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Süchtig

Titel: Süchtig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Richtel
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setzte sich lässig auf die Tischkante und wartete. Ich tat so, als müsste ich überlegen. »In der Zeitung stand, sie hätte nur überlebt, weil sie gerade auf der Toilette war, stimmt’s?«
    Als ich aufsah, merkte ich, dass mich der Lieutenant prüfend ansah. Falls er wusste, dass ich Erin kannte, ließ er sich nichts anmerken. Hatte Weller ihm das nicht erzählt?
    »Haben Sie gesehen, wie sie auf die Toilette gegangen ist?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Haben Sie Ihren Kaffee bei ihr bestellt?«
    »Ich habe ein Wasser getrunken.«
    Das fand er nicht witzig.
    »Nein.«
    »Erinnern Sie sich, sie im Café gesehen zu haben?«

    »Steht sie unter Verdacht, Lieutenant?«, fragte ich übertrieben respektvoll.
    Aravelo ignorierte mich. »Erzählen Sie mir von dem Saab.«
    Mir fiel ein, was Sergeant Weller mir gesagt hatte. Die Polizei hatte in der Nähe von Half Moon Bay einen roten Saab aus dem Wasser gezogen. Vielleicht genoss ich deswegen Lieutenant Aravelos Gastfreundschaft. Die Polizei hatte den Saab gefunden und wollte mehr darüber wissen. Immerhin hatte ich den Tipp gegeben. Jetzt wollten sie weitere Einzelheiten hören.
    »Hat die Frau auf dem Foto den roten Saab gefahren?«, erkundigte ich mich.
    Der Lieutenant ignorierte meine Frage. »Wissen Sie noch, wie das Auto genau aussah? Was für eine Innenausstattung? Leder? Was ist mit dem Kennzeichen? Irgendwelche Auffälligkeiten?«
    Das musste die Polizei doch besser wissen als ich. Vielleicht wollten sie nur sichergehen, dass es das richtige Auto war.
    Es konnte schließlich nichts schaden, wenn ich seine Fragen beantwortete. Das meiste hatte ich ja bereits direkt nach dem Anschlag gesagt. Also wiederholte ich meine Aussage.
    »Ich habe nicht besonders auf das Auto geachtet.«
    Das schien ihm einzuleuchten.
    »Warum fragen Sie nach dem Saab?«, erkundigte ich mich.
    Keine Antwort. Ich legte nach. »Haben Sie ihn gefunden?«
    Lieutenant Aravelo verzog die Lippen zu einem schmalen, kontrollierten Lächeln, das alles bedeuten
konnte. Ich legte es als Bewunderung für meine Taktik aus. »Woher wissen Sie das?«, fragte er.
    Das war eine verständliche Frage, nur war ich leider nicht darauf vorbereitet. Auf keinen Fall wollte ich Sergeant Weller und meine Beziehung zu ihm gefährden. Vielleicht spielten Weller und Aravelo im selben Team, vielleicht auch nicht.
    Als ich mich von Erin verabschiedete, hatte sie gesagt, ich würde schon wissen, was ich sagen musste, wenn ich Aravelo gegenübersaß. Ganz allmählich dämmerte mir, was hier lief.
    »Die Explosion ist nur die Spitze des Eisbergs«, sagte ich. »Mit dem Café stimmte etwas nicht, und zwar lange, bevor es in Flammen aufging. Sie wissen das. Ich weiß es. Hören Sie bitte auf, mich wie einen Vollidioten zu behandeln.«

    »Ich lese in Ihnen wie in einem offenen Buch.«
    Auf diese Reaktion war ich nun wirklich nicht gefasst gewesen. Aus zusammengekniffenen Augen sah ich ihn an.
    »Wissen Sie, warum Frauen nicht wollen, dass Männer in Striplokale gehen?«
    Ich verstand immer noch nichts.
    »Es geht nicht um Titten und Ärsche, bei denen es manchen schon von selber kommt. Die Männer verlieben sich. Ein paar Minuten lang glauben wir, dass zwischen uns eine Beziehung besteht. Und die gibt es tatsächlich. Eine gute Stripperin öffnet sich ihrem Publikum. Weil wir wissen, dass es nicht von Dauer sein wird, öffnen wir uns ebenfalls. Wenn es klappt, geht es nicht mehr um Sex. Es geht um Liebe.«

    Er öffnete einen durchsichtigen Plastikbehälter mit dickflüssigem, erdbeerfarbenem Saft und trank.
    »Ein guter Polizist versteht sich auf Gefühle. Ich gebe meinem Gegenüber Einblick in meine Motive. Im Augenblick lese ich in Ihnen wie in einem offenen Buch. Ihre Angst stinkt, und nicht nur, weil es hier so warm ist. Ich sehe, dass Sie kurz vor dem Zusammenbruch stehen.«
    Er verschränkte die Hände.
    »Was haben Sie mit der Explosion zu tun?«, fragte er.
    »Lassen Sie mich doch in Ruhe.«

    Aravelo holte ein Notizbuch aus seiner hinteren Hosentasche und schlug es auf. Während er sprach, warf er immer wieder einen Blick auf seine Aufzeichnungen.
    »Sie haben das Café direkt vor der Explosion verlassen«, stellte er fest.
    Dann listete er alle übrigen Indizien auf. Ich wusste, dass der rote Saab gefunden worden war, obwohl das nicht allgemein bekannt war.
    »Und jetzt erzählen Sie mir, dass mit dem Café schon länger etwas nicht stimmt. Möchten Sie mir das vielleicht genauer erklären?«
    Seinen Fragen konnte

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