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Substance-Die Formel

Substance-Die Formel

Titel: Substance-Die Formel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boyd Morrison
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mit Wasser aus seinem Pappbecher und vermischte beides mit einem Wattestäbchen. Später fügte er etwas Ammoniaklösung hinzu und rührte um.
    Mit Genugtuung sah er, dass sich das Reaktionsgemisch nach einigen Minuten zu einer Paste verdickte. Beim Rühren bedankte er sich in Gedanken bei Daryl Grotman, den Erica seinerzeit in der Notaufnahme versorgt hatte. Vor Jahren hatte Kevin mit einigen Kommilitonen aus Jux auch einen berührungssensiblen Sprengstoff hergestellt. Sie hatten fast einen Zentimeter große, zähflüssige Tropfen der purpurfarbenen Mixtur auf dem Bürgersteig verteilt und gewartet, bis sie getrocknet waren. Sobald die Leute sie berührten, streiften, darauf traten, gab es einen Knall, der vielleicht halb so stark war wie der eines Knallfroschs. Die ahnungslosen Fußgänger fuhren jedes Mal zusammen, und Kevin und seine Freunde lachten sich halb krank. Doch dieser Daryl Grotman hatte ihm die Augen dafür geöffnet, wie gefährlich größere Mengen sein konnten.
    So wie seine Mixtur reagierte, war Kevin beruhigt. Seine Erinnerung hatte ihn nicht getrogen. Als er sich sicher sein konnte, dass sie fertig war, kippte er eilig die Reste des Versuchs in das Waschbecken. Das Endprodukt würde schnell trocknen, und er musste es sicher lagern, bevor es ein Loch in den Schreibtisch ätzte. Er füllte die noch feuchte Verbindung behutsam in die leere Jodflasche und schraubte sie zu. Solange sie nass blieb, konnte man sie gefahrlos in dem Behälter aufbewahren. Außerdem wischte er die Flasche außen sorgfältig mit dem Lappen sauber. Alles andere verstaute er wieder unter dem Waschbecken.
    Zwei Stunden hatte er gebraucht, ihm blieb noch viel Zeit, um über seinen Plan nachzudenken. Er stand am Fenster und sah hinüber zu den Wäldern, durch die sich die Zufahrt zum Haus schlängelte. Ihr dichtes Laub würde ihm perfekten Schutz bieten, wenn er in der Nacht entkam.
    Kevins Abendessen bestand wieder aus einem Sandwich und Pommes frites. Anscheinend hatte der Koch am Wochenende frei. Zwanzig Minuten später, als Franco die Reste des Essens holte, fragte er Kevin, ob er zum Badezimmer wollte. Kevin verneinte. Es würde noch etwa zwei Stunden hell bleiben. Er musste warten, bis es dunkel wurde.
    Ob sein Plan wohl eine Chance hatte? Auch wenn er ihn sorgfältig vorbereitet hatte, würde er eine Menge Glück brauchen, bis er sicher im Wald wäre. Trotzdem, er musste es riskieren, selbst wenn er damit sein Schicksal möglicherweise besiegelte.
    Endlich war es dunkel. Leise schob Kevin den Stuhl gegen die Tür und klemmte die Rückenlehne schräg unter deren Knauf. Er holte die Flasche mit dem Sprengstoff aus seinem Versteck und schmierte Kreise von fünfzehn Zentimetern Durchmesser auf den Boden, wenige Zentimeter von den Stuhlbeinen entfernt.
    Nachdem er die Flasche wieder zugeschraubt und in seinen Hosenbund gesteckt hatte, trug er den Stuhl zurück an seinen Platz vor dem Schreibtisch, knipste das Licht aus und klopfte an die Tür. Er wolle zur Toilette. Die Tür ging auf. Mit Erleichterung sah Kevin, dass sie die aufgemalten Kreise nicht berührte. Franco schien nichts zu bemerken.
    Im Badezimmer schüttete Kevin den Rest aus der Flasche auf den Boden des Schrankes unter dem Waschbecken. Dem anderen Schrank entnahm er das Chlorbleichmittel und den Kanister Ammoniak. Den größeren Teil der Chlorverbindung schüttete er ins Waschbecken. Dann wartete er, bis er seine Sprengstoffmischung für trocken hielt, goss Ammoniak in die Chlorflasche, schraubte sie fest zu und stellte das Flüssiggemisch und die restliche Ammoniaklösung neben den Kreis. Dann schloss er die Schranktür. Er hatte nicht viel Zeit.
    Als Kevin die Tür öffnete, fragte Franco: »Hast du gepinkelt?«
    »Natürlich.«
    »Dann spüle gefälligst.«
    Kevin war entsetzt, dass er völlig vergessen hatte, seine Rolle zu spielen. Noch einen solchen Fehler würde er sich nicht erlauben können. Er spülte.
    »Zufrieden?«
    »Komm schon, los!« Franco zog ihn auf den Flur.
    Kevin bewegte sich so lässig wie immer, aber am liebsten wäre er gerannt. Es blieb ihm höchstens noch eine Minute. Endlich öffnete er die Tür zu seinem Zimmer – langsam, damit nicht bereits der Luftdruckwechsel zur Explosion der Flecken auf dem Boden führte. Er blickte nach unten, um nicht daraufzutreten. Wenn er hier einen Fehler machte, könnte es ihn einen Fuß kosten. Ohne sich weiter in das Zimmer zurückzuziehen, schloss er die Tür hinter sich. Franco beäugte ihn

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