Such mich Thriller
Schaustück renoviert worden war, tanken konnte man dort nicht mehr. Dahinter war eine Stelle, an der man gut eine Leiche hätte vergraben können, und tatsächlich war die örtliche Polizei dort bei der Arbeit. Kronewalds Muster der Kindergräber bewährte sich auch für den Staat Texas.
Sie fuhr vorbei. Für heute hatte sie genug vom Tod - von toten Menschen und toten Städten. In ihrem Auto saßen keine Gespenster mehr. Sie fuhr auf den Straßenabschnitt zurück, der an die Stelle der alten Route 66 getreten war, und gab mehr Gas. Auch die Musik war jetzt schneller, hektischer.
»Rock and Roll war das Ende der Kindheit«, hatte Peyton Hale geschrieben. »Die Musik war in meinem Schädel fest verankert, und meine Zehen schlugen einen Takt, den nur ich hören konnte. Die Hunde zögerten, mir die Hände zu lecken. Und die Väter von Mädchen sahen mich schon von weitem kommen. Und die Mädchen fanden mich gefährlich, und das fand ich wunderbar. Meine wilden Jahre, meine Rebellenjahre. Die Straße und die Musik - erst sechzehn. Und jetzt, als alter Mann von fünfundzwanzig,
kann ich zusehen, wie meine Straße verschwindet, noch während ich schreibe, noch während ich fahre.«
Mallory nahm die nächste Ausfahrt in Richtung Osten, zurück zu den Troopers am Grab, obgleich sie nicht hätte sagen können, warum, denn sie hatte ihre Schulden bei Kronewald beglichen. Vielleicht, weil April Waylon doch noch einmal wiedergekommen war und mit großen Augen die Strecke absuchte, nach wie vor fest entschlossen, ein verlorenes Kind zu finden. Wer weiß, vielleicht war es ja gerade dieses.
Die Elternkarawane war auf dem Weg von Oklahoma nach Texas, als Riker die Bußpredigt eines Radio-Evangelisten abstellte. »Das reicht mir an Lokalkolorit. Könntest du bei unserem nächsten Halt nicht mal mit Joe Finn sprechen, Charles?«
»Zwecklos. Er wird den Konvoi nicht verlassen, darin unterscheidet er sich nicht von den anderen Eltern.«
»O doch.« Und Riker hatte genug von Wildcards. »Finns Tochter ist auf einem Friedhof in Kansas begraben, er weiß, dass es ihre Leiche ist. Dieses Gerede von Verdrängung kauf ich ihm nicht ab, ich hab diese Situation ja schon oft genug erlebt. So was dauert kein Jahr, sondern meist nur ein paar Minuten. Die Eltern gucken dich an, als ob du spinnst. Ihr Kind und tot? Irrtum, du dämlicher Cop. Und dann weinen sie. Dieser Typ hat sich die Leiche nicht mal angesehen. Er ist auf Rache aus. Wahrscheinlich bildet er sich ein, dass er den Freak noch vor uns findet.«
»Dazu würde er nicht zwei Kinder mitbringen.«
»Stimmt, das ist Wahnsinn.« Riker sah aus dem Fenster und äußerte, dass Väter ermordeter Kinder eben leider keine sehr gefestigten Menschen waren.
Zehn Meilen Texasprärie zogen an ihnen vorbei, ehe Charles das Schweigen brach. »Schuldgefühle entstehen immer, wenn es in der Familie einen Todesfall gegeben hat. Die Hinterbliebenen
denken an die letzten Tage des Angehörigen und wie anders die verlaufen wären, wenn man ihnen eine zweite Chance gegeben hätte, wenn sie wie Hellseher in die Zukunft hätten blicken können. Mit Logik kannst du da nichts ausrichten. Deshalb können die Eltern diesen Roadtrip nicht aufgeben. Die Schuldgefühle würden sie zerfressen, wenn sie nicht alles Menschenmögliche tun würden, um ihre Kinder nach Hause zu holen.«
»Oder bei dem Versuch zu sterben.«
»Ich glaube nicht, dass das bei ihren Überlegungen eine Rolle spielt. Die meisten sind allein erziehend, sind geschieden, auch Selbstmorde hat es gegeben. Dazu kommt Alkoholismus, kommen Depressionen. Ich weiß, warum du die Undercover-Agenten so schnell erkannt hast. Sie spielten die Rolle eines glücklichen Ehepaares.«
»Wie sie auf die Kleine aufpassen, das ist mehr als fragwürdig.«
»Entschuldige«, sagte Charles. »Manchmal vergesse ich, dass Mallory nicht sehr kommunikativ ist. Ich dachte, du wüsstest Bescheid. Die Maulwürfe sind nicht zu Dodies Schutz abgestellt. Neulich, als sie unter dem Tisch verschwand und Peter nach ihr rief, haben sie sich nach Magritte umgesehen. Sie sind ganz auf ihn fixiert, und das macht auch Sinn. Du hattest ja selbst den Verdacht, dass der Killer in Magrittes Therapiegruppe war. Mörder schleichen sich manchmal …«
»Mist! Deshalb hat Dale also die Schau mit Joe Finn abgezogen. Er hat Dodie eine Zielscheibe aufgemalt, um von seinem wichtigsten Zeugen Magritte abzulenken.«
Seinem Zeugen? Oder seinem Verdächtigen?
Rikers Handy klingelte. Die
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