Such mich Thriller
Autoradios pustete Ariel vom Beifahrersitz. Sie konnte das tote Mädchen und Dodie gar nicht schnell genug hinter sich lassen.
So also fühlte sich Angst an.
Der Wagen bretterte über die Straße, aus dem Radio wummerte die Heavy-Metal-Musik von Black Sabbath, rasend gewordene Schlagzeuge, der ganze Nervenkitzel einer Kollision ohne die blutigen Begleitumstände. Aber Mallory hatte das Gefühl, auf eine ferne Wand zuzufahren, einer Karambolage entgegen, die völlig lautlos vonstatten ging.
In der berühmten Raststätte, in der sie zum Essen und Auftanken gehalten hatten, war Riker mit dem Geschäftsführer ins Gespräch gekommen, einem Mann mit silbernem Haarschopf, blütenweißem Hemd und schwarzer Weste. Joe Villanueva hatte in Clines Corners drei Generationen von Besitzern und Renovierungen erlebt.
Er hatte Detective Riker schon über den Verlust der Hufeisenbar hinwegtrösten müssen, jetzt erläuterte er, warum das Buffalo-Wandgemälde nicht mehr da war. »Es ist schon lange weg, wir haben die Wand rausgenommen, um mehr Tische unterbringen zu können. Sie sind der zweite Gast, der nach dem Bild fragt.« Der Geschäftsführer deutete auf Mallory, die interessiert vor einem Stand mit Cowboyhüten aus Stroh stehen
geblieben war. »Sie sagt, dass sie noch nie hier war, aber sie hat sogar gewusst, welche Farbe der alte Teppich hatte.«
Riker drängte sich durch die Menge im Souvenirshop zum Restaurant auf der anderen Seite durch. Man war hier an große Reisegruppen gewöhnt, aber die immer weiter anschwellende Elternkarawane mit ihrem Gefolge aus Medienleuten hatte zwei Räume bis auf den letzten Platz besetzt. Die Fast-Food-Theke war belagert, viele Gäste nahmen ihr Essen mit nach draußen, andere warteten darauf, dass Tische frei wurden, und wer einen Sitzplatz ergattert hatte, wartete auf die Speisekarte.
Charles Butler hatte einen Tisch erobert, auf dem schon Essen und Getränke standen.
Während Riker sich über seinen Cheeseburger hermachte - die Fritten waren sündhaft gut! -, erkundigte er sich bei seinem Freund, wie er dieses Kunststück fertiggebracht hatte. »Gezaubert«, sagte Charles, und Riker stellte sich einen Taschenspielertrick vor, bei dem plötzlich eine Handvoll Bares oder - ein bisschen stilvoller - ein Hundert-Dollar-Schein zum Vorschein gekommen war. Die Serviererin, die davon profitiert hatte, war an ihrem breiten Lächeln zu erkennen.
»Drückt dich was?«, fragte Charles.
Riker inhalierte den letzten Bissen und zündete sich eine Nach-Cheeseburger-Zigarette an. »Mallory weiß Dinge über diese Straße und über diese Raststätte, die in keinem Reiseführer stehen, und ich weiß hundertprozentig, dass sie noch nie hier war.«
»Vielleicht hat sie durch die Briefe …«
»Die Briefe ihres Vater? Ja, kann sein, dass die Route 66 eine fixe Idee von ihm war. Ob er wie seine Tochter ist?« Im Klartext: Konnte die Skrupellosigkeit eines Soziopathen ein Erbteil sein?
Kein Wunder, dass der Mann, der Mallory liebte, das Thema wechselte. »Hoffentlich kommt sie, ehe ihr Essen kalt wird.«
»Nur keine Bange«, sagte Riker.
»Mallory?«, fragte Dale Berman, der sich unaufgefordert zu ihnen gesetzt hatte. »Die hab ich gerade im Souvenirshop gesehen. Sie kauft sich einen Cowboyhut.« Er wandte sich an Riker. »Da zeigt sie ihr wahres Gesicht. Ein Cowboyhut für die Revolverheldin.«
Riker stieß eine blaue Rauchwolke aus und krempelte im Geist die Ärmel hoch.
Mallory betrat, den Cowboyhut auf dem Kopf, den Parkplatz und öffnete einen Wagen, der nicht ihr gehörte. Sie hatte eine Vorliebe für Raubzüge am hellen Tag und unter aller Augen. Wie sie erwartet hatte, merkte niemand, dass sie sich an Staatseigentum vergriff. So, das eine Fahrzeug war geplündert. Jetzt auf zu dem nächsten auf ihrer Liste.
Die draußen postierten FBI-Agenten versuchten verzweifelt, abreisende Touristen und Reporter von den Eltern aus dem Konvoi zu trennen, überprüften Ausweispapiere und die Listen auf ihren Klemmbrettern. Auf die FBI-Fahrzeuge achtete niemand. Der Konvoi hatte einen Umfang angenommen, der sich nicht mehr beherrschen ließ. Die jungen Leute, die gerade erst mit der Ausbildung fertig geworden waren, hatten glasige Augen. Weil niemand ihnen gesagt hatte, dass sie vor einer unlösbaren Aufgabe standen, konnten sie nur folgern, dass sie etwas falsch machten.
Was leider stimmte.
Mallory, die Unordnung hasste und die Namen sämtlicher Putzmittel auf dieser Erde kannte, lief im Chaos
Weitere Kostenlose Bücher