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Süchtig

Titel: Süchtig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Richtel
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versucht, ihn umzubringen?« Ich hatte meine Stimme wiedergefunden, aber meine Empfindungen waren ein einziges Chaos. Verzweiflung, das Gefühl des Verlusts, Verwirrung und immer noch eine Spur Hoffnung. »Was wolltest du vor der Explosion in dem Café?«
    Sie legte mir die Hand auf den Arm.
    »Du hast herausgefunden, was die beiden planten«, sagte ich, »und wolltest sie aufhalten. Aber es war zu spät. Sag mir, dass du keine Ahnung hattest, dass so viele Menschen ihr Leben verlieren würden. Das Labor.
Du liebst doch Tiere, sogar Ratten. Du hättest diese Experimente nie durchführen können.«
    Annie räusperte sich. »Mein Vater, mein Vater, mein Vater. Ich muss dir noch viel mehr erklären, ich weiß. Wir arbeiten im Hintergrund daran, alles wieder in Ordnung zu bringen.«
    Wir.
    Wie auf Kommando klopfte es an der Tür.
    »Tara«, rief eine gepresste Stimme. »Ich bin es.«
    »Ich komme schon, Cynthia«, sagte Annie. »Ich komme.«
    Sie ließ meinen Arm los. Ich versuchte gar nicht erst, ihr zu folgen. Mein Körper war wie gelähmt. An der Tür stand der blonde Engel.
    »Die Zeit ist um, Tara. Du musst weg.«

51
    Engel fliegen nicht. Sie fahren Minivans.
    Ich hatte das Gesicht sofort erkannt. Es war mein blonder Engel, die Frau mit dem straff zurückgesteckten Haar und der Handfeuerwaffe, die mich vor der Folter gerettet und zwei gestandene Cops ausgeschaltet hatte.
    Jetzt trug sie Jeans und eine Lederjacke.
    »Die Besprechung ist in drei Stunden«, sagte sie zu Annie. Dann sah sie mich an.
    »Nathaniel, Cynthia kennst du ja schon. Sie nennt mich Tara. Aus Sicherheitsgründen«, sagte Annie. »Cynthia arbeitet für mich. Sie ist Assistentin, Freundin, Scout und Bodyguard in einer Person. Wenn ich mich aus Sicherheitsgründen nicht blicken lassen kann, ersetzt sie mir Augen und Ohren. So kann ich selbst in Deckung bleiben.«
    »Fotografin ist sie auch«, stellte ich fest. »Wir sind uns vor dem Café begegnet.«
    Cynthia sagte gar nichts, aber ich konnte mich erinnern, dass sie mich nach dem Anschlag auffällig oft fotografiert hatte. Damals hatte sie behauptet, freiberufliche Fotografin zu sein.
    »Turtle, wo ist der Laptop?«

    Andy Goldsteins Laptop, den ich unbedingt hatte mitbringen sollen.
    »Der war in seinem Auto«, warf der blonde Engel ein. »Ich habe ihn in den Van gepackt.«
    Offenbar hatte sich diese Cynthia Zugang zu meinem Auto verschafft und sich selbst bedient. Was ich davon hielt, zählte wohl nicht. Ich starrte sie wütend an.
    Annie gab Cynthia mit einer Geste zu verstehen, dass sie noch ein wenig Zeit brauchte. »Eine Sekunde.«
    Als sie die Tür schließen wollte, legte Cynthia die Hand auf die Klinke. »Was ist mit der Frau?«
    Annie sah erst mich an, dann Cynthia.
    »Bring sie her.«

    Als sich Annie zu mir umdrehte, fiel mir wieder ein, wo ich ihr neues Gesicht schon einmal gesehen hatte: auf der Polizeistation. Das grobkörnige, verschwommene Foto einer Blondine, das mir Lieutenant Aravelo gezeigt hatte.
    »Die haben dein Bild«, sagte ich.
    »Was?«
    »Ich glaube, du hast versucht, alle im Café zu retten. Du hattest herausgefunden, was dein Vater und Elliott planten, und wolltest sie aufhalten. Aber du kamst zu spät und konntest nur noch mich herausholen. War es so? Dann solltest du mir das sagen, und zwar jetzt.«
    Ich schwankte erneut. Diesmal lag es weder an meiner Übermüdung noch an der merkwürdigen Krankheit, mit der mich mein Laptop infiziert hatte, sondern an der zunehmenden Gewissheit, dass Annie mich verraten hatte. Hatte ihre dunkle Seite die Oberhand gewonnen?

    Sie ließ die Reisetasche fallen und legte die Hände aneinander, als wollte sie mich anflehen, nicht so bockig zu sein. »Du musst hierbleiben, Nat. Du musst mir vertrauen. Bitte. Ich habe einen Plan, um meinem Vater das Handwerk zu legen und alles wieder in Ordnung zu bringen.«
    Mit einem Schlag sah ich die Vorgänge in einem völlig neuen Licht. Annie hatte die Kontrolle über die Ereignisse verloren. Sie kämpfte gegen ihre eigenen Dämonen und gegen ihren Vater. Dabei brauchte sie meine Hilfe. Was auch immer sie getan hatte, sie liebte und brauchte mich. Glenn Kindle war der Kern des Problems. Ich konnte nicht mehr klar denken, so erschöpft war ich.
    »Ich komme mit. Du willst dich mit ihm treffen, habe ich Recht? Du willst deinen Vater in Las Vegas stellen.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Zu riskant. Du musst hierbleiben.«
    Nachdenklich betrachtete ich ihr Gesicht.
    »Sieh dir doch an, was er mir

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