Succubus05 Shadows - Die dunkle Seite der Versuchung
Mädchen rang vor Aufregung die Hände und ich winkte ihm zur Begrüßung. Der Mann lief auf das Haus zu und erwiderte dabei meinen Gruß. Es war zu dunkel, ich konnte ihn noch nicht erkennen.
Sein Gesicht. Ich musste sein Gesicht sehen. Wir waren uns so nah. An dieser Stelle war der Traum beim letzten Mal vorbei und ich hatte sein Ende nicht erleben dürfen. Ein Teil von mir war sich sicher, dass das alles nur ein Trick war – dass die Oneroi am Ende des Traumes genau dasselbe wie Nyx tun würden.
Das taten sie aber nicht.
Der Mann lief weiterhin auf uns zu und schließlich erhellte die Türbeleuchtung seine Züge.
Es war Seth.
In seinem unordentlichen Haar glitzerten Schneeflocken und unter seinem dicken, wollenen Trenchcoat spitzte eines seiner schrägen T-Shirts hervor. Er ließ den Koffer am Fuß der Treppe stehen und hastete die Stufen hinauf, um schneller bei uns zu sein.
Er umfing uns mit seinen Armen und meine Tochter und ich kuschelten uns an ihn. Sollte es doch draußen frieren, in unserem kleinen Kreis hatten wir genug Wärme.
«Meine Mädels», wisperte er. Er zog einen Handschuh aus und streichelte mit seiner Hand das seidige Haar unserer Tochter. Er drückte ihr einen Kuss auf die Stirn und beugte sich dann zu mir. Unsere Lippen trafen sich zu einem zarten Kuss und als wir uns trennten, sah ich, wie die Wärme seines Mundes als Wölkchen in der Luft kondensierte. Er drückte uns noch fester.
Ich seufzte froh. «Geh nicht mehr weg», sagte ich zu ihm. «Hör doch auf mit dem Herumreisen.»
Er lachte leise und gab mir noch einen Kuss, diesmal auf die Wange. «Mal sehen, was sich machen lässt. Wenn es nach mir ginge, würde ich nie mehr fortgehen.»
Doch der Traum ging fort von mir, er zersprang wie Glas und ein Besen fegte die Scherben weg. Hatte ich zuvor immer die Sekunden gezählt, bis diese Träume endlich vorüber waren, so klammerte ich mich dieses Mal an ihm fest. Die Hände, die ich in meiner formlosen Gestalt gar nicht hatte, wollten die scharfkantigen Bruchstücke festhalten, auch wenn sie mir in mein Fleisch schnitten, nur um noch ein paar Momente dieser makellosen, erfüllenden Glückseligkeit zu erleben, die meinem Traum-Ich gehört hatte.
Doch er war verschwunden. Ich war leer.
Lange Zeit konnte ich den Verlust des Traumes nicht begreifen. Ein Gewirr aus Emotionen stürzte auf mich ein: Schmerz und Zorn, Sehnsucht und Verlust. Da waren nur Gefühle, keine Gedanken. Selbst als ich wieder in einigermaßen klaren Zusammenhängen denken konnte, war alles durcheinandergeworfen. Seth. Seth war der Mann in dem Traum? Aber klar war er das. Hatte ich es denn nicht schon beim ersten Mal gespürt, als wir uns begegnet waren? Hatte ich nicht selbst schon so oft gesagt, dass er wie ein Teil meiner Seele war? Und als wir uns getrennt hatten, hatte ich da nicht gespürt, dass dieser Teil von mir fehlte?
Dann kamen wieder all die Zweifel, die die Oneroi so effektiv in mir gesät hatten. Seth konnte es nicht sein. Ich konnte nicht mit einem Sterblichen zusammen sein, nicht auf Dauer. Und mit Sicherheit konnte ich kein Kind mit einem Sterblichen haben, und überhaupt, Seth heiratete ja sowieso eine Andere. Das war nur ein Trick. Wieder eine Lüge. Hier gab es nur Lügen und der Traum diente nur dem Zweck, die Folter, die ich nach Ansicht der Oneroi verdiente, fortzusetzen.
«Das kann nicht sein», stieß ich hervor. Meine Worte waren hart. Und hatte ich das nicht schon einmal gesagt? Immer im Kreis, immer im Kreis. Alles in meinem Leben wiederholte sich wieder und wieder. «Nichts davon kann jemals eintreten.»
«Nein», stimmte mir Zwei zu. «Nicht mehr. Deine Zukunft hat sich verändert.»
«Das war niemals meine Zukunft. Ihr lügt. Nyx hat gelogen. Keine Wahrheit, nichts als Lügen.»
« Das ist Wahrheit», sagte Eins.
Noch ein Traum. Ein wahrer Traum? Nein, nein . Der Teil von mir, der langsam durchdrehte, schwor Stein und Bein, dass es nicht wahr sein konnte. Keine Wahrheit, nichts als Lügen.
Ich befand mich wieder in der profanen Welt der Menschen, mit Seth und Simone-als-Georgina an meiner Seite. Wir waren bei einem Herrenausstatter und sie sahen sich Smokings an, während ich mir das Hirn zermarterte, was hier los war. Maddie hatte mich gebeten, mit ihm shoppen zu gehen … aber das war doch nicht heute gewesen. Oder? Hatten wir schon einen anderen Tag? Wie viel Zeit war denn vergangen? Ich konnte nicht beurteilen, ob diese Träume nur eine Sekunde oder ein ganzes Leben
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