Succubus Blues - Komm ihr nicht zu nah
dass du das tun würdest …«
»Ich lerne rasch.«
Er grinste und drückte meine Hand an seine Lippen. »Heute Nacht«, keuchte er. »Heute Nacht werden wir …«
»Heute Nacht«, stimmte ich zu.
Da wich er zurück, und seine Augen loderten noch immer. »Ich liebe dich. Du bist mein Leben.«
»Ich liebe dich auch.« Lächelnd sah ich ihm beim Davongehen nach. Einen Augenblick später hörte ich erneut meine Schwester.
»Letha?«
»Miss Kincaid?«
Eriks Stimme riss mich aus der Erinnerung, und plötzlich war ich wieder in seinem Geschäft und nicht mehr im längst zerfallenen Haus meiner Familie. Ich erwiderte seinen fragenden Blick und hielt die Kette hoch.
»Die nehme ich auch.«
»Miss Kincaid«, sagte er unsicher, während er das Preisschild befingerte. »Die Hilfe, die ich Ihnen gebe … Sie müssen nicht … umsonst …«
»Ich weiß«, versicherte ich ihm. »Ich weiß. Setzen Sie das einfach auch auf meine Rechnung. Und fragen Sie Ihren Freund, ob er dazu passende Ohrringe anfertigen kann.«
Mit der Kette um den Hals verließ ich das Geschäft, wobei ich immer noch an jenen Morgen dachte, wie es gewesen war, zum allerersten Mal berührt zu werden, von jemandem berührt zu werden, den ich liebte. Ich atmete vorsichtig aus und verbannte die Erinnerung aus dem Gedächtnis. Genauso, wie ich es schon zahllose andere Male getan hatte.
Kapitel 9
Bei der Rückkehr nach Queen Anne entdeckte ich, dass immer noch einiges vom Abend übrig war. Unglücklicherweise hatte ich nichts vor. Ein Sukkubus ohne gesellschaftliches Leben. Sehr traurig. Es wurde noch trauriger, weil ich alles Mögliche hätte vorhaben können, wenn ich es nicht hätte schleifen lassen. Gewiss hatte mich Doug oft genug eingeladen; zweifellos vergnügte er sich an seinem freien Tag mit einer willigeren Frau. Roman hatte ich ebenfalls vor den Kopf gestoßen, trotz wunderschöner Augen und so. Ich lächelte wehmütig beim Gedanken an sein leichtes Geplauder und seinen gewaltigen Charme. Er hätte der Fleisch gewordene O’Neill sein können, direkt aus Seths Romanen.
Der Gedanke an Seth erinnerte mich daran, dass er immer noch mein Buch hatte und ich nun schon den dritten Tage ohne mein Exemplar auskommen musste. Ich seufzte, denn ich wollte wissen, was als Nächstes geschähe, wollte mich in der Geschichte von Cady und O’Neill verlieren. Das wäre jetzt eine Möglichkeit gewesen, den Abend zu verbringen. Der Scheißkerl! Er würde es nie zurückbringen. Ich würde nie herausfinden, was …
Plötzlich stöhnte ich auf und wollte mir wegen meiner eigenen Dummheit vor die Stirn schlagen. Arbeitete ich nun in einer Buchhandlung oder nicht? Nachdem ich den Wagen abgestellt hatte, ging ich zu Emerald City hinüber und fand immer noch den gewaltigen Berg an Exemplaren von The Glasgow Pact vor, den wir für die Signierstunde errichtet hatten. Ich schnappte mir ein Exemplar und trug es zur Theke nach vorne. Beth, eine der Kassiererinnen, war gerade frei.
»Entmagnetisieren Sie das bitte für mich?«, bat ich sie und ließ das Buch über den Tresen rutschen.
»Natürlich«, erwiderte sie. »Auf Ihr übliches Konto?«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich kauf’s nicht. Ich leihe es mir bloß aus.«
»Dürfen Sie das?« Sie reichte mir das Buch zurück.
»Gewiss«, log ich. »Manager dürfen das.«
Minuten später zeigte ich meinen Gewinn einer desinteressierten Aubrey und drehte den Wasserhahn meiner Badewanne auf. Während sie sich füllte, überprüfte ich meinen PC auf Nachrichten – keine da – und sortierte die Post, die ich unten mitgenommen hatte. Auch da nichts weiter Interessantes. Zufrieden, dass sonst nichts meine Aufmerksamkeit erforderte, zog ich mich aus und glitt in die wässrigen Tiefen der Badewanne, sorgfältig darauf achtend, dass das Buch nicht nass wurde. Aubrey beobachtete mich mit zusammengekniffenen Augen von einem Regalbrett neben mir und überlegte offenbar, warum jemand freiwillig ins Wasser steigen würde, und das auch noch für einen längeren Zeitraum.
Ich überlegte meinerseits, dass ich heute Abend mehr als fünf Seiten lesen könnte, da mir dieses Vergnügen während der letzten paar Tage ja entgangen war. Als ich die fünfzehnte Seite gelesen hatte, entdeckte ich, dass ich drei Seiten vom nächsten Kapitel entfernt war. Könnte daher ebenso gut einen sauberen Schnitt machen. Daraufhin lehnte ich mich seufzend und mit einem Gefühl von Dekadenz und Erschöpfung zurück. Das pure Wohlgefühl. Bücher
Weitere Kostenlose Bücher