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Süchtig

Titel: Süchtig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Richtel
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ich.

    Es dauerte einen Moment, bis wir merkten, dass meine Aktion gar nicht so vergeblich gewesen war. Ein Sofakissen stand in Flammen. Erin brachte sich schleunigst in Sicherheit. Cynthia betrachtete seufzend die absurde Szenerie, als ich seitlich von ihr ein metallisches Funkeln sah. Erin hatte die Schüssel gepackt, die Annie für die Wundreinigung verwendet hatte, und knallte sie Cynthia gegen den Kopf.
    Sie taumelte benommen, drehte sich zu Erin um und hob die Waffe. Mit einem Hechtsprung warf ich mich auf sie und rang sie zu Boden. Sie betätigte den Abzug, aber die Kugeln gingen daneben. Mit der einen Hand versuchte sie, ihren Kopf vor weiteren Schlägen zu schützen, mit der anderen umklammerte sie die Waffe, die ich ihr jedoch bald entrissen hatte. Wenige Augenblicke später hatten wir den Engel unter Kontrolle gebracht.
    Mit Erins Fesseln banden wir ihr die Hände auf den Rücken. Nachdem wir ihr einen Eisbeutel auf den Kopf gelegt hatten, wählte ich die Notrufnummer und legte den Hörer neben den Apparat.

53
    »Die kommt schon wieder in Ordnung«, sagte ich. »Vielleicht eine Gehirnerschütterung. Muss aber nicht sein. Auf jeden Fall wird ihr ordentlich der Schädel brummen.«
    Wir waren auf dem Zubringer zum Highway unterwegs, der uns nach Las Vegas führen würde.
    »Blödsinn! Wir brauchen keine Entschuldigung. Jeder hat seine Grenzen. Das war Selbstverteidigung. Sie hätte … Wir hätten tot sein können.«
    In den letzten beiden Tagen hatte ich mich nicht nur in einer Anwaltskanzlei herumgeprügelt, sondern auch noch versucht, eine Frau in Brand zu stecken. Hoffentlich hatte Erin Recht, und ich wurde tatsächlich von meinem Überlebensinstinkt getrieben. Oder war mein Gehirnstoffwechsel so durcheinander, dass mich nach Blut dürstete? Und welche Mengen von Adrenalin hatten mich glauben lassen, dass ich diese Frau überwältigen konnte?
    Dann musste ich lächeln. Im Grunde hatte Erin Cynthia außer Gefecht gesetzt.
    »Was gibt’s da zu lachen?«
    »Dieser Schlag, mit dem du die Frau ausgeschaltet hast. Hast du den bei deiner Tanztruppe gelernt? Sah
mir echt nach einem Karateschlag mit sozialem Bewusstsein aus.«

    Unterwegs hielt ich an einem Supermarkt und kaufte ein Handy mit Prepaidkarte. Ich zahlte bar. Bullseye nahm nach dem vierten Klingeln ab. Den Hintergrundgeräuschen nach war er im Casino. Er gab mir Mike.
    »Der Laptop ist unterwegs. Ich muss wissen, wohin.«

    Ich hängte auf und erkundigte mich bei Erin, wie es ihr in den letzten vierundzwanzig Stunden ergangen war.
    Sie hatte in der Akupunkturpraxis gewartet, als die beiden Polizisten auftauchten. Zuerst hatte sie gedacht, sie wollten sie verhaften. Der dunkelhäutige Hüne hatte sie sofort gepackt. Velarde. Sie befreite sich und versuchte wegzulaufen.
    »Er hat seinen Knüppel benutzt. Ich sah den Schlag kommen, aber ich war wie gelähmt. Irgendwann wachte ich auf dem Boden vor der Eingangstür auf.«
    Ihre Hände waren gefesselt gewesen, als sie zu sich kam. Cynthia war da und sagte, sie würde ihr helfen. Dann verabreichte sie ihr ein Beruhigungsmittel. Als Erin erneut aufwachte, lag sie gefesselt in einem Van. Es war unerträglich heiß.
    Körperlich würde sie schon wieder in Ordnung kommen, aber sie musste zu einem Arzt. Obwohl sie weder lethargisch wirkte noch lallte, fürchtete ich eine Gehirnerschütterung. Außerdem musste sich jemand ihr Bein ansehen. Wahrscheinlich reichte es, wenn die Wunde ordentlich gesäubert wurde.
    Vielleicht brauchte sie eine Tetanusspritze und ein
Antibiotikum, aber das konnte nur ein Arzt entscheiden.
    »Es tut mir leid, Erin.«
    Die Tachonadel kletterte auf hundertfünfzig. Erin legte ihre Hand auf meine Seite – genau über dem Verband.
    »Wie war es?«
    »Die Attacke mit dem Briefbeschwerer?«
    »Du bist angegriffen worden?«
    Ich nickte.
    »Ich meinte eigentlich das Wiedersehen mit Annie.«
    Zuerst sagte ich gar nichts, weil ich mit den Tränen kämpfte.
    »Das weiß ich noch nicht so recht.«
    »Ich kann mir euch beide gar nicht zusammen vorstellen«, sagte sie leise. »Entgeht mir da etwas?«
    Die Frage klang rhetorisch.
    »Also, was ist dir zugestoßen?«
    Ich rieb mit der Handfläche über meinen Verband. »So ziemlich dasselbe wie Andy.«
    Ich erzählte ihr von Weller, Velarde und den Akupunkturnadeln, meiner Rettung durch Cynthia und der Auseinandersetzung mit Dave Elliott. Davon, dass Bullseye und Mike Andys Laptop für mich mit GPS ausgerüstet hatten. Schließlich kam ich zu meiner

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