Sub Terra
verliert.«
»Damals war ich noch ein Junge«, sprudelte es aus Bo’rada heraus. »Ich wusste nicht, was ich tat. Du kannst mich dafür nicht verantwortlich mach…«
Sin’jari beugte sich zu ihm und ergriff sein Knie, um ihn zum Schweigen zu bewegen und den Schaden zu begrenzen.
Mo’amba wandte sich an die anderen Räte und lehnte sich noch gebeugter auf seinen Stab. »Ich bin ein alter Mann. Weit älter als ihr alle. Ich habe die Jugendsünden eines jeden von euch miterlebt. Doch ihr besitzt alle noch eure Hände und Füße«, er zeigte mit dem Finger auf Sin’jari, »und Nasen. Es gehört zum Lernen dazu, Fehler zu machen. Diese Neulinge lernen auch. Wir müssen sie eines Besseren belehren, anstatt sie zu vernichten.«
Ein Murmeln breitete sich im Raum aus. Sin’jari bewegte sich unruhig auf seinem Kissen hin und her. Einer seiner Handlanger beugte sich zu ihm und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Sin’jari nickte und räusperte sich dann.
Harry warf Ashley einen Blick zu, der zu sagen schien: Auf zur zweiten Runde. Harry spuckte die Übersetzung von Sin’jaris Worten aus, als wären es Kröten. »Mo’amba ist weise wie immer und hat uns eine Menge zu denken gegeben. Doch wie will er wissen, dass die Beschädigung der schützenden Tin’ai’fori zufällig war? Wie haben die Neulinge diesen Schaden verursacht? Wie denn?«
Na toll, dachte Ashley. Und wie will der alte Mann diese Frage beantworten?
Mo’amba erhob die Stimme. »Ich habe wegen dieser Angelegenheit viele Tage im Gebet verbracht und schließlich eine Antwort bekommen. Durch ihr Fehlverhalten haben sie das Gleichgewicht zwischen Ohna, der weiblichen Seele, und Umbo, der männlichen Seele, gestört. Dieses gestörte Gleichgewicht zerreißt das Gewebe unserer Welt.«
Ein Flüstern ging durch die Höhle. Auch Sin’jari schwieg.
Jus’siri sprang auf und sprach: »Wie können wir das aufhalten?«
»Ich muss es euch zeigen«, sagte Mo’amba. »Dann werdet ihr mich verstehen. Ihr werdet begreifen, warum ich diese Fremdlinge beschütze. Wenn wir sie töten, werden wir den Schaden nie mehr rückgängig machen können.«
Sin’jari grunzte. »Das ist doch verrückt. Er will nur die Abstimmung aufschieben. Ich sage, lasst uns jetzt abstimmen. Lasst uns sie töten, bevor sie uns töten.«
Bo’rada packte Sin’jari fest bei der Schulter und brachte ihn zum Schweigen. »Man hat mir schon oft vorgeworfen, zu voreilig zu sein. Aber dieses Mal beuge ich mich dem Rat. Ich sage, lasst Mo’amba zu Ende sprechen. Diese Angelegenheit ist zu wichtig.«
Bei diesen Worten schien Sin’jari immer kleiner zu werden.
»Zeige es uns, Mo’amba«, fuhr Bo’rada fort, »zeige uns, wie es passiert ist und wie wir es aufhalten können.«
Mo’amba nickte und führte sie zum Ausgang des Versammlungsraums. Die übrigen Räte folgten ihm. Ashley und die anderen wurden von den Wachen hinter den Räten hergetrieben.
»Ich wusste doch, dass uns der Alte nicht im Stich lässt«, sagte Ben zu Ashley.
»Wir sind noch nicht draußen«, antwortete sie, aber sie sah zum ersten Mal einen Funken Hoffnung. Mit der Unterstützung des Stamms und ihrer Kenntnis des Höhlensystems könnten sie in wenigen Tagen wieder in der Alpha-Basis sein. Sie passte ihr Tempo den Ältesten an und unterdrückte den Drang, sie vorwärtszudrängeln und zur Eile zu bewegen.
Nachdem sie durch mehrere Tunnel geschritten und eine steinerne Wendeltreppe hinaufgeklettert waren, traten sie, einer nach dem anderen, in eine Höhle, in die sie alle kaum hineinpassten. Ashley musste sich zwischen Tru’gula, dessen Fell wie ein nasser Hund roch, und die Felswand quetschen, um die Vorgänge mit ansehen zu können.
Sie flüsterte Harry zu: »Wo sind wir?«
Harry zuckte mit den Achseln und stieß dabei mit seiner Schulter gegen Tru’gula. Der Anführer der Krieger knurrte ihn wütend an. Harry zuckte zusammen und beugte sich zu Ashley. »Das möchte ich besser nicht übersetzen.«
»Bist du schon einmal in dieser Höhle gewesen?«, fragte Ashley.
»Nein, dieser Teil der Siedlung gehört der Priesterkaste. Ein sehr verschwiegener Haufen.«
Ashley zappelte hin und her und versuchte, Mo’amba besser zu sehen. Alle Augen waren auf ihn gerichtet.
Etwas zu seinen Füßen funkelte strahlend hell, sie konnte aber nicht erkennen, was es war. Sie winkte Ben zu. »Hilf mir mal.«
Ben half ihr, einen Fuß auf sein angewinkeltes Knie zu stellen, und hielt sie mit einer Hand fest. Sie stemmte sich hoch,
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