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Autoren: Monica Kristensen
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Polarinstitut kam hereingestapft.
    Kjell Lode sagte nichts, schaute nur bedeutungsvoll auf die dicken Fellstiefel, die der Forscher nicht in der Garderobe ausgezogen hatte. Das war ein schwerer Fehler auf Spitzbergen, hier herrschte das geschriebene und ungeschriebene Gesetz, dass man fast alle Lokale auf Strumpfsocken betrat.
    »Ich habe euch jetzt seit Jahren immer wieder mitgeteilt, dass hier Wilderei an Rentieren in großem Stil ausgeübt wird. Und dabei rede ich nicht von der Herde, die sich um Barentsburg herum aufhält. Da achten sie zumindest drauf, dass sie nur so viele Tiere schießen, dass die Herde überleben kann. Ich rede von den Rentieren auf der Ostseite, und das weißt du nur zu gut.« Der Forscher bohrte seinen strengen Blick in Kjell Lode, als hätte der bereits protestiert, und ließ sich auf einen der Stühle vor dem Schreibtisch fallen. Der andere Stuhl war bepackt mit Stapeln von Akten und Büchern, die fast umgekippt wären, als der Besucher seine langen Beine ausstreckte.
    »Wo ist eigentlich der Umweltbeauftragte?«
    »Der hat doch schon vor Monaten aufgehört. Das habe ich dir bereits letztes Mal erzählt, als du hier warst.«
    »Aber kommt nicht bald ein neuer? Der Umweltschutz ist das Wichtigste hier auf Spitzbergen. Und die Regierungsbevollmächtigte nimmt das ja wohl nicht so ernst, oder?«
    Kjell Lode wippte auf seinem Bürostuhl vor und zurück und betrachtete seinen Besucher. Bin ich dafür verantwortlich?, dachte er. Nein, bin ich nicht. Und habe ich Anne Lise das nicht schon oft genug gesagt? Ja, habe ich.
    »Aber dann bist du doch wohl derjenige, der den Umweltbeauftragten vertritt, oder? Irgendjemand muss ja hier die Verantwortung übernehmen. Die Rentiergruppe ist bald nicht mehr überlebensfähig. Ich schätze mal, dass im Laufe der letzten Jahre gut fünfzig Prozent verschwunden sind. Und die Wilderei scheint nur noch zuzunehmen. Die Täter werden von Mal zu Mal frecher.«
    »Und wer sind die Täter? Hast du da was rausgekriegt?« Kjell hörte auf zu wippen und beugte sich interessiert vor.
    »Nein. Aber ich wette, um was du willst, dass sie gerade jetzt wieder dabei sind, in den dunkelsten Monaten des Jahres. Und sie haben sich die Herde im Osten ausgesucht, weil die sich in einem unzugänglichen Gebiet befindet, das aber gleichzeitig nicht so weit von Longyearbyen entfernt liegt.«
    Der Denkmalschutzbeauftragte nickte nachdenklich. »Da magst du wohl Recht haben. Aber hast du auch weiter überlegt? Wo bleibt das Fleisch? Keines der Restaurants hier serviert gewildertes Fleisch. Und wie du selbst sagst, versorgen die Russen in Barentsburg sich selbst. Und es ist eine ganze Menge Fleisch, von der hier die Rede ist. Laut deinen eigenen Berechnungen wohl so zwei-, dreitausend Kilo, oder? Das werden sie in Longyearbyen nicht los, ohne dass etwas durchsickert. Also, wo geht das Fleisch hin?«
    Kjell Lode hatte das Gefühl, langsam alt zu werden. Er hätte dem Rentierforscher eigentlich vorschlagen sollen, mit ihm gemeinsam auf die Ostseite fahren und nach den Kadavern zu suchen. Was natürlich zu dieser Jahreszeit ein schwieriger Job war. Aber wenn sie genug Geduld aufbrachten und ein bisschen Glück hatten, dann würden sie schon etwas finden. Vielleicht sogar die Spuren von Schneescootern, denen sie folgen konnten, um herauszufinden, woher diejenigen kamen, die hier ihr böses Spiel trieben. Aber das jetzt im Januar? In der Dunkelheit und Kälte draußen in den fast unpassierbaren Gebirgspässen im Osten? Nein, danke, das war nichts für ihn. So leid es ihm tat.
    Die Regierungsbevollmächtigte selbst fuhr nur selten hinaus, sie konnte sich hinter ihrem Posten als oberste Beamtin im Büro und Verbindungsperson zum Justizministerium in Oslo verstecken. Was sie nie zugeben würde, aber ein Naturmensch war sie ganz offensichtlich nicht. Mit ihr eine Scootertour zu veranstalten, war fast gefährlich, wie Erik Hanseid gespöttelt hatte, der ganz im Gegensatz dazu draußen war, sobald sich die Gelegenheit bot. Das war ein richtiger Cowboy, der neue Polizist. Wohingegen Tom Andreassen natürlich der erfahrenere Beamte war, der in den fünf Jahren, die er hier auf Spitzbergen lebte, schon so ziemlich alles durchgemacht hatte. Und dann war da noch Knut Fjeld. Der etwas zu draufgängerisch war, ziemlich verwegen auf seinem Schneescooter in Gebieten, die andere lieber mieden. Aber jetzt humpelte er mit seinen Frostschaden ziemlich herum, nachdem er anderthalb Zehen seines linken Fußes

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