Such mich Thriller
sich eben fast in die Hosen gemacht hatte. »Sie sind doch von der Polizei, nicht?« Sie nahm seinen Ausweis von der Motorhaube. »Sie wissen, dass ich Ihnen diese Geschichte nicht abkaufe?«
»Ja.« Er war noch immer wie gebannt von ihrer Waffe, obgleich die im Holster steckte, und das Lächeln war auf seinem Gesicht wie festgeleimt.
Sie sah zu ihrem Wagen hinüber und winkte April Waylon. »Ich habe einen kleinen Auftrag für Sie«, sagte sie zu dem Cop. »Wenn es stimmt, dass Sie Ihre Scheinwerfer nicht ausgeschaltet haben, ist hinter dieser Frau ein Stalker her, und Sie werden auf sie aufpassen, bis sie ihre Freunde gefunden hat.« Mallory tat, als ob sie den Ausweis gründlich gelesen hätte, ehe sie ihn
zurückgab. »So, jetzt weiß ich, wo ich Sie finde für den Fall, dass ihr etwas zustößt. Alles klar?«
»Ja, bestens.« Das Lächeln war jetzt echt. So lächelte einer, der glücklich war, noch am Leben zu sein.
Click.
Der laufende Motor übertönte das Geräusch.
Aus dieser Entfernung und in tiefem Schatten war eine Aufnahme ohne Blitzlicht riskant. Die einzigen Lichtquellen waren die Straßenbeleuchtung und die Scheinwerfer der roten Limousine. Dass das VW-Cabrio so schnell anfahren würde, hatte er nicht erwartet. Auf dem Bild, das jetzt langsam sichtbar wurde, war verschwommen viel blondes Haar und silberfarbenes Blech zu sehen - ein Bild, das so rätselhaft war wie die blonde Frau selbst.
Detective Riker war schon in Indiana, nur noch einen Staat von Illinois entfernt, als sein Handy sich meldete.
»Sie hat mich abgehängt, Riker«, sagte der Überwacher aus Chicago. »Keine Ahnung, wie. So was ist mir noch nie passiert.«
Riker schwieg taktvoll. Es wäre nicht passiert, wenn der Kollege eine Meile Abstand zu dem VW gehalten hätte, aber nachdem er die Geschichte von der Touristin und dem Stalker erfahren hatte, begriff er, wie Mallory ihren Verfolger reingelegt hatte. Der Cop redete weiter, aber Riker hörte nicht mehr zu. Da er nicht an Zufälle glaubte, suchte er verzweifelt nach einer Verbindung zwischen einem Selbstmord in New York, einem Tatort in Chicago und einem Stalker in Illinois - und bekam prompt Kopfschmerzen.
»Tut mir echt leid«, schloss der Kollege seinen langen Bericht.
»Im Aufspüren von Beschattern ist sie groß«, sagte Riker. Mallory entdeckte Schatten sogar da, wo es keine gab. »Es ist eine besondere Gabe.« Mallory hatte ihr übersteigertes Misstrauen zu einer hohen Kunst entwickelt. »Aber schönen Dank, dass Sie sich die ganze Nacht um die Ohren geschlagen haben, da haben Sie was gut bei mir.«
»Hör ich gern. Wenn ich zurückkomme, kann ich meinem Boss nämlich nicht erzählen, dass ich Mist gebaut habe. Ich werde ihm einfach sagen, dass Sie die Überwachung abgeblasen haben. Wäre das okay?«
»Alles klar, ich gebe Ihnen Rückendeckung.«
»Danke. Habe ich schon erzählt, dass sie mir eine Kanone ins Genick gehalten hat?«
»Mist.«
»Soll ich mal raten? Sie hat gar kein Auto geklaut. Sie arbeitet bei der Polizei. Und sie ist die Person, auf die der Wagen zugelassen ist - Detective Mallory.« Als keine Antwort kam, setzte der Kollege aus Chicago noch einen drauf: »Wie eine, die Volkswagen fährt, ist sie mir nicht vorgekommen.«
Mallory suchte nach einer Auffahrt zu der belebten Interstate 55, wo sich in kurzen Abständen Hinweisschilder auf Tankstellen mit Vierundzwanzig-Stunden-Service befanden. Die Landschaft lag im Dunkelgrau der Stunden weit vor Sonnenaufgang.
Dann aber hatte sich die Suche nach einer Auffahrt erledigt, denn vor ihr tauchten die Lichter einer Tankstelle auf. Andere Fahrer hätten sich vermutlich über diesen Anblick um diese Zeit gefreut, für Mallory aber war das nur ein Grund mehr zum Misstrauen. Es war eine kleine Tankstelle mit nur einer Zapfsäule. Wie sie nur von den Einheimischen leben konnte, war ihr ein Rätsel, denn die gleich nebenan verlaufende Interstate zog die Pendlerkundschaft ab, und eine Werkstatt gehörte
offenbar nicht dazu. Es gab keinen Grund aufzumachen, ehe es hell geworden war, trotzdem döste neben der Zapfsäule ein Junge im Overall, als sie vorfuhr.
Jetzt kam aus der Holzbaracke ein alter Mann, der sich im Gehen den Schlaf aus den Augen rieb und die Hose hochzog. Mallory winkte ab und steckte den Schlauch selbst in den Benzinstutzen. Der Alte zuckte gleichmütig die Schultern, reckte aber mahnend einen knorrigen Finger hoch. »Bargeld lacht! Von diesen Scheißkreditkarten halt ich nichts.«
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