Sub Terra
Wachen. Ben blickte zu Ashley, die sich über Umbo gebeugt hatte und die Statue eingehend betrachtete. Einmal Anthropologin, immer Anthropologin, dachte er. Doch bemerkte er auch das Zittern ihrer Hand, als sie mit dem Finger an der Statue entlangfuhr.
»Es tut mir leid«, übersetzte Harry Mo’ambas Worte, »mehr konnte ich nicht für euch tun. Der heutige Tag steht dir und deinen Kriegern zur Vorbereitung zur Verfügung. Dann bleibt dir ein Tag, um Ohna zurückzubringen, sonst wird Bo’rada Ashley töten … und dein ungeborenes Kind.«
Ben rieb mit den Fingerspitzen an seiner Schläfe. »Heißt … heißt das … sie ist wirklich schwanger?«
Der Alte nickte.
»Vater sein«, sagte Ben leise vor sich hin und schüttelte den Kopf. Es ging einfach alles zu schnell. Die Ereignisse überschlugen sich.
Der Alte beugte sich zu ihm, flüsterte ihm gutturale Laute zu, zu leise für Harry, um sie zu übersetzen, und berührte dann Bens Stirn in der Mitte. In diesem Moment wurde Ben von Frieden und Ruhe erfüllt, als stünde er nach einem heißen Tag in der australischen Sonne unter einer kalten Dusche. Ben seufzte. Wie machte der Kerl das bloß? Mo’amba trat zur Seite.
Ben war nun ruhiger, und sein Denken wurde wieder von der Vernunft und nicht vom Gefühl bestimmt. Er musste einen Plan entwerfen. Wenigstens hatten ihm die Ältesten einen Tag zur Ausarbeitung einer Strategie zugestanden. Dennoch … er erinnerte sich daran, wie lange er bis hierher gebraucht hatte. Auch mit einer Landkarte würde es länger als einen Tag bis zur Alpha-Höhle dauern.
Verzweifelt wandte er sich an Harry. »Bist du sicher, dass du richtig übersetzt hast? Man gibt uns einen Tag? Vierundzwanzig Stunden?«
Harry nickte. »Ungefähr. Ihr Tag, den sie Cucuru nennen, besteht eigentlich aus sechsundzwanzig Stunden.«
»Das bringt ja enorm viel. Zwei Stunden mehr. Ich nehme an, du kennst keinen schnelleren Weg hinauf zur Alpha-Basis?«
»Ich habe von einem Aufstieg gehört, der aber mindestens anderthalb Tage dauert. Und das nur, wenn wir uns beeilen und nicht von den Cra’kan angegriffen werden. Ich hatte mir diese Route ursprünglich selbst vorgenommen, wenn mein Arm verheilt ist, doch jetzt hält mich Dennis hier unten fest.«
»Scheiße.«
Mo’amba stampfte plötzlich mit seinem Stab auf und machte ein frustriertes Gesicht. Er bedeutete ihnen, zur Wand hinüberzugehen. Dann brachte er mühsam ein paar Worte Englisch hervor: »Ich zeige … Schnell … Hoch …« Er schien das Wesentliche ihrer Unterhaltung verstanden zu haben.
Mo’amba ging zur gegenüberliegenden Wand hinüber und drückte den Knauf seines Stabs gegen eine steinerne Ausbuchtung. Dadurch wurde die Ausbuchtung in die Wand gedrückt, und ein Teil der nur scheinbar soliden Felswand schwang nach innen.
»Eine Geheimtür!« Ben beugte sich vor und schaute in den Gang hinein. »Er führt wahrscheinlich zu einem weiteren verfluchten Wurmloch.« Er winkte Ashley zu sich.
Mo’amba humpelte mit Harry davon. Die beiden unterhielten sich rege.
Ashley kniete sich neben Ben. »Ich hätte es mir denken können«, flüsterte sie leicht aufgeregt. »In den heiligen Stätten vieler Kulturen findet man oft Geheimkammern und Geheimgänge.« Ashley hockte sich auf die Fersen, anscheinend verzweifelt darüber, dass ihr der entscheidende anthropologische Zusammenhang fehlte. Dann sprang sie plötzlich auf. »Verdammt, ich bin so dumm!«
»Was?«
»Dieser Tunnel … Ich kann mir denken, wo der hinführt.«
Verblüfft hob Ben eine fragende Augenbraue.
»Dies hier ist die Höhle der männlichen Seele. Ich wette, die Höhle der weiblichen Seele in der Alpha-Höhle besitzt einen ganz ähnlichen Geheimgang, den wir übersehen haben. Ich wette meinen Kopf darauf, dass dieser Tunnel die Verbindung zur anderen Höhle ist. Ein symbolischer Vaginalkanal, der die männliche mit der weiblichen Seele verbindet.«
»Du meinst …«
»Es ist ein direkter und sicherer Weg direkt nach oben.«
Ben sah einen Schimmer Hoffnung. »Bist du sicher? Wenn du Recht hast«, flüsterte er ihr zu, »können wir vielleicht alle durch diesen Tunnel abhauen.«
Ashley kniete sich wieder. »Nein. Klein und flink, wie sie sind, hätten sie uns in null Komma nichts eingeholt. Wir hätten keine Chance. Außerdem versuchen Mo’amba und sein Stamm, uns zu akzeptieren. Dies ist eine entscheidende Probe für unsere beiden Völker. Ich werde ihr Vertrauen nicht ausnutzen. Als Anthropologin kann ich die
Weitere Kostenlose Bücher