Succubus05 Shadows - Die dunkle Seite der Versuchung
dauerten. Draußen wurde es langsam dunkel, also hatten wir vielleicht doch noch denselben Tag.
«Du musst ja keine Fliege tragen», sagte Simone gerade und begutachtete eine gut angezogene Schaufensterpuppe. Sie selbst sah perfekt aus. Sie trug ein enges Kleid, dessen Orange an die Farbe von Herbstblättern erinnerte. Selbstverständlich war es außerdem sehr kurz und betonte meine Brüste in dem Maß, wie es gerade noch schicklich war – oder auch etwas mehr. Bronzefarbene High Heels komplettierten den Look. Zum Einkaufen war das zwar etwas übertrieben, aber es stand ihr gut. Mir. Uns. Wie auch immer.
Seth schlenderte zu ihr hinüber, stellte sich neben sie und betrachtete den Anzug. Ich glaube, wenn nicht gerade ein Angestellter neben dem Ausgang eine Auslage aufgeräumt hätte, dann hätte Seth mit Sicherheit einen Fluchtversuch gewagt.
«Der Anzug ist eher klassisch», meinte Seth. «Ich glaube, Maddie hat ihn sich auch so vorgestellt.»
«Ach so?», erwiderte Simone spöttisch. «Und was ist mit deinen Wünschen?» Sie machte einen Schritt auf ihn zu. «Du kannst nicht einfach nur dasitzen und dir sagen lassen, was du zu tun hast! Du hast selbst Bedürfnisse. Du darfst in dieser Angelegenheit nicht so passiv sein.»
Sie sprach leidenschaftlich und ihre Überzeugungskraft war bewundernswert. Mit ihrer Art, Reden zu schwingen, konnte sie Menschen für ihre Sache gewinnen – aber genau wie bei allem, was sie sagte, schwang da ein gewisser sexueller Unterton mit. Er glotzte sie sekundenlang an, scheinbar genauso beeindruckt wie ich, und sah dann weg. Außerdem machte er einen Schritt rückwärts.
«Vielleicht schon. Aber ich glaube nicht, dass die Entscheidung über eine Krawatte oder eine Fliege der momentane Dreh- und Angelpunkt in meinem Leben ist. Ich glaube, ich sollte mir die heroischen Momente für wichtigere Gelegenheiten aufsparen.» Er ging wieder davon, um sich einen anderen Anzug anzusehen, und im Gegensatz zu mir sah er nicht, wie Simone mürrisch das Gesicht verzog.
Doch genauso schnell, wie ihr süßes Lächeln wieder auf ihrem Gesicht erschien, war sie auch schon wieder an seiner Seite – äußerst nah an seiner Seite – und sie studierten wieder Schnitte, Farben und all die anderen Millionen von Einzelheiten, auf die man achten musste, wenn man einen Bund fürs Leben plante. Selbstverständlich konnte der Verkäufer sie nicht ewig ignorieren und huschte schließlich zu ihnen hinüber, um seine Unterstützung anzubieten.
«Dieses Jackett würde bei ihrem Körperbau sehr vorteilhaft aussehen», erklärte er Seth. «Es ist in Schwarz und Grau und einigen weiteren Farben erhältlich – somit würde es in jedem Fall zu ihrem Kleid passen.» Der letzte Teil war für Simone gedacht. Sie lachte glockenhell. Für mich klang es wie Fingernägel, die über eine Tafel kratzten.
«Oh, wir beide heiraten nicht.» Sie tätschelte Seths Arm. «Wir sind nur gute Freunde. Ich helfe nur ein bisschen.»
Seth machte sich und seinen Arm von ihr los und war urplötzlich sehr interessiert daran, ein Jackett anzuprobieren. Der Verkäufer fand es in Seths Größe, gab noch ein paar Komplimente von sich und ließ die beiden dann alleine, damit sie sich die Entscheidung durch den Kopf gehen lassen konnten.
«Es sieht toll aus», sagte Simone und stellte sich direkt vor ihm auf. Von meiner Warte aus schien da kein Platz mehr zwischen ihnen zu sein. Vorsichtig strich sie das Revers glatt – nicht, dass es nötig gewesen wäre. «Passt wie angegossen.»
Seth hielt ihre Hände fest, stieß sie fort und trat zurück. «Du musst damit aufhören», sagte er mit gesenkter Stimme, damit ihn niemand hören konnte.
«Womit soll ich aufhören?», fragte Simone.
«Du weißt genau, womit! Diese Anspielungen. Die Berührungen. All das. Du darfst so nicht weitermachen.»
Simone trat näher an ihn heran und stemmte ihre Hände in die Hüften. Ihre Stimme war ebenfalls leise, allerdings eher wie ein Schnurren. Besonders irritierend war, dass es tatsächlich meine Stimme war. «Warum denn? Weil es dir nicht gefällt? Komm schon, Seth. Wie lange willst du dir noch etwas vormachen? Du weißt, dass du mich immer noch willst. Diese Scharade von einer Hochzeit wird daran auch nichts ändern. Das, was wir hatten … was wir haben , ist zu stark. Ich merke doch, wie du mich ansiehst – und sie siehst du nicht so an. Du sagst, ich soll aufhören? Nein. Du solltest mit dieser Hochzeit Schluss machen. Und mit ihr Schluss machen.
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