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Such mich Thriller

Such mich Thriller

Titel: Such mich Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carol O Connell
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auf der Bodenmatte herumlagen. In Helens Stimme war kein Hohn. Sie war die gütigste Frau, die man sich vorstellen konnte - und die ordentlichste. Alles, was Mallory über Putzmittel und Hausstaubmilben wusste, hatte sie von dieser Musterhausfrau gelernt. Sie selbst aber hatte die Ordnungsliebe zum Extrem getrieben. Jeder Gegenstand musste immer an seinem Platz sein, kein Staubkorn wurde geduldet, nichts …

    »Da ist etwas schiefgelaufen, Kathy.« Stirnrunzelnd musterte Helen die leeren Pappbecher. »Das sieht dir nicht ähnlich.« Taktvoll, wie sie war, sagte sie nichts über den Staub auf dem Armaturenbrett, aber Mallory sah ihn und registrierte bei sich noch weitere Alarmsignale - einen abgebrochenen Fingernagel, Insekten auf der Windschutzscheibe, einen verräterischen Spiegel, der Tränen in ihren Augen zeigte -, aber ihr Gesicht war trocken. Vielleicht waren das die grünen Augen ihres Vaters, waren es seine Tränen.
     
    Nachdem beim letzten Halt in Oklahoma alle Eltern und auch die Reporter satt geworden waren, wiederholte Riker seine Anweisungen für diejenigen, die neu zu der Gruppe gestoßen waren. Der Konvoi war jetzt so groß, dass kein einziger Parkplatz mehr frei war. »Betankt eure Autos selbst. Lasst eure Wagen nie unbeaufsichtigt.«
    Dass den Opfern die rechte Hand abgehackt worden war, hatten das FBI und die Polizei vor Ort unter der Decke halten können, die Namen der ermordeten Eltern aber hatte die Presse in Erfahrung gebracht, und man hatte Dr. Magritte erlaubt, die Teilnehmer der Fahrt zu einem stillen Gebet für die Menschen zu versammeln, die ihr Leben auf der Route 66 gelassen hatten. Von Stille und Andacht konnte allerdings keine Rede sein. Die Menge war nervös und fieberte dem Aufbruch entgegen, Füße scharrten, manche Eltern lächelten sogar.
    Riker hatte dafür Verständnis. Eine aus ihrem Kreis war gestern gestorben, sie aber lebten noch. Die Zivilisten mit ihren vom Fernsehen geprägten Vorstellungen von Mord glaubten, alles würde schon gut gehen, wenn sie sich verhielten, wie es sich für brave Camper gehörte, auch wenn auf der Straße ein jäher Tod lauerte.
    »Es ist vielleicht ein Fehler, ihnen Regeln an die Hand zu
geben.« Charles Butler übte sich offenbar mal wieder im Gedankenlesen, während er Kaffee aus einem Pappbecher trank. »Dadurch wirkt alles zu harmlos. Wie ein Schulausflug.«
    Riker zuckte die Schultern. »Wenn’s nach mir ginge, würde ich diesem Zirkus ein Ende machen, aber dazu müsste der Kongress erst ein neues Gesetz erlassen. Die Feds wollen die Eltern hier haben.«
    »Als Köder?«
    »Ja, aber selbst wenn ich ihnen das unverblümt sagen würde, wären sie nicht von der Straße zu bekommen. Jedes Mal, wenn eine oder einer stirbt, denken sie, dass sie ihren verschwundenen Kindern damit ein Stück näher kommen. Und in gewisser Weise stimmt das ja auch. Makaber, was?«
     
    Mallory hatte Tempo vorgelegt und die Lautstärke hochgedreht. The Who sangen »Won’t get fooled again.«
    War es vielleicht der?
    In New York hatte sie gefragt: »Was war der Lieblingssong meines Vaters?«
    »Er hatte so viele.« Savannah hatte offenbar nicht zugeben wollen, dass sie es nicht wusste.
    Danach hatte Mallory sich auf ein Geduldsspiel eingelassen, bis eine Wahrheit ans Licht gekommen war und dann die nächste. Jeden Tag war ihre Feindin ein wenig schwächer geworden.
    Die tote Savannah Sirus würde niemals in dieses Auto steigen.
    Sie würde es nicht wagen.
    Mallory fuhr auf der alten Straße weiter bis zu einer kleinen Stadt in Texas. Dort stand Peyton Hales geliebtes Avalon-Theater, das seinerzeit ein florierendes Lichtspielhaus gewesen war. Jetzt war es geschlossen. Die Kinoplakate waren verschwunden,
die Türen mit Vorhangschlössern versperrt. Das Glas in der Kasse hatte einen Sprung, und auf einem Schild war das Kino als historische Sehenswürdigkeit ausgewiesen. Das silberfarbene Cabrio war das einzige Auto weit und breit. Auf ihrer Reise hatte sie schon mehr Geisterstädte gesehen, in dieser aber lebten Menschen. Einige Geschäfte waren noch nicht leer, in einem war ein Stadtmuseum untergebracht, das mit festen Öffnungszeiten warb.
    Eine Stadt, die offenbar nicht totzukriegen war.
    Mallory hakte das alte Kino ohne das gewohnte Gefühl der Enttäuschung ab. Sie hatte Verständnis für diese Art von Sehenswürdigkeit. »… wie ein Lesezeichen für eine Erinnerung.«
    Ein Stück weiter fand sie die alte Phillips-66-Tankstelle, einen Backsteinbau, der nur als

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