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STYX - Fluss der Toten (German Edition)

STYX - Fluss der Toten (German Edition)

Titel: STYX - Fluss der Toten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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die neidischen Seelen. In Massen drängen sie sich um ihn und balgen sich um das aus den neuen Wunden sickernde Blut, behindern sich aber gegenseitig wie Amseln, die sich um einen Bissen streiten. Da erinnert sich Luciano an die Methode von vorhin und lässt sich einfach ein Stück den Abhang hinunterrollen. Und schon ist er die Plagegeister los. Nun rappelt er sich schleunigst auf und versucht den anderen nachzueilen.
    Aber was muss er sehen?
    Inzwischen haben sich die Plagegeister über Donna hergemacht. Ah, sie nehmen es ihr übel, dass sie ins Leben zurückkehren darf, wollen es vielleicht sogar verhindern.
    Und der Engel vor ihr?
    Ach, der merkt überhaupt nichts.
    Er marschiert fröhlich weiter und kümmert sich nicht um seine Schutzbefohlenen. Erst auf Lucianos abermaligen Hilfeschrei hin wendet er sich um. Sichtlich erschrocken eilt er zurück und vertreibt mit Händen und Flügeln die wild gewordene Menge. Ja, aber die fällt augenblicklich wieder über Luciano her und lässt erst durch Uriels Dazwischentreten von ihm ab.
    Von nun an wagen sich die Plagegeister nicht mehr in ihre Nähe. Aber ihr aufgeregtes Gewisper begleitet sie, bis sie das Felsentor erreicht haben, durch das man den höhlenartigen Aufstieg zum Flammenschwert und weiter zur Oberwelt betritt.
    Luciano hat sich zuletzt nur noch durch die unmittelbar bevorstehende Erfüllung seines Herzenswunsches auf den Beinen halten können. Allzu viel hat er zuletzt ertragen müssen: Hunger, Durst, Hitze, Gestank, Schwäche, Schmerzen, die Todesangst, die durchnässte Kleidung, zuletzt den steilen Anstieg, den Sturz, den Blutverlust, den Überfall der neidischen Seelen, um von dem immer wiederkehrenden Grauen ganz zu schweigen.
10
    Sie durchschreiten das Felsentor und finden sich im noch dunkleren unterirdischen Gang wieder. Hier ist die Hitze zwar bei weitem nicht mehr so schlimm, aber dafür treibt jetzt der lange, steile Anstieg Luciano den Schweiß aus allen Poren. Und nun heißt es doppelt und dreifach aufpassen, wohin man tritt, denn der Gang ist nicht nur aberwitzig steil, sondern auch aberwitzig steinig; und mit Schrecken erinnert sich Luciano an die Katastrophe beim Abstieg und beobachtet mit wachsender Besorgnis, wie sich Donna beim Gehen schwertut.
    Endlich: Die große Erleichterung.
    Erlösend, tröstlich, neue Kraft verleihend, kündigt sich das Leuchten, das bösartige, nein, tröstliche Zischen des Flammenschwertes an. Unbeschreibliche Freude erfasst Luciano, überwältigt ihn geradezu, lässt ihn um ein Haar einen Fehltritt tun. In wenigen Minuten wird Donna ihren irdischen Körper, unversehrt und schöner als je zuvor, zurückerhalten und mit diesem ihre Liebe zu ihm. Und dann? Ha, aufatmend, aufseufzend, aufjubelnd werden sie einander in die Arme sinken.
    Doch was ist das? O Schreck, sie stolpert. Rasch springt Luciano nach vorn und fängt sie auf. Ha, wie leicht sie ist, leichter als eine Daunenfeder. Er fängt sie auf, richtet sie auf. Und im selben Augenblick kommt ihm in den Sinn, was ihm Pluton aufgetragen hat. Rasch zieht er seine Hände zurück, sieht Donna bestürzt an. Auch sie sieht ihn an, zum ersten Mal seit dem Abmarsch von Plutons Thron. Einen langen, unendlich traurigen Blick wirft sie ihm zu, ohne einen Laut von sich zu geben.
    Hilfesuchend wendet er sich nach Uriel um. Soll der ihm doch verraten, was zu tun ist, um seinen Fehler, falls es einer war, wiedergutzumachen. Aber nein, Uriel denkt nicht daran, ihm zu helfen. Er würdigt ihn nicht einmal eines Blicks. Nur Donna blickt er mit ausdrucksloser Miene an. Und dann begibt sich Unfassbares: Während ihn noch Luciano wortlos um Hilfe anfleht, macht Donna kehrt, beginnt abzusteigen. Unwillkürlich, einem Automaten gleich, streckt Luciano seine Hand aus, versucht Donna zurückzuhalten. Zu spät. Sie ist schon außer Reichweite. Voller Bestürzung will er ihr nach. Uriels Hand ist schneller. Mit eisernem Griff hält er Luciano fest. Außer sich vor Ärger, versucht sich dieser loszureißen. »Warte«, ruft er ihr nach. »So warte doch!«
    Abgesehen davon, dass er vor dem Widerhall seiner eigenen Stimme erschrickt, ist der ganze Erfolg seines Rufens, dass sie zu laufen beginnt und nun tatsächlich stürzt. Auf der Stelle rappelt sie sich wieder auf, setzt ihren überhasteten Abstieg fort.
    »Aber so warte doch, Donna, Liebste«, ruft Luciano, den Tränen nahe. »Komm zurück. Bitte. Ich liebe dich.«
    Sie reagiert nicht. Ohne sich umzuwenden, geschweige denn stehenzubleiben

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