Sub Terra
verschlossen. Nervöse Wachposten standen an den Aufgängen, betrachteten ihn mit zusammengekniffenen Augen und hielten ihre Speere fest in den Händen. Nur vor einer Hand voll Höhleneingänge zu ebener Erde standen keine Posten. Ben stupste Ashley an und wies auf die sechs dunklen Eingänge. »Was hältst du davon, dort drüben Unterschlupf zu suchen?«
»Meinst du, die Wachen lassen das zu? Ihre Speere machen keinen einladenden Eindruck.«
»Siehst du nicht, dass sie nur den Weg nach oben versperren? Diese Höhlen«, sagte er und wies mit einer schwungvollen Armbewegung über die sechs Eingänge, »sind nicht verschlossen oder bewacht.«
»Dann versuchen wir unser Glück. Schau nur!«
Ben drehte sich herum. »Was zur Hölle sind das für Viecher?« Der Schwarm war nun nahe genug, so dass sie Details erkennen konnten. Ihre Flügel waren mit einer ledrigen Haut überzogen und hatten eine Spannweite von mehreren Metern. Sie hatten krumme schwarze Schnäbel und ebenholzfarbene Krallen, die so lang waren wie sein Unterarm. Und diese Augen! Matte schwarze Kugeln, lidlos wie die eines großen weißen Hais.
»Eine Spezies fliegender Raubtiere! Nachfahren des Pterodactylus vielleicht«, sagte Ashley und zog an seinem Arm. »Lass uns abhauen, sie sind fast über uns. Wir müssen Deckung suchen.«
Er riss sich vom Anblick des nahenden Schwarms los, der jetzt nur noch fünfzig Meter entfernt war. »Lauf!«, brüllte er und schubste Ashley vorwärts. Die Wachen machten keine Anstalten, sie aufzuhalten.
Das Trommeln hörte plötzlich auf, mit einem Schlag verklang das wilde Dröhnen und hinterließ eine lastende Stille. Ben beschleunigte seine Schritte und versuchte, Ashley einzuholen.
Hinter sich hörte er einen dumpfen Aufprall. Kurz danach folgten weitere, als würden Felsbrocken auf die Erde fallen. Der Schwarm war gelandet. Vereinzeltes Krächzen war zu hören.
Vor sich sah er, wie Ashley den ersten Eingang erreicht hatte. Die anderen fünf erstreckten sich an der Felswand entlang, von ihnen weg. Plötzlich erinnerte er sich daran, was ihm die Trommeln gesagt hatten. Er sah die Buchstaben förmlich vor seinen Augen. Ein einziger Ausweg! Wieder schaute er von einem Eingang zum nächsten. Sechs! Und nur einer war der Ausweg! Er bemerkte plötzlich ein Symbol, das über dem Eingang in den Fels gemeißelt war, auf den Ashley zusteuerte: ein Kreis, in den ein Dreieck gezeichnet war. Das falsche Symbol. Diese Höhle nicht!
Er lief noch schneller und brachte Ashley zu Fall, als sie sich gerade duckte, um dort Deckung zu suchen. Er rollte über den Boden und fiel hart auf eine Schulter, als er Ashleys Sturz auffing.
Sie rappelte sich auf. »Was soll das?«
»Keine Zeit!« Er sprang wieder auf und zerrte sie hinter sich her. »Folge mir!«
»Ben, hinter dir!«
Er drehte sich herum und zog gleichzeitig seinen Revolver aus dem Gürtel. Das hatte er befürchtet. Das nahende Biest war größer als ein Vogel Strauß, und ganz im Gegensatz zu dem Vogel mit dem dünnen Hals bestand dieses Tier hauptsächlich aus Schnabel und Muskeln. Es schnappte nach ihm und zielte tief, um mit seinem krummen Schnabel seine Eingeweide zu treffen.
Verfluchter Mist! Er hatte es langsam satt, dass immer irgendwelche Viecher ihn verspeisen wollten. Er feuerte ihm zwei Kugeln in den Schädel, die letzte aus nächster Nähe. »Verpiss dich!«, schrie er, zog den Kopf ein und riss Ashley zur Seite.
Mit Ashley im Schlepptau rannte er am Fuß der Felswand entlang und suchte nach dem richtigen Symbol. Hinter ihnen machten sich die anderen Tiere über die Leiche her. Heißes Blut spritzte Ben gegen die Waden, während er lief. Er hoffte, dadurch Zeit zu gewinnen.
Er suchte weiter. Über dem nächsten Höhleneingang waren eine Schlangenlinie und darüber ein Kreis eingemeißelt, über dem darauf folgenden ein gezackter Pfeil, über dem nächsten ein Kreis in einem Kreis wie ein Donut. Falsch, falsch, falsch! Er rannte an den Höhlen vorbei.
Dann sah er es! Über den nächsten Eingang hatte man unbeholfen einen Stern eingemeißelt. Wie aus dem Nichts tauchte vor seinem geistigen Auge plötzlich das Bild seines Großvaters in seiner Traumhöhle auf, der ihn zu einem Höhleneingang mit genau demselben Stern winkte. Dies war der einzige Ausweg!
Er stürzte durch den Eingang und riss Ashley mit sich. Während er in die Höhle stolperte, prallte er beinahe mit einer Gestalt zusammen, die anderthalb Meter von der Öffnung entfernt auf einen Stab
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