Such mich Thriller
dieser Frage. Vielleicht hatte der Mörder tatsächlich dreißig Jahre oder mehr gebraucht, um hundert kleine Mädchen umzubringen.
»Nein, ich werde es ihnen nicht sagen.« Nahlman fuhr zurück auf die Straße. »Wenn diese Menschen wüssten, was Sie ihnen angetan haben, würden sie Ihnen alle ans Leder gehen - und das wäre Mord.«
Schweigend legten sie den Rest des Weges zurück. Nahlman hielt und legte den Revolver mit dem Beutel wieder ins Handschuhfach. Ohne Waffe fühlte er sich vielleicht weniger mutig und weniger geneigt, sich von den Maulwürfen abzusetzen.
»Warum haben Sie den Beutel nicht Mr. Berman gegeben?«, fragte Magritte.
»Lassen Sie mich etwas beichten. Vergib mir, Vater, denn ich habe gesündigt. Ich habe die verdammten Vorschriften missachtet. Mein Boss ist ein fauler Sack und Nichtskönner. Würde ich ihm die Knochen aushändigen, würde er Sie unter Mordverdacht verhaften. Die Ermittlungen würden abgeschlossen werden, und Menschen würden weiter sterben. Mag sein, dass Sie mit sinnlosem Tod leben können. Ich kann es nicht.«
Im Hintergrund hörte Mallory den Verkehrslärm einer Straße in Chicago. Kronewald unterbrach das Ferngespräch für einen Augenblick, um das Fenster zu schließen. »Ich habe im FBI-Labor angerufen«, sagte er dann, »und nach den Bodenproben und den Knochen gefragt, die Nahlman eingeschickt hatte. Die Ergebnisse seien noch nicht da, hieß es. Natürlich war das Quatsch, sie haben sich einfach dumm gestellt. Und soll ich Ihnen mal was sagen? Es ist nur so ein Bauchgefühl, aber ich
glaube, durch meinen Anruf haben sie zum ersten Mal von der Sache gehört.«
»Dale Berman hat die Bodenproben nie zur Analyse eingeschickt«, bestätigte Mallory. »Und das Labor hat nie eine Leiche bekommen. Hat man ein Opfer gefunden, das an der Route 66 wohnte?«
»Ja, aber ich musste vierzig Jahre zurückgehen. Mary Egram, bei ihrem Verschwinden fünf Jahre alt. Das Haus der Familie stand an einer Staatsstraße, einem früheren Abschnitt der Route 66.«
Kronewald verstummte. Mallory hörte Papier rascheln, er blätterte den Ausdruck eines Polizeiberichtes durch. Vierzig Jahre alte ungelöste Fälle konnte er sich nicht auf den Bildschirm holen.
»Der zuständige Kriminalbeamte hieß Rawlins. Er ist inzwischen tot, aber ich habe seine Unterlagen. Er hatte den Vater in Verdacht. John Egram war Fernfahrer, er hätte die Leiche irgendwo deponieren können. Die Egrams hatten noch ein Kind, einen Sohn, der Adrian hieß und damals zehn war. Als Adrian im Krankenhaus lag, sind die Eltern einfach abgehauen. Nett, was? Ein Priester war zum vorläufigen Vormund bestellt worden, dazu gibt es nicht viele Einzelheiten, nur ein paar Stichworte. Jetzt kommt der Knaller. Der Priester, der zum Vormund bestellt worden war …«
»… hieß Paul Magritte, ich weiß«, sagte Mallory. »Noch was?«
»Dieser Adrian ist von einer Pflegefamilie zur nächsten weitergereicht worden.«
»Klingt nach den besten Voraussetzungen für einen Werdegang als Serienkiller«, stellte Mallory fest. »Fotos?«
»Fehlanzeige. Nur ein alter Polizeibericht aus Illinois. Als Adrian fünfzehn war, hat er seinen Pflegeeltern ein Auto gestohlen
und ist auf und davon. Passt gut zu deiner Autodieb-Theorie. Aber die Cops haben ihn nie gefasst, wir haben deshalb keine Fingerabdrücke. Und auch keine Versicherungsnummer. Ich schätze, dass er an dem Tag, als er das Auto geklaut hat, aufhörte, Adrian Egram zu sein.«
»Aber er hat fünf Jahre in Pflege verbracht. Kein einziges Foto?«
»Du träumst wohl! Glaubst du wirklich, die Jugendämter haben Vorgänge, die so lange zurückreichen? Das sind doch längst nur noch vergilbte Akten, die in Lagerkisten vor sich hin modern. Aber ich habe noch etwas, was dir vielleicht gefällt. Die meisten Häuser in der Nachbarschaft von den Egrams sind abgerissen worden oder von selbst eingefallen. Wir haben eine Nachbarin in einem Altersheim ausfindig gemacht. Sie hat Alzheimer, aber ihr Langzeitgedächtnis funktioniert noch. Adrians Mutter, sagt die alte Dame, hatte zwei Jobs, der kleine Junge durfte deshalb, als er klein war, seinen Dad auf seinen Fahrten übers Land begleiten. Sie waren an die zweihundert Tage im Jahr auf Achse. Dann kam Mary zur Welt, Adrian wurde eingeschult, und die Touren mit Dad hatten ein Ende. Adrian und seine Schwester haben sich nicht besonders gut verstanden. Und jetzt kommt was Komisches. Adrian war zehn, Mary erst fünf …«
»… und Adrian hatte
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