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Süden und das Geheimnis der Königin

Süden und das Geheimnis der Königin

Titel: Süden und das Geheimnis der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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den Duft des gemähten Grases einatmete, im Vorbeigehen mit der Hand über Sträucher und Schilfgräser strich, desto tiefer versank ich in einer Stille, die mir fremd war und dennoch gefiel, die mich beinah vergessen ließ, weshalb ich hierher gekommen war. Und für eine Weile dachte ich nicht mehr an die Dinge, die ich erfahren hatte, seit der Tote in der Bruchbude gefunden worden war, ich durchquerte den weitläufigen Park, blieb im Schatten der alten Bäume stehen, und der Anblick der grünen wohlgeordneten Landschaft erfüllte mich mit ungewohnter Freude. Es war tatsächlich Freude, was ich an diesem Vormittag empfand, eine geheime unbändige Freude, die ich mir nicht erklären konnte. Was für ein lächerlicher Schwur, dachte ich, an einen unerschütterlichen Ahornstamm gelehnt. Ich legte den Kopf in den Nacken und schloss die Augen und drückte die Hände flach und fest gegen die Rinde. Und zum ersten Mal nach jenem Sonntag, an dem ich sechzehn Jahre alt war und mein Vater spurlos verschwand, hielt ich es für möglich, dass es einen Ort gab, an dem ich unverloren sein könnte, länger als einen Moment. Das hielt ich wirklich für möglich, an einen verdammten Baumstamm gelehnt, mitten in einer Gegend, bei der an den Rändern nur noch die gestrichelten Linien zum Ausschneiden und Einkleben fehlten. Ich ging zur Rezeption und schenkte mir ein Glas Weißwein ein. Und anschließend ein zweites. Und in diesem Moment kam Tina Hefele herein, in Shorts und einem weißen T-Shirt mit dem Aufdruck »Lisbeth«.
    »Jetzt lernen wir uns endlich mal persönlich kennen«, sagte sie.
    »Ich bin Frau Hefele.« Sie streckte mir die Hand hin, die kalt war.
    »Möchten Sie ein Glas?«, fragte ich. Die drei Hunde schlichen um Frau Hefeles braun gebrannte Beine und wedelten mit dem Schwanz oder dem, was davon übrig war, wie bei Mr Dober, der, als Schritte auf dem Kies zu hören waren, bellte. Tina, die ich auf Mitte dreißig schätzte, schlug dem Hund leicht auf den Kopf und er verstummte. Es schien, als wären die drei Hunde nicht gerade ihre Lieblingsgeschöpfe.
    »Das ist ja eine kulturträchtige Gegend hier«, sagte Martin, der herein gekommen war, nahm ein Glas aus dem Schrank und schenkte sich ein.
    »Mein Mann isch ganz begeischtert«, sagte Tina Hefele. Ich sagte: »Und Sie?«
    »Bitte?«, sagte sie.
    »Sind Sie auch begeistert?«
    »Natürlich!«
    »Möge es nützen«, sagte Martin, erhob sein Glas und trank.
    »Kennen Sie einen Mann mit dem Namen Severino Aroppa?«, sagte ich.
    An einem kleinen Tresen, hinter dem ein Büroraum lag, zeichnete Tina Hefele Rechnungen ab.
    »Isch das der, den Sie suchen?« Sie legte einen der Zettel beiseite und schüttelte den Kopf.
    »Vor allem suchen wir eine Frau, Soraya Roos.« Birba, die Weiße, fläzte sich aufs Sofa und stieß einen Seufzer aus. Vielleicht war es auch ein Schnaubzer.
    »Hier bei uns?«, fragte Frau Hefele.
    »Ja«, sagte ich.
    »Mein Mann sagt, er kennt ihn nicht näher, er ist manchmal zu uns gekommen und hat mit meinem Mann über die Renovierung von Häusern gesprochen. Wir haben ja in dieses Anwesen schon viel reingesteckt, das können Sie sich vorstellen, Geld, Zeit, Ideen. Mein Mann hat dieses Landhaus entdeckt, auf einer seiner Reisen vor vielen Jahren, und er wollte es sofort besitzen, so ist er. Entschuldigen Sie mich.«
    Sie ging ins Büro, suchte einen Aktenordner heraus, verglich darin etwas mit einem Bogen, den sie vom Tresen mitgenommen hatte, und kam wieder zurück.
    »Haben Sie mal mit Severino Aroppa gesprochen, Frau Hefele?«, fragte ich.
    »Sicher«, sagte sie.
    »Mein Mann hat uns vorgestellt. Aber ich bin keine Architektin, ich verstehe einiges von Steuerrecht, ich hab Betriebswirtschaft und Jura studiert, nicht zu Ende, leider. Ich hab geheiratet und ein Kind bekommen, Sie haben sie bestimmt schon gesehen, Lisbeth. Im Augenblick schläft sie, sie ist auch ein bisschen krank, ich hab sie wahrscheinlich mit meiner Grippe angesteckt, die Arme.«
    »Sie wissen sicher auch nicht, wo Signor Aroppa wohnt«, sagte ich.
    »Nein«, sagte sie.
    »Haben Sie ihn nie gefragt?«
    »Nein, so etwas macht man nicht.«
    »Wissen Sie, ob er einen Cousin hat?« Ich konnte mir die Antwort selbst geben.
    »Nein«, sagte sie. Und während sie ein paar Zahlen auf einen Block schrieb, fügte sie hinzu: »Unser Verwalter, Herr Fadini, geht mit ihm öfter mal einen trinken, haben Sie den schon verhört?«
    »Wir verhören niemanden«, sagte Martin.
    »Verhöre gibt es bei

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