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Süchtig

Titel: Süchtig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Richtel
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war in einen Auffahrunfall verwickelt. Mein Vordermann hat plötzlich an einer Ampel gebremst. Vielleicht sollte ich doch mit den Börsengeschäften aufhören, wenn ich am Steuer sitze.«
    Kindle erhob sich und machte einen Schritt in meine Richtung. Für einen Moment wirkte er verwirrt.
    »Er hat uns bei den Tests geholfen«, sagte Annie, ohne sich aus der Ruhe bringen zu lassen. Bedeutete der respektvolle Ton, dass sie mit ihrem Vater zusammenarbeitete? Oder standen sie auf verschiedenen Seiten?
    Kindle wandte sich an seine Gäste. »Würden Sie uns bitte einen Augenblick entschuldigen? Ich muss mit Tara unter vier Augen reden.« Er lächelte aalglatt. »Das hätten wir eigentlich vorab klären sollen, ich weiß.«
    Helen Douglass lachte in sich hinein.
    Offenbar hieß Annie für die Anwesenden Tara. »Wir wollen unsere Gäste doch nicht allein lassen«, gab sie zu bedenken.
    Ihr Vater biss die Zähne zusammen. Ohne mein Insiderwissen wäre mir die indirekte Warnung in ihren Worten entgangen – was wenn ich mich vor den beiden Managern verplapperte? Die anderen merkten offenbar nichts von der Spannung zwischen Vater und Tochter. Oder sie wussten mehr, als ich ahnte.
    »Stimmt auch wieder«, gab Kindle widerwillig zu.
    Latzke, ein Mann mit dichtem, welligem Haar und kräftigen Händen schien die Führung übernommen zu haben. Nun sah er auf die Uhr. »Wo steckt denn bloß Ira Rothsberger?« Er zwang sich zu einem Lächeln. Ein guter Manager zeigt in der Öffentlichkeit keine Gefühle.

    Helen Douglass beugte sich vor. »Machen wir weiter.«

    Ich ließ mich auf der Couch nieder. Über die beiden Geschäftsleute wusste ich wenig. Mir war nur bekannt, dass Douglass vorgeworfen wurde, mehr Charisma als Substanz zu besitzen, was sie in ihren Reden gern als sexistisch bezeichnete. Latzke war der geborene Verkäufer. Er glaubte mit religiösem Eifer an seine Firma. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass einer der beiden wissentlich in die finsteren Machenschaften der letzten Tage verwickelt war. Es musste um etwas anderes gehen.
    »Wann halten Sie Ihre Rede?«, fragte Kindle Helen Douglass.
    »Morgen Früh«, erwiderte sie gelangweilt. »Bringen Sie mich auf den aktuellen Stand.«
    Glenn Kindle holte tief Luft. »Sollen wir nicht auf Mr Rothsberger warten?«
    »Wir wollen doch nicht bis Mitternacht hier herumsitzen«, erwiderte Latzke mit seinem stereotypen Lächeln.
    Helen Douglass hatte ein Blatt Papier vor sich liegen, das mit handgeschriebenen Notizen bedeckt war. Nun warf sie einen Blick darauf. »Geben Sie mir eine kurze Zusammenfassung. Ich war nicht bei der Besprechung in Taos.«
    Sie wirkte erstaunlich gelassen. Beide Manager waren absolut entspannt. Mir war mittlerweile klar geworden, dass sie keine Ahnung von dem Ausmaß der Katastrophe hatten, die über die Kindles und ihr Lieblingsprojekt hereingebrochen war.

    Annie hielt den Kopf gesenkt und schickte offenbar eine SMS. Als sie meinen Blick spürte, sah sie auf und lächelte mich an. War die Nachricht für mich bestimmt? Ich hatte das Agenten-Handy gar nicht mehr.
    »Werbung über die Tastatur«, sagte Latzke zu Helen Douglass.
    »Genau.« Glenn Kindle hatte sich wieder gefasst. Er gab seine zögernde Haltung auf und übernahm erneut die Leitung des Gesprächs. Mit dem kurzärmeligen schwarzen Polohemd wirkte er wie der Inbegriff des lässigen Kaliforniers.
    »Wir haben zwei Methoden zur Intensivierung der Interaktion zwischen Mensch und Computer entwickelt. Bei einer davon wird bei jedem Tastenanschlag ein nicht wahrnehmbarer Stromstoß abgegeben, der einen Impuls an das Lustzentrum des Benutzers sendet. Jede Tastaturberührung wird durch einen Impuls belohnt. Es handelt sich um eine Verstärkung der Empfindungen, die durch Erhalt oder Versand von E-Mails und anderen Informations-Inputs ausgelöst werden. Abgewandelt wirkt dieses Prinzip auch bei Handys und anderen Geräten.«
    Er legte eine Pause ein.
    »Ein aufgepepptes Crackberry.«
    »Ich bin schon infiziert.« Helen Douglass lachte, unterbrach sich aber rasch selbst. »Funktioniert das wirklich?«
    »In gewisser Weise ist es bereits umgesetzt«, erwiderte Glenn Kindle. »Die Controller von Video-Spielkonsolen vibrieren, wenn der Spieler seine Waffe abfeuert oder wenn seine Bildschirmfigur angegriffen wird. Unsere Handys vibrieren ebenfalls, um auf sich
aufmerksam zu machen. Diese Technologie wollen wir verfeinern. Angesichts der Entwicklung in der Neurologie wissen wir immer genauer, wie wir die

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