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Sühneopfer - Graham, P: Sühneopfer - Retour à Rédemption

Titel: Sühneopfer - Graham, P: Sühneopfer - Retour à Rédemption Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Graham
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gehen wir rein und reden wir. Aber du musst ein reines Herz haben, Peter Schaf. Sonst müssen mein Wolf und ich dich aufessen. Hast du ein reines Herz?«
    »Ja.«
    Peter steigt die Stufen hinauf, die unter seinen Schritten knarzen. Drinnen ist es dunkel und kühl. Ein schlecht gehobelter Tisch, wackelige Stühle. In einem alten gusseisernen Ofen brennen knisternd ein paar Holzscheite. In den Regalen reihen sich Konservendosen aneinander. Wie in der Hütte von Clint ist eine Klapptür in den Fußboden eingelassen, und Shepard erstarrt innerlich, als er auf den Bodenbrettern die blutigen Abdrücke von Stiefeln und Pfoten sieht. Er tastet nach seiner Waffe, die er hinten im Hosenbund stecken hat, und entsichert sie. Der Riese erhitzt unterdessen in einer leeren Konservendose Milch auf dem Ofen. Das Wolfsjunge kläfft und schnappt spielerisch nach den Hosenbeinen seines Herrn.
    »Ruhig, Wolf, mein Sohn. Papa ist gleich fertig.«
    Peter sieht zu, wie Ezzie mit einer Gabel die Haut von der Milch fischt.
    »Hast du gesehen, Pete? Ich nenne ihn ›Sohn‹. Dann denkt er nämlich, ich bin sein Vater, wenn er groß ist, und ich bringe ihm die Sprache der Menschen bei.«
    Der Riese trägt die Milchhaut ans andere Ende des Zimmers, wo sie auf einem Haufen weiterer getrockneter Häutchen landet. Er kehrt zum Ofen zurück und fragt, ohne sich umzudrehen: »Kannst du Wölfisch, Peter?«
    »Was?«
    »Ich frage, ob du die Sprache der Wölfe kannst. Die meisten Menschen können Hündisch oder Hyänisch oder Kojotisch, ohne es zu wissen, aber Wölfisch ist noch besser.«
    Ein seltsamer Laut dringt aus Ezzies Kehle, während er die Milch umrührt. Es hört sich an wie ein fernes Heulen. Das Wolfsjunge sitzt zu seinen Füßen und versucht ebenfalls ein Geheul, das einstweilen aber eher ein Fiepen ist.
    »Hörst du das, Pete? Er weiß, dass ich die Sprache der Wölfe spreche.«
    Der Riese nimmt die dampfende Konservendose vom Ofen und verteilt die Milch auf zwei Metallbecher und Wolfs Napf. Der taucht sofort seine Schnauze hinein und beginnt zu schlabbern.
    »Owu taheju huta, Wolf!«, sagt Ezzie.
    Das Wolfsjunge hebt eine milchweiße Schnauze und wedelt. Ezzie lächelt.
    »Wie möchtest du deine Milch, Pete? Mit Zucker? Honig?«
    »So, wie sie ist.«
    Ezzie setzt sich ans eine Tischende, Peter ans andere. Er sieht zu, wie der Becher zwischen den Pranken des Riesen verschwindet, als er ihn an den Mund hebt und schmatzend seine Milch trinkt.
    »Ich bin hier, um dir zu helfen, Ezzie.«
    Der Riese wischt sich mit dem Ärmel den Mund ab. Dann kratzt er sich unter der Mütze am Kopf und sagt: »Wie damals, als du geschworen hast, du holst uns alle aus Redemption raus, ja?«
    Ein Rinnsal Blut schlängelt sich sein Gesicht hinab.
    »Ezzie?«
    »Ja.«
    »Du blutest.«
    Ezzie fährt sich mit der Hand übers Gesicht und betrachtet seine Finger, dann hält er sie Wolf zum Ablecken hin. Mit gedankenverlorener Miene sagt er: »Das liegt an den Stimmen in meinem Kopf. Feuer und Stein, Peter. Diese ganzen Stimmen und die Lava, die sind dran schuld, dass es mir so schlecht geht. Ich versuche, sie wegzutun, aber es geht nicht.«
    »Du versuchst, sie wegzutun?«
    »Ja. Am Anfang hab ich mir die Haare ausgerissen. Jetzt bohre ich mit einer Gabel.«
    Ezzie nimmt die Mütze ab und beugt den Kopf vor. Peter dreht es beim Anblick der offenen Fleischwunden den Magen um. Der Riese setzt seine blutige Mütze wieder auf und leert seinen Becher.
    »Du brauchst Hilfe, Ezzie.«
    »Nein, nein, das geht schon. Notfalls nehm ich einen kleinen Bohraufsatz und führe ihn vorsichtig ein, um die Stimmen rauszuholen.«
    »Das wird nicht genügen, und ich glaube, das weißt du auch. Du bist krank.«
    Peter blickt in die geweiteten Pupillen seines alten Kumpels. Er hört ein Knirschen von Blech und sieht, wie der Becher zwischen Ezzies Händen zerknittert, als wäre er aus Pappe. Eine Mischung aus Hass und Trauer steht in seiner Miene – mehr Trauer als Hass.
    »Ich bin nicht krank, okay, Pete?«
    »Okay, Ezzie, komm wieder runter.«
    Die Hände des Riesen entspannen sich. Von seinem Becher ist nicht viel mehr übrig als ein Häufchen zerknülltes Blech. Sein Blick verschleiert sich. Er schaut Peter an und fragt: »So was, du bist da, Pete! Das freut mich enorm, dass wir uns wiedersehen.«
    »Mich auch, Ezzie.«
    »Hast du denn deine Püppchen wiedergefunden?«
    In seiner Stimme ist nicht der geringste Anflug von Grausamkeit, nur Besorgnis und Zärtlichkeit schwingen darin

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