Sühneopfer - Graham, P: Sühneopfer - Retour à Rédemption
Zauberer?«
»Erst zeigen, dann reden.«
»Leck mich. Kommt nicht infrage, dass ihr mit euren Dreckspfoten meine nagelneuen Karten befummelt.«
»Und wie sollen wir spielen, wenn wir sie nicht anfassen dürfen? Etwa mit Telepathie?«
»Telekinese heißt das.«
»Was quatschst du, Neger?«
»Telepathie heißt Gedanken lesen können. Gegenstände mit Gedankenkraft bewegen, das nennt sich Telekinese, du Südstaatentrottel.«
Grady will schon auffahren, doch in dem Moment ertönt hinter dem Gestrüpp der Warnruf: »Achtung! Die Profose!«
Howard fegt seine Karten zusammen und versteckt die Einsätze unter einem Wurzelballen. Grady kratzt sich eine Wange blutig, und Peter sagt zu Ezzie: »Schnell, hau mir eine rein!«
»Ach nein, Pete, das kann ich nicht. Du bist doch mein Freund.«
»Eben! Mach schon!«
Peter dreht sich in dem Moment um, als Howard ausholt und ihm einen Faustschlag verpasst, der fest genug ist, um ihm die Wange aufzureißen. Peter zahlt es ihm sofort heim, und die anderen Bandenchefs tun es ihnen nach. Grady wirft einem seiner Leutnants, der für seinen Geschmack zu viel Kraft in den Schlag gelegt hat, einen mörderischen Blick zu.
Die Profose Surgeon und Helliwell eilen herbei. Argwöhnisch mustert Helliwell die geschwollenen Gesichter.
»Was treibt ihr hier, ihr schlampigen Luftkünstler aus der Unterwelt?«
»Wir haben uns geprügelt.«
Das kam von Johnny Pistazie, dem Anführer der Giftkröten. So heißt er, weil er ständig Pistazien zerbeißt und zielsicher die Schalen ausspuckt; und er trifft immer. Woher Johnny seine Pistazien hat, weiß kein Mensch, jedenfalls hat er immer die Taschen voll. Helliwell pflanzt ihm den Schlagstock unters Kinn. »Krieg der Chefs, wie?«
»Yeah.«
Helliwell lässt seinen Schlagstock auf Johnnys Schädel sausen, sodass der in die Knie geht. »Hier gibt es nur einen einzigen Chef, du Testikel!«, brüllt er. »Und das bin ich, kapiert?«
Johnny rappelt sich wieder auf. Blut rinnt ihm über die Wangen.
»Von mir aus könnt ihr eure Warme-Brüder-Geschichten unter euch ausmachen«, ruft Helliwell über die Schulter zurück, ehe er davongeht, »aber Schläge ins Gesicht sind verboten. Haut dorthin, wo man’s nicht sieht.«
Hasserfüllt blicken die Bandenchefs den Profosen nach, die hinter der Reihe der Weiden verschwinden, und warten, bis die Späher Entwarnung geben. Ein Pfiff ertönt. Die Pokerrunde setzt sich wieder zusammen. Peter zündet seinen Holunderstängel wieder an und sieht Howard beim Mischen zu.
65
Dicke Schweißtropfen rinnen nackte Oberkörper hinab. Zwischen zwei Einsätzen wirft Howard mit einer so präzisen und raschen Geste die Karten hin, dass die Bandenchefs davon wie hypnotisiert wirken. In den ersten Runden hat er ganz normal gegeben, um keinen Verdacht zu erregen. Auf diese Weise haben die Verlorenen Jungs etliche ihrer Baseballkarten eingebüßt, die sich jetzt vor den Bandenchefs stapeln. Dann begann Howard wie vereinbart zu schummeln und wechselt jetzt gewinnende mit verlierenden Händen ab. Seit einigen Minuten ist der Druck merklich gestiegen. Mehrere wertvolle Karten sind bereits auf seinem und Peters Stapel gelandet, darunter eine fantastische Bobby Ayala und drei Bagwells, die er Johnny Pistazie mit einem Vierling abgeknöpft hat. Totenstille liegt über der Pokerrunde. Howard hat gegeben, und der Pot ist bereits beachtlich: Josh Becketts, mehrere Brian Bass, einer davon auf Glanzpapier, Camerons und Shawn Camps und vor allem zwei Joe Carters und ein D. J. Carrasco, bei dessen bloßem Anblick die Spieler den Atem anhalten und sich mit der Zungenspitze über die ausgedörrten Lippen fahren.
Pistazie, der sich seiner Hand sicher ist, hat eben zwei nagelneue Blackburns ausgespielt, als irgendwo auf dem Gelände ein Geschrei und Gezeter anhebt. Um die Ordnungshüter abzulenken, zetteln die Vizes jeder Bande in allen vier Ecken Scharmützel an, kleine, brutale Keilereien, mit denen sie die Profose zwingen, angerannt zu kommen. Die Aufpasser schieben die Unruhe wahrscheinlich auf das herannahende Gewitter, das schon am Horizont grollt, was sie allerdings nicht daran hindert, den Schlagstock und den Ochsenziemer einzusetzen. Davon zeugen die Schmerzensschreie. Grady hebt den Kopf und wittert wie ein Kojote.
»Fehlt nur noch, dass die Vollidioten es übertreiben und die Drecksau von Reverend uns Hausarrest gibt.«
»Wieso heulen sie auch wie Tussen, deine Helden?«
Grady blickt zu Howard, dem das schweißnasse T-Shirt am
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