Sub Terra
Kopf.
Der Alte schien ihre Verwirrung zu spüren und seufzte tief. Er tippte mit dem Finger auf seine Brust. »Mimi’swee.« Mit dem Arm machte er eine weit ausholende Bewegung über die komplette Siedlung. »Mimi’swee.«
»Ich kapiere es immer noch nicht«, sagte Ben.
Ashley hob die Hand. »Mi-mi-swee«, stotterte sie und konzentrierte sich auf die korrekte Aussprache. Dann zeigte sie auf den alten Mann.
Seine Halswirbel knirschten altersschwach, als er den Kopf auf und ab bewegte. Dann wandte er sich ab.
Ashley stolperte, so schockiert war sie. Das war unmöglich. »Er hat uns den Namen seines Stamms genannt, die Mimi’swee«, sagte sie. Dann raunte sie: »Mimis, die Felsgeister, die Schöpferwesen der Aborigines. Sie sind ein und dieselben.«
Ben machte große Augen, als plötzlich der Groschen fiel. Bevor er ein weiteres Wort sagen konnte, öffnete sich der Gang in eine große Höhle, die von Schimmelpilzen an Wänden und Decken beleuchtet wurde. Ehrfurchtsvoll starrte Ashley die Säulen an, die die ferne Höhlendecke trugen. Doch es waren nicht nur die Felssäulen, die sie so faszinierten. Es war vor allem der dichte Bewuchs, der die Säulen umgab, aus dem weiße Äste sprossen. Sie trugen rote matschige Früchte, die wie japanische Lampen herunterhingen.
»Verdammt«, stöhnte Ben hinter ihr, »nicht das schon wieder.«
Ben zögerte einen Moment, bevor er Ashley und dem Alten in die Höhle folgte. Er blickte prüfend umher und erwartete, Geisterstimmen zu hören oder seinen Großvater zu sehen, wie er im Dunkeln umherschlich. Aber nichts von alledem passierte. Bei näherer Betrachtung waren die fruchtartigen Gewächse das Einzige in dieser Höhle, worin sie der aus seinem Traum ähnelte. Die Felsformationen waren völlig anders, und die Gewächse waren nicht annähernd so dick oder belaubt wie in seinem Traum. Er holte tief Luft und folgte Ashleys schlankem Rücken.
Ashley blieb stehen und griff nach einer der roten Früchte. »Ich glaube, es ist eine Art Pilz«, sagte sie atemlos und wies nickend auf die Frucht. »Fallen dir die fehlenden Blätter auf? Das verbindende Wurzelsystem. Wie Zellfäden. Wenn Linda das sähe, würde sie in Verzückung geraten.«
»Wo du gerade Linda erwähnst«, sagte Ben, »das hier ist ja alles sehr faszinierend, aber wir haben Freunde, die auf unsere Hilfe warten.«
»Ich weiß, Ben, ich weiß. Das habe ich nicht vergessen. Vielleicht können wir ja von den Mimis, da sie unsere Sprache einigermaßen verstehen, erfahren, wie wir nach oben gelangen.«
»Dann wollen wir mal fragen.«
Ashley schüttelte den Kopf und folgte dem Alten. »Zuerst müssen wir ihr Vertrauen gewinnen. Deine Nummer mit der richtigen Höhle war sicher ein Anfang, aber sie sind immer noch misstrauisch. Wir müssen uns auch weiterhin vorsichtig verhalten, sonst landen wir doch noch im Kochtopf.«
Mittlerweile befanden sie sich in der Mitte der Höhle. Hier gab es keine Stalagmiten und keine kürbisförmigen Gewächse. In die Mitte des Bodens hatte man eine seichte Mulde gemeißelt, die etwa eine Handbreit tief war. Dort, wo sie abfiel, war der Stein glasig gescheuert worden. Blutfarbene Zeichnungen umgaben den Rand. Auf der gegenüberliegenden Seite lehnte sich der Alte auf seinen Stab.
»Mein Gott! Schau dir diese Details an!«, rief Ashley und löste sich von Bens Seite, um eine der Zeichnungen näher in Augenschein zu nehmen. Sie kniete sich hin, um ein Bild zu betrachten, das ein großes Tier zeigte, welches von einer Gruppe winziger Krieger angegriffen wurde. »Schau nur, die rote Farbe hat denselben Ton wie diese seltsamen Früchte. Diese Pilze liefern offenbar so eine Art selbst gemachten Farbstoff.«
»Toll«, sagte Ben sarkastisch, »also das Atelier eines Ökokünstlers.«
»Nein, ich glaube, das hier ist ein religiöser Ort. Primitive Kulturen fertigen gern Götzenbilder an. Idole, Statuen, Gemälde, so etwas. Gib mir fünf Minuten, um diese hier zu untersuchen. Vielleicht bekomme ich etwas heraus.« Sie rutschte zum nächsten Bild hinüber und würdigte ihn keines weiteren Blickes.
Wie in seinen Träumen spürte Ben wieder die bohrenden Blicke in seinem Hinterkopf. Er drehte sich um.
Der Alte stand auf der gegenüberliegenden Seite und warf nur einen kurzen Blick auf Ashley, bevor er seine grauen Augen wieder auf Ben richtete. Er nickte und setzte sich im Schneidersitz auf den Boden. Sein Stab ruhte auf seinen Knien. Er bedeutete Ben, es ihm nachzutun.
Ben ging in die Hocke
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