Sub Terra
Gesicht sah man einen Anflug von Lächeln. Gleich hatte sie es geschafft! Acht … Neun … Ze… Sie bewegte den linken Fuß vorwärts, doch als sie nachrücken wollte, steckte sie plötzlich mit der Brust in der Spalte fest. Sie gab einen heiseren Schrei von sich. Panikerfüllt versuchte sie, sich hindurchzuquetschen, klemmte sich jedoch nur noch stärker ein. Sie versuchte, sich rückwärts herauszuwinden und sich zu befreien, scheiterte aber.
Bitte nicht so!, flehte sie. Bitte lasst mich nicht auf diese Weise sterben. Mittlerweile hyperventilierte sie, sah Sterne vor den Augen, ihre Knie gaben nach.
»Linda«, sagte Ashley, »gib jetzt nicht auf. Du bist fast durch.«
»Ich stecke fest«, quiekte sie mit panikerstickter Stimme.
»Ben«, rief Ashley, »Linda steckt fest.«
»Zum Teufel«, erwiderte er, »kommt mit euren Lampen her!«
In Sekundenschnelle war die Spalte hell erleuchtet.
»Alles klar«, sagte Ben. »Hör mir gut zu, Linda. Streck eine Hand aus. In meine Richtung. Genau so. Ich habe sie. Und jetzt zähle ich bis drei. Ich möchte, dass du bei drei die ganze Luft aus deinen Lungen ausatmest, damit dein Brustkorb kleiner wird. In dem Moment ziehe ich dich heraus.«
»Nein«, flüsterte sie und schloss die Augen. Sie konnte ihren Brustkorb kaum noch ausdehnen. »Dann klemme ich nur wieder fest. Und kann überhaupt nicht mehr atmen.«
Schweigen. Ratlosigkeit. Linda fühlte, wie Ben ihre Hand losließ und ein anderer sie ergriff. Sie erkannte die Hand. Sie hatte ihr bereits über viele Hindernisse hinweggeholfen. Khalid, ihr Teampartner.
Der Ägypter sprach mit sanfter und beruhigender Stimme zu ihr, fast als wollte er sie hypnotisieren. »Linda, du weißt, ich kann dir helfen. Du kennst meine starken Arme. Tu, was Ben gesagt hat. Ich ziehe dich zu mir. Vertrau mir.«
Lindas Herz schlug ihr bis zum Hals. Sie öffnete die Augen. Die Sterne vor ihren Augen waren mittlerweile zu Sternbildern angewachsen. Sie wusste, dass sie kurz davor war, ohnmächtig zu werden. Sie nickte. »Ich vertraue dir.«
»Bei drei«, sagte Ben, der hinter Khalid stand. »Eins, zwei … drei!«
Linda quetschte die ganze Luft aus ihrem Brustkorb, bis ihre Lungen schmerzten. Dann wurde sie am Arm einen Viertelmeter weitergezogen, bis sie wieder feststeckte. Tränen liefen ihr übers Gesicht. So sollte sie also sterben.
Ein Schmerz schoss plötzlich in ihre Schulter. Wieder zerrte jemand an ihrem Arm und kugelte ihr fast das Schultergelenk aus. Sie schrie sich die letzte Luft aus den Lungen. Das genügte. Sie flog aus dem Spalt wie ein Korken aus einer geschüttelten Sektflasche. Frei.
»Alles in Ordnung?«, fragte Ashley, als sie aus dem tückischen Spalt schlüpfte und sah, dass Khalid Linda in den Armen hielt.
Ben nickte. »Ich denke schon. Sie steht hauptsächlich unter Schock. Ihre Schulter wird verteufelt wehtun, aber sie wird sich erholen.«
Ashley nickte. »Dann bleibt nur noch Michaelson. Ich möchte, dass jeder abmarschbereit ist, sobald er durch ist.«
Villanueva hockte mehrere Meter tiefer im Tunnel und rief ihnen zu: »Halloway ist hier lang.« Der SEAL beleuchtete seinen erhobenen Finger. Er war rot vom Blut. Dann zeigte er mit der Taschenlampe den Tunnel hinunter. »Die Blutspur führt dort entlang.«
Ashley sagte kein Wort. Halloway war noch am Leben. »Jeder bewaffnet sich«, sagte sie mit leiser Stimme. »Sofort!«
Als sie ein raschelndes Geräusch hinter sich hörte, drehte sie sich um und sah, wie Major Michaelson mit zerrissenem T-Shirt aus dem Spalt stolperte. Ashley rief das Team zusammen. »Macht euch abmarschbereit. In zwei Minuten brechen wir auf. Jeder nimmt eine Pistole oder ein Gewehr in die Hand.«
»Vielleicht sollten wir uns doch zurückziehen«, sagte Linda. Ihre Wangen waren immer noch feucht vor Tränen, und ihre Stimme zitterte.
Ashley legte die Hand auf Lindas Schulter. »Wir sind schon zu weit vorgedrungen. Wir müssen jetzt zusammenhalten.«
Linda holte tief Luft und schien sich zusammenzureißen. Als sie sprach, klang ihre Stimme fester. »Du hast Recht.«
Ashley drückte Lindas Schulter und wandte sich an die ganze Gruppe. »Los geht’s.«
Wenige Augenblicke später marschierte das Team ohne Murren den Tunnel hinab. Villanueva und Ben gingen an der Spitze als Kundschafter voraus.
»Bleibt in Sichtweite«, rief sie, als Ben sich zu weit entfernte. »Lasst uns beisammenbleiben.«
Der Tunnel gabelte sich. Welche Abzweigung sollten sie nehmen? Ashley blickte ihre Scouts
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