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STYX - Fluss der Toten (German Edition)

STYX - Fluss der Toten (German Edition)

Titel: STYX - Fluss der Toten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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sind die?«, fragte ich, um ihn zurückzuholen.
    Mit gerunzelter Stirn ließ er sich meine Frage durch den Kopf gehen, ehe er nickte und antwortete: »Du würdest sie nicht erkennen. Nicht auf der Straße. Ganz normale Menschen, wie du und ich. Nun... vielleicht nicht wie ich. Unter ihresgleichen sind sie aber ganz anders. Dabei strahlen sie eine Art Autorität aus, weil sie wissen, dass sie in etwas eingeweiht sind, wovon sonst niemand auch nur den Schimmer einer Ahnung hat. Wenn du genau hinsiehst, auf den Straßen, dann kannst du ihre Symbole erkennen. Die Städte sind voll davon, an jeder Ecke. Manche Symbole sind Warnungen. Andere sind Hinweise und Wegbeschreibungen; getarnt als Graffiti, verschmutzte Stellen an den Wänden, oder sonstige Schmierereien. Aber sie sind da. Und sie haben eine Bedeutung.«
    Meine Verwunderung muss wohl offensichtlich gewesen sein. »Sie sind eine Art Bruderschaft«, fügte Jack erklärend hinzu und nickte vielsagend. »Und sie behaupten eine lange Tradition zu haben, vielleicht zurück bis zu den ersten Menschen überhaupt. Sie sagen, dass man ihre Zeichen in allen alten Bauwerken finden kann.«
    Während seiner Ausführung musste er wohl bemerkt haben, dass ich immer weiter von ihm weggerückt war, eher instinktiv als mit berechnender Absicht. Doch ich spürte dieses Unbehagen in mir. Und irgendwie begann ich tatsächlich zu glauben, dass dieser Mann vollkommen verrückt war, vielleicht sogar gefährlich. Jack blickte mich traurig an und nickte resigniert mit dem Kopf.
    »Es ist okay ... du bekommst Angst vor mir.«
    Ohne meine Antwort abzuwarten, fuhr er fort: »Natürlich habe ich gedacht, das wäre alles nur Theater. Lichter, Rauch und das alles. Aber sie nahmen mich mit. Auf eine Reise in Tiefen, die ich vorher nie gekannt hatte. Alles lief so unglaublich gut. Ich kam mit dem Buch voran wie nie zuvor. Und die nächtlichen Treffen, die Theorie über das, was hinter der Welt verborgen lag, das alles war einfach ein ... Riesenspaß. Damals.« Er sah erneut zum Fenster hinüber. Seine Blicke gruben sich förmlich in den Stoff der Vorhänge, als würde er versuchen, sich hindurch zu brennen – zu sehen, was auf der anderen Seite verborgen war. Ein Seufzer entsprang seiner Brust. »Bis zu dem Zeitpunkt, als sie mir einen Vorschlag machten. Sie sagten, dass es da draußen noch Dinge gäbe, die jenseits jeder Vorstellungskraft lagen. Dass ich mir danach wie ein Kind im Sandkasten vorkommen würde, das zum ersten Mal den großen Baukran bemerkt. Wahrscheinlich habe ich sie so angesehen wie du mich jetzt; mit einer Mischung aus Angst, Neugierde und Abscheu. Aber ich bin kein starker Mensch, lasse mich gerne zu etwas hinreißen. Verdammt, es war wie eine Sucht. Und ich wollte mehr, immer mehr!«
    Wieder hielt er inne, doch diesmal nicht, um mich traurig anzublicken. Nein, in seinem Blick lag etwas Fiebriges, Dunkles. Es waren die Augen eines Junkies, der sich nach einer Droge verzehrte, die Augen eines Ungeheuers und sie brannten vor Gier.
    Für eine Sekunde hielt der Eindruck, dann kippte er und der alte Jack war wieder da – zusammengesunken, erschrocken. Bestürzt blickte er mich an und schüttelte verzweifelt den Kopf.
    »Es tut mir leid. Manchmal versinke ich in den Erinnerungen, dann bin ich wieder dort.« Dieses »dort« sprach er flüsternd aus und ein Ausdruck von Ekel trat in seine Züge. »Du bist der Einzige mit dem ich darüber sprechen kann, die Anderen sind alle längst fort.«
    Schluchzend rollte er sich in dem Sessel zusammen. Ich weiß nicht mehr warum, aber aus irgendeinem Grund wollte ich diese Geschichte zu Ende hören. Ich wollte wissen, was ihn so zerstört hatte. Also tat ich das Einzige, wozu ich imstande war: Ich legte ihm meine rechte Hand auf die Schulter und war einfach nur da. Ich weiß nicht, wie lange wir in dieser Position verharrten – ich zu ihm hinübergebeugt, meine Hand auf seiner Schulter, er zusammengerollt, das Gesicht tief in den Polsterstoff gedrückt. Immer wieder versuchte ich ihn anzusprechen, eine Reaktion zu bekommen. Aber es dauerte lange, beinahe eine kleine Ewigkeit, dann endlich setzte er sich auf, sprach aber kein Wort. Ein angebotenes Getränk lehnte er ab, ließ das Glas auf dem kleinen Couchtisch stehen, als würde es gar nicht existieren. Nur seine geröteten Augen suchten wieder nervös das Wohnzimmer ab, fixierten jeden Schatten zweimal. Er war ein furchterregender Anblick: Die Haare standen wirr von seinem Kopf ab, tiefrote

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