Sub Terra
Aufmerksamkeit seines Babysitters zu wecken. Seit fünf Minuten wartete er schon. Fünf Minuten! Er würde noch zu spät zum Karatetraining kommen.
Roland schaute von seinen Unterlagen auf; seine Brille rutschte bis auf die Spitze seiner langen Nase. »Oh, Jason, du bist noch hier? Ich dachte, du wärst schon in der Turnhalle.«
»Sie wissen doch, dass ich das nicht kann.« Er betonte jede Silbe.
»Warum?«
Jason rollte die Augen. »Dr. Blakely hat gesagt, dass ich ohne einen blöden Babysitter nicht vor die Tür gehen darf.« Er verzog das Gesicht und machte den näselnden Ton von Blakelys Stimme nach. »Es ist zu meinem eigenen Schutz.«
»Aber das ist doch lächerlich. Die Turnhalle ist direkt nebenan. Sei ein braver Junge und lauf einfach hinüber. Ich muss noch einen riesigen Stapel Berichte registrieren und in ein Verzeichnis eintragen.«
Jason strahlte. Alles klar! Mit einem lauten Quietschen schubste er seinen Stuhl zurück und schoss hinaus. Er rannte die Eingangshalle hinunter und zur Tür hinaus. Seine Sporttasche schlug gegen sein Bein. Er sprintete die zehn Meter zum Nachbargebäude. Lieutenant Brusserman wartete wahrscheinlich schon auf ihn. Kaum war er durch die Tür, drangen die vertrauten Gerüche der Turnhalle auf ihn ein. Verschwitzte Baumwolltrikots, Bohnerwachs auf dem Boden des Basketballfelds und der scharfe Geruch von Desinfektionsmittel.
Er suchte im Aerobic-Bereich nach Lieutenant Brusserman, fand aber keine Spur von ihm. Also ging er zur anderen Seite der Turnhalle, auf die Umkleideräume zu. Er blieb stehen, um einem Zweikampf auf dem Basketballfeld zuzuschauen. Jason erkannte Major Chan, mit dem er gestern eine Bootstour unternommen hatte.
Major Chan machte das Zeichen, um auszusetzen, und kam zu Jason herüber. Er war außer Atem und stieß die Worte keuchend hervor. »Hallo, Kurzer. Hör mal, der Lieutenant hat angerufen. Er schafft es heute leider nicht und sagt, es täte ihm leid. Er ist morgen wieder für dich da.« Der Major täuschte spielerisch einen Boxhieb vor und nahm das Training wieder auf.
Jason war enttäuscht. »Aber was soll ich denn jetzt …« Doch der Major war schon wieder auf dem Spielfeld und wehrte gerade einen Korbjäger ab.
Verflixt! Und jetzt? Er hatte keine Lust, wieder zu Roland ins Büro zurückzugehen. Dort bliebe ihm nichts anderes übrig, als sich durch langweilige Zeitschriften über das Marineleben zu blättern.
Er schob die Tür mit dem Arm auf und schlüpfte nach draußen. Eine Gruppe scherzender und lachender Wissenschaftler in weißen Kitteln lief an ihm vorbei; sie waren auf dem Weg zum Wohnheim.
Jason setzte sich auf die Stufen und durchsuchte seine Sporttasche nach etwas, womit er sich beschäftigen konnte. Sein Nintendo-Gameboy? Er rümpfte die Nase. Nein, langweilig. Er fischte einen Spiderman-Comic heraus, aber den hatte er schon gelesen.
Seufzend schüttelte er den Inhalt aus der Tasche. Ein paar Münzen klingelten, und ein Päckchen Kaugummi fiel heraus. Stirnrunzelnd hob er das Päckchen Juicy-Fruit-Kaugummi auf und steckte es ins Seitenfach. In dem Moment berührte seine Hand einen harten, runden Gegenstand.
Er zog ihn heraus. Ach ja! Er befingerte einen roten alten Feuerwerkskörper. Eine Knallerbse. Er lächelte, als er sich daran erinnerte, dass er sie bei Billy Sanderson gegen einen X-Men-Comic eingetauscht hatte. Er hatte das gute Stück beinahe vergessen. Mit einem schelmischen Glanz in den Augen schaute er sich um und überlegte, ob er sich davonschleichen und sie benutzen sollte.
In diesem Augenblick kam ein Wissenschaftler im weißen Kittel um die nächste Ecke, direkt auf ihn zu. Er schob die Knallerbse schnell wieder in ihr Versteck zurück. Vielleicht sollte er doch besser warten, bis er wieder zu Hause war. Wenn seine Mutter von seinem kleinen Geheimnis erführe … nein, er blieb besser ganz cool.
Er zog den Reißverschluss der Tasche zu und wusste immer noch nichts mit seiner freien Zeit anzufangen.
Er stand auf, ging die Stufen hinunter und nahm die Tasche in die andere Hand. Gerade bog eine Gruppe Offiziere um die Ecke der Turnhalle, von denen einer mit genügend Orden behangen war, um einen Elefanten in die Knie zu zwingen.
Der dekorierte Mann nahm seine Kopfbedeckung ab und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Ist das immer so verdammt heiß hier unten?«
Einer seiner Begleiter antwortete: »Das ist nicht die Hitze, das ist die Feuchtigkeit.«
»Es ist die Hitze, Lieutenant«, herrschte ihn der
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