren Ehemann nicht nehmen würde.
    Isabella sang weiter mit einer Strophe, die Adelaide noch nicht kannte. Während sie sang, hob Gideon den Kopf gerade so hoch, dass er Adelaide in die Augen schauen konnte.
    Schlaf, Kindlein, schlaf,
Christkindlein hat ein Schaf,
Ist selbst das liebe Gotteslamm,
Das um uns all zu Tode kam,
Schlaf, Kindlein, schlaf.

    Jetzt konnte Adelaide die Tränen nicht mehr zurückhalten und wandte sich rasch weg. Während Isabella eine weitere Strophe zum Besten gab, nutzte Adelaide die Gelegenheit und trat zur Seite. Ein Taschentuch erschien verschwommen vor ihrem Gesicht, gehalten von Dr. Bellows’ ebenfalls verschwommener Hand.
    „Danke.“ Adelaide trocknete sich die Augen mit dem sauberen Baumwollstoff. Als sie dem Doktor das Taschentuch zurückgab, lächelte sie tapfer.
    „Würden Sie mit mir die weitere Behandlung besprechen, während das Kind singt?“, fragte er leise.
    Adelaides Pflichtbewusstsein erwachte bei diesem Vorschlag und verdrängte alle aufgewühlten Gefühle. Sie warf noch einen Blick in Richtung Bett, aber weder Vater noch Tochter schienen sie im Moment zu vermissen.
    „Ja, Doktor“, sagte sie und riss sich selbst mit einem letzten Seufzer aus ihrer Melancholie. „Erklären Sie mir, was ich zu tun habe.“
    Er führte sie zur Tür und sprach so leise, dass kein anderer seine Worte hören konnte. „Geben Sie ihm mehrere Tage lang keine feste Nahrung und gerade so viel Wasser, dass er nicht austrocknet. Bei einer solchen Wunde kann man nicht viel machen, da sie innerlich ist, deshalb habe ich sie nur mit einem Druckverband belegt und den äußeren Verband erneuert. Sie müssen den Verband zweimal am Tag wechseln. Ich lasse Ihnen Laudanum gegen die Schmerzen hier und gebe ihm morgen früh, bevor ich fahre, noch eine Morphiuminjektion.“
    Adelaide nickte und notierte sich im Kopf die wichtigsten Stichpunkte.
    „Haben Sie noch Fragen?“, fragte der Arzt, während er seine Tasche von der Kommode hob.
    Sie konnte nur an eine einzige denken. „Ab wann werden wir wissen, ob er überlebt?“
    Er rieb sich den Nacken und seufzte schwer. „Das ist schwer zu sagen, Ma’am. Ich habe nie erlebt, dass ein Mann in seinem Zustand sich erholt hat. Aber ich habe Berichte gelesen, dass Soldaten während des Krieges ähnliche Wunden überlebt haben. Es kommt darauf an, wie viel Schaden die Kugel anrichtet, wenn sie sich ihren Weg durch den Bauch sucht. Wenn keine wichtigen Organe verletzt werden oder innere Blutungen entstehen, hat der Patient eine geringe Möglichkeit, es zu schaffen. Es ist nicht wahrscheinlich, aber möglich. Solange keine Infektion ausbricht.“
    „Also wie lange, bis wir es wissen?“, wiederholte sie ihre Frage, da sie etwas brauchte, an dem sie sich festhalten konnte.
    Dr. Bellows zwirbelte seinen Bart. „Ich weiß es nicht mit Sicherheit, Mrs Westcott. Aber wenn Ihr Ehemann die nächsten zwei, drei Tage überlebt, bessern sich seine Aussichten um ein Vielfaches.“
    Adelaide klammerte sich an die Zahl, die der Arzt genannt hatte. Drei Tage. Sie musste es einfach schaffen, ihn drei Tage lang am Leben zu halten.
    Sie streckte die Schultern und nickte knapp. „Danke, Doktor.“
    Er nahm seinen Hut und verschwand im Flur. Vielleicht hätte sie ihn der Höflichkeit halber nach unten begleiten sollen, doch sie wollte Gideon nicht allein lassen. Dr. Bellows war ein kluger Mann. Sicher würde er den Weg zum Esszimmer selbständig finden. Seine Nase würde ihn leiten.
    Plötzlich bemerkte sie die Stille im Raum. Isabella hatte ihr Lied beendet. Adelaide wandte sich um, um den kleinen Engel im Nachthemd vor Gideons Bett knien zu sehen. Die Matratze war zu hoch, als dass Isabella ihre Ellbogen darauf hätte abstützen können, also ließ sie die gefalteten Hände vor dem Körper baumeln.
    „Lieber Gott, du hast Papa Gidyon ein bisschen gesünder gemacht, aber seine Schmerzen sind immer noch da. Hast du vergessen, sie wegzunehmen? Ich erinnere dich einfach immer wieder daran, bis sie ganz weg sind.“
    Adelaide lächelte und beugte ihren eigenen Kopf, während sie weiter zuhörte.
    „Und danke, dass du mir eine neue Mama gegeben hast. Wenn ich meine alte Mama nicht zurückhaben kann, ist Miss Addie die beste. Amen.“
    Zufriedenheit durchströmte Adelaides Herz wie warmes Öl und füllte sie mit

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