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Sühneopfer - Graham, P: Sühneopfer - Retour à Rédemption

Titel: Sühneopfer - Graham, P: Sühneopfer - Retour à Rédemption Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Graham
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hebt den Blick zu Alabama. Er liest Stolz in ihren Augen. Wieder sieht er Grady an, und mit einem Mal schnürt ihm ein derartiger Hass die Kehle zu, dass es wehtut. Noch einmal versucht er, die Faust zu ballen.
    Alabama lächelt ihm zu. »Collie?«
    »Was?«
    »Ich liebe dich!«
    Schlagartig schwindet der Schmerz, bis fast nichts mehr zu spüren ist. Ebenso schlagartig fällt auch die Angst ab.
    Grady fährt herum und stößt hervor: »Halt die Fresse, dreckige Nutte! Ich verbiete dir, einem Neger Liebeserklärungen zu machen!«
    Genau das hat Collie gebraucht: diesen Zorn und Alabamas Liebe. Sein Arm spannt sich, wird stark, elastisch, schnell. Er muss gar nicht alle Kräfte zusammennehmen: Sie sind schon da.
    Seine Faust schießt vor, und im Gesicht seines Gegners knackt es hörbar. In Gradys Nase ist offenbar etwas geplatzt, ein Schwall Blut schießt hervor. Grady taumelt rückwärts und wird von seiner Gefolgschaft aufgefangen. Ungläubig versucht er, sich wieder aufzurappeln. Er sieht, wie Alabama auf Collie zustürzt.
60
    Shepard ist in Great Falls, Montana, eingetroffen. Es regnet so stark, dass die Scheibenwischer Mühe haben, die Wassermassen halbwegs von der Windschutzscheibe zu schieben. Er betrachtet die grauen Hochhäuser hinter den Regenschleiern. Seit zwei Tagen folgt er Ezzies Spur anhand der toten Tiere, die der Riese zurücklässt. Immer mehr Kadaver. Ezzie bewegt sich per Autostopp vorwärts. Manchmal fährt er auf Güterzügen mit. Er schläft sehr wenig und ernährt sich von dem, was er findet. Außer einmal in Missoula, wo der Kellner in einem Burgerlokal Shepard von einem Riesen berichtet hat, der hereinmarschierte und einen Fünfzigdollar-Schein auf den Tresen legte.
    Der Kellner blickte den schmutzigen, durchnässten Koloss an und fragte: »Was darf’s sein?«
    Ezzie ließ die Augen über die Leuchttafeln mit den Großaufnahmen von saftglänzenden Burgern schweifen und sagte: »Alles.«
    »Je einen von jeder Sorte, meinen Sie?«
    »Ja genau, ich will alles.« Und in vertraulichem Ton fügte er hinzu: »Ich sterbe vor Hunger.«
    »Und wollen Sie auch was trinken?«
    Nach einem weiteren Blick auf die Leuchttafeln an der Wand antwortete Ezzie: »Ja, alles.«
    »Cola? Limo?«
    »Ja genau. Große Becher und keine Eiswürfel. Weil ich hab ja auch einen schrecklichen Durst!«
    Der Kellner, der seinen Kunden aus dem Augenwinkel beobachtete, belud zwei Tabletts mit Burgern, und auf ein drittes stellte er ein halbes Dutzend randvolle Pappbecher.
    »So, das sind zwölf Burger, davon sieben in Maxi, und sechs Getränke. Das macht dann genau neunundvierzig Dollar und dreiundzwanzig Cent.«
    Ezzie beugte sich nacheinander über alle Becher und beroch die Getränke darin. Dann richtete er sich wieder auf und sagte: »Sie haben Dr. Pepper vergessen.«
    »Ist leider aus.«
    Den Kellner überlief es kalt, als er Ezzies Blick über seine Kehle gleiten spürte, hinab und wieder hinauf.
    »Ich könnte Ihnen stattdessen Root Beer anbieten, wenn Sie wollen.«
    »Nein. Kein Root Beer. Das mag ich nicht.«
    »Vielleicht was anderes? Einen Milchshake? Einen Sundae? Geht auf Kosten des Hauses.«
    »Was für Milchshakes haben Sie?«
    »Erdbeere, Banane, Mango …«
    »Mango ist gut.«
    »Dann also ein Mango-Milchshake?«
    »Nö, offen gestanden ist mir Dr. Pepper doch lieber.«
    »Ja, aber wie ich schon sagte: Der ist aus, wir haben momentan keinen.«
    Wieder glitten die Augen des Riesen die Kehle des Kellners hinab und hinauf.
    »Na, macht auch nichts.«
    »Sicher?«
    »Ja.«
    Während er in den Regen vor den Fensterscheiben starrte, verspeiste Ezzie seine Burger. Und als der letzte Bissen gegessen war, stand er auf und ging.
    Im Grenzgebiet zwischen Idaho und Montana hätte Shepard beinahe seine Spur verloren. In jedem kleinen Nest, durch das ihn die Straße führte, suchte er das Büro des Sheriffs auf und fragte nach, ob in der Nähe Tiere umgebracht worden seien. In Biscane, kurz vor der Abzweigung nach Tyrani, sagte man ihm, man habe zwei Hunde ausgeweidet in ihrer Hütte gefunden und in derselben Nacht sei eine alte Frau im Schlaf erstochen worden. Aber zwischen Biscane und Tyrani wusste man von keiner Bluttat. Bis Missoula: Von dort an steckte Ezzie abermals seine Route ab und nagelte eine tote Katze an den Wegweiser nach Great Falls. Der Kadaver war frisch, die Leichenstarre hatte eben erst eingesetzt. Der Koloss musste also ganz nah sein.
    Im Schritttempo fährt Shepard die Straße neben dem Bahngleis

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