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wollte er wütend auftreten. Doch die beiden Polizeibeamten, die sich auf die andere Seite des Tisches setzten, sahen ihn mit so ernster Miene an, dass er kein Wort herausbrachte.
»Du weißt, warum du hier bist?«, fragte Jan Melum.
»Nein, aber …« Weiter kam er nicht.
»Hör auf mit dem Theater und leg die Karten auf den Tisch«, unterbrach Tom Andreassen ihn.
»Die Karten …? Ich werde in aller Herrgottsfrühe aus dem Bett geholt. Und dann soll ich hier sitzen und Rätsel raten? Was für Karten bitteschön?« Lars Ove machte einen zaghaften Versuch, Terrain zu gewinnen, fühlte sich in seinem Inneren dabei jedoch, als hätte er etwas Verdorbenes gegessen. Sein Magen schlug Purzelbäume und drohte damit, sich so einigen angesammelten Junkfoods zu entledigen. »Kann ich eine rauchen?«
»Nein, hier drinnen ist Rauchverbot.« Jan Melum sah ihn mit kaltem Blick an.
»Nun ja, ich …« Er hatte das Gefühl, am Rand eines Abgrunds zu stehen, und die Schuhspitzen ragten bereits über den sicheren Boden hinaus. Was hatte er zu sagen? So wenig wie möglich natürlich. Aber wie konnte er sie dazu bringen, in eine andere Richtung weiterzusuchen?
»Ihr wollt bestimmt eigentlich mit Kristian reden. Der weiß viel mehr darüber als ich. Ja, und dieser Polizist, der aus Bergen hergekommen ist. Der war ja selbst da.«
»Erik Hanseid?« Tom Andreassen sah ihn verblüfft an.
»Ja. Wir haben ihn gesehen.«
Der Polizeibeamte vom Festland warf Andreassen einen Blick zu. »Was meint er damit?« Und an den Bergmann gewandt: »Was hat Hanseid damit zu tun? Meinst du die Seilbahnzentrale?«
Lars Oves Stimme ging ins Falsett über. »Die Seilbahnzentrale? Was zum Teufel …« War er hier im Irrenhaus gelandet? Waren die Leute von der Polizei jetzt total durchgedreht? »Aber wir haben doch unser Schmugglergut nie in der Seilbahnzentrale versteckt.«
Für einen Moment war die Verwirrung im Vernehmungszimmer komplett. Dann fing Jan Melum an zu lachen. Kurz darauf fiel Andreassen in das Gelächter ein, und sicherheitshalber kicherte auch Lars Ove ein wenig. Doch gleichzeitig beobachtete er die Polizeibeamten mit wachsamem Blick. Es war das Beste, auf der Hut zu sein. Diese beiden ihm gegenüber waren ja unberechenbar.
»Fangen wir noch einmal von vorn an«, sagte Jan Melum schließlich und schüttelte den Kopf, während er immer noch schmunzelte. »Uns geht es darum, herauszufinden, ob ihr, die ihr mit Steinar Olsen befreundet wart, möglicherweise wisst, wo er seine Tochter versteckt haben könnte. Und du bist offensichtlich in erster Linie daran interessiert, ein Geständnis abzulegen über den Schmuggel, den ihr da getrieben habt, ja? Nun gut. Dann nehmen wir uns den zuerst vor.«
Doch jetzt war Lars Oves Geduld zu Ende. Er warf den beiden Beamten einen Blick aus runden, blassen Augen zu, wie ein sterbender Fisch. Er war reingelegt worden, dazu gebracht worden, etwas zu sagen, was er gar nicht hatte sagen wollen, und außerdem fürchtete er Kristians Wut noch mehr als die Polizisten da vor ihm. Sein Mund klappte mit einem deutlichen Laut zu, und er öffnete ihn nicht einmal, um einen Schluck Kaffee zu trinken. Keine Frage, ob nun freundlich oder wütend, konnte ihn dazu bringen, etwas zu sagen.
Nach einer Stunde nutzloser Versuche machten sie eine Pause.
»Anscheinend weiß er gar nichts von dem Feuer gestern«, sagte Jan Melum. »Und dass Steinar Olsen schwer verletzt ist und mit dem Krankentransport nach Tromsø gebracht wurde. Aber ich sehe nicht, wie wir diese Informationen nutzen können, um ihn zum Reden zu bringen. Was meinst du? Mir scheint es so, als hätte er überhaupt keine Ahnung, wo Ella Olsen sein könnte.«
»Nein, er ist nur darauf bedacht, dass wir nicht mehr über seine Schmuggeltätigkeiten herauskriegen.« Tom Andreassen nickte. »Außerdem hat er eine Scheißangst vor seinem Kumpel.«
Lund Hagen kam den Flur entlang auf sie zu. Er winkte sie in den Besprechungsraum. »So, jetzt passiert alles auf einmal.« Er ließ sich schwer auf einen der Stühle um den großen Tisch fallen, der mitten im Zimmer stand. »Sie haben aus dem Krankenhaus in Tromsø angerufen. Steinar Olsen ist tot. Sein Herz hat nicht mehr mitgemacht.«
Jan Melum und Tom Andreassen starrten ihn nur an.
»Ja, ihr könnt euch ruhig setzen. Ich habe mit einem von der Polizei in Tromsø gesprochen. Sie haben Kristian Ellingsen gefunden. In einer Pension im Norden. Er war gestern Abend auf der Piste auf Skarven und heute Morgen noch
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