Such mich Thriller
herauszuholen, damit ein kleines Mädchen sich nicht mehr vor ihm fürchten musste.
Charles beugte sich zu Mallory hinüber. »Das war eine glatte Lüge. Es ging nicht um das Hemd, sondern um den Song.«
Mallory nickte.
Sie beobachtete jetzt Joe Finn, der langsam quer durch den Raum auf Dale Berman zukam und ihn hasserfüllt ansah.
In dem gleichen tonlosen Singsang, in dem er seiner Tochter ein Märchen hätte vorlesen können, sagte der Boxer: »Entweder lassen Sie meine Tochter in Ruhe, oder ich schlage Ihnen sämtliche Zähne aus.«
Mallory war mit Joe Finn, dem Feind ihres Feindes, sehr einverstanden.
Als Riker mit einem anderen Hemd in der Hand ins Restaurant zurückkam, nahm Mallory ihn in Gnaden wieder auf, und er schwor sich, nie wieder Witze über ihr Auto zu reißen.
Sie nahm ihm das Hemd ab, hängte es über seine Stuhllehne und versicherte ihm, nachdem Charles Butler ihr ermunternd zugenickt hatte, dass er sich wegen Dodie Finn nicht umzuziehen brauchte. »Die Kleine ist nicht ansprechbar, ihr ist es völlig einerlei, ob du ein rotes Hemd anhast oder einen Frauenfummel.« Sie rückte den Laptop so, dass er die frisch gestohlene FBI-Datei sehen konnte. Der Codename, den sich die Feds für den Serienkiller ausgedacht hatten, lautete Mackie Messer .
»O verdammt, was hab ich mit der Kleinen gemacht!« Er hatte zu ihrer gruseligen Melodie den Text gesungen und nach ihr gegriffen wie ein schwarzer Mann. »Und warum hat Dale das von dem roten Hemd erzählt?«
»Reine Ablenkung«, sagte Charles. »Das Geheimnis jedes guten Zauberers. Du denkst an das rote Hemd und achtest nicht auf den Song.«
Mallory wandte sich zur Tür, wo gerade ein schlanker rothaariger Mann im dunklen Anzug aufgetaucht war. »Riker, wir kriegen Ärger. Da kommt ein Profiler.«
Riker hielt sein Handy hoch. »Kronewald hat angerufen. Ich soll dir sagen, dass er Cadwaller überprüft hat. Seinen letzten Einsatz hatte er tatsächlich bei der Freak-Brigade.«
»Dem Dezernat für Fallanalysen?« Charles drehte sich nach dem Rothaarigen um. »Aber das sind keine Akademiker. Ich denke, euer Kriterium für einen Psychodoc, wie ihr sagt, ist eine Akkredition und …«
»Stimmt«, unterbrach ihn Mallory - wie meist, wenn seine langen und vorhersehbaren Sätze ihre Geduld auf eine allzu harte Probe stellten. »Aber Cadwaller ist ein Stümper, deshalb haben sie ihn Dale für den Außendienst angehängt.«
Cadwaller sprach jetzt mit Dale Berman, der auf Finns Tisch deutete. Als Cadwaller sich der kleinen Familie näherte, stand Joe Finn auf, bereit, den Agenten - notfalls durch ein geschlossenes Fenster - wieder auf den Parkplatz zu befördern, wenn er noch einen Schritt näher kam.
Cadwaller machte es offenbar nichts aus, in einem Raum voller FBI-Agenten und Cops sein Gesicht zu verlieren, denn er wich zurück und hob beschwichtigend die Hände. Damit war klar, dass er keinerlei Erfahrung im Außendienst hatte. Eine FBI-Vorschrift besagte, dass jeder Agent bewaffnet sein musste, er aber sah aus wie jemand, der es nicht gewöhnt war, mit einer Schusswaffe herumzulaufen. Oder vielleicht hatte er morgens auch sein Schießeisen im Motelzimmer liegen lassen - zusammen mit seiner Courage. Eben noch war Cadwaller für Riker ein ganz gewöhnlicher Mann gewesen, vielleicht ein bisschen nichtssagend, jetzt empfand er ihn als irgendwie unheimlich, weich und geschlechtslos.
Peter sah, wie der Rothaarige auf sicheren Abstand zu seinem Vater ging und Berman ein Blatt Papier in die Hand drückte. Jetzt sahen beide Dodie an. Peter hatte das schon einmal erlebt. Damals hatte man ihn und seine Schwester dem Vater weggenommen, sie hatten ihn nicht mal besuchen dürfen. Es war den FBI-Agenten damals nicht schwer gefallen, seinen Dad zu jenem letzten Kampf zu überreden. Seine Kinder waren weinend zurückgeblieben, und das war für das Jugendamt Anlass genug gewesen, sie abzuholen.
Auch Joe Finn schüttelte benommen den Kopf, als wollte er
sagen: Nein, nicht noch einmal. Er sah seinen Sohn an, aber das aufmunternd gemeinte Lächeln misslang.
Peter sah sich suchend nach Helfern um, die nicht befürchten mussten, vom FBI wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt verhaftet zu werden. Riker kam nicht in Frage, der verstand sich zu gut mit der FBI-Agentin. Blieb die große, hübsche Blondine, die er zum ersten Mal in dem Diner in Illinois gesehen hatte. Auch in dem Camp in Missouri war sie gewesen und hatte dort mit Dr. Paul gesprochen. Damals hatte
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