Sühneopfer - Graham, P: Sühneopfer - Retour à Rédemption
Parforcejäger.«
»Ach nein, Wendy, bitte keine Parforcejäger …«
Nebelschwaden überdecken Wendys Vision.
»Du hast es geschworen, Peter. Von jetzt an sind wir verlobt.«
»Okay.«
»Peter?«
»Ja?«
»Nimm deine Hand weg.«
»Wendy! Wir heiraten! Da kann man doch miteinander schlafen, oder?«
»Das machen wir morgen, wenn du mich geheiratet hast.«
»Ach komm, Wendy, sei nicht gemein!«
Sie lächelt. Ihre Gestalt wird durchscheinend und verblasst zusehends, während Peter aus dem Schlaf auftaucht. Schlagartig beginnen die Monitore zu plärren. Frustriert springt Peter von seiner Pritsche und späht durch das Gitter zur anderen Seite hinüber. Wendy ist ebenfalls aufgestanden. Sie drückt einen Kuss auf ihre Fingerspitzen und wirft ihn ihm durch den Zellentrakt zu.
76
Die Reihen formieren sich zum Duschgang und setzen sich in Bewegung. Die Jungen und die Mädchen streben aufeinander zu. Collie lächelt Alabama an, Wendy streift Peters Hand, aber der zuckt unwillig zurück. Sie runzelt die Stirn. Die Reihen laufen wieder auseinander. Im Duschraum rechts krakeelen die Mädchen und kreischen los, sobald der Wasserstrahl sie trifft. Howard versucht sich vor Peter zu drängen, um noch einen Blick auf einen nackten Mädchenkörper zu erhaschen, ehe es in die Dusche für Jungen geht, doch Ezzies große Pranke packt ihn an der Schulter und schiebt ihn zurück in die Reihe.
»Was soll das, Mann!«, schreit Howard entnervt. »Bist du meine Mutter, oder was?«
»Nö. Dein Leibwächter.«
»Scheiße, Ezzie, das braucht’s nicht mehr, die Weißkutten sind weggesperrt!«
»Mag sein, aber solang mir keiner sagt, es ist vorbei, mach ich weiter.«
»Pete? Kannst du dem dicken Trottel bitte sagen, dass er mir den Buckel runterrutschen soll?«
»Nein. Kann doch sein, dass die von der Ku-Klux-Klan-Gang Freunde haben, die sie rächen wollen. Also lass dieses kleine Dreckstück nicht aus den Augen, Ezzie, okay?«
»Geht klar.«
»Ezzie, du lässt mich jetzt sofort los! Das ist ein Befehl vom Präsidenten der Verlorenen Jungs!«
»Du bist der Präsident meines Arschlochs, Howard.«
»Ich schmeiß euch raus, alle beide! Ihr seid aus der Gruppe ausgeschlossen, klar?«
»Kann er das, Pete?«
»Nein.«
Howard will etwas antworten, doch in dem Moment schiebt ihn Ezzie in den eiskalten Wasserstrahl. Sein Schrei ähnelt dem Kreischen der Mädchen. Rasend schnell seift er sich ein, duscht sich ab, rubbelt sich trocken, steigt wieder in seinen Overall. Ezzies Faust treibt ihn vor sich her zum Refektorium, wo er seinem Schützling einen Suppenteller bis zum Rand füllt. Peter legt eine Scheibe weiches Brot auf seine wässrigen Eier und geht zu Wendy, die schon am Tisch sitzt.
»Guten Morgen, mein Schatz«, sagt sie fröhlich.
Peter bringt die Zähne nicht auseinander. Wendy trommelt mit den Fingernägeln auf den Tisch. »Dürfte ich erfahren, was ich dir getan habe?«
»Das weißt du ganz genau.«
»Nein.«
»Unser Traum heute Nacht.«
»Klär mich auf.«
»Wir haben zusammen geträumt. Vergessen?«
»Peter, wenn ich aufwache, weiß ich nie, was ich geträumt habe.«
»Scheiße, das ist ja das Allerneueste! Also wir denken uns jeden Abend ein Szenario aus, und du hast am Morgen alles vergessen?«
Wendy hört die anderen hinter ihr hämisch lachen.
»Könntest du vielleicht etwas leiser reden?«
Wendy sieht ihn an, doch er weicht ihrem Blick aus.
»Na gut, das reicht jetzt, Pete. Du erklärst mir auf der Stelle, was los ist, oder ich frühstücke woanders.«
»Heute Nacht im Traum wollte ich mit dir schlafen, und du hast dich geweigert.«
»Ach du Schande, bin ich so eine Zicke! … Das Problem ist, Peter, dass du immer nur vögeln willst! Als wir auf der Flucht waren, hätte ich den ganzen Tag nackt am Mississippiufer herumlaufen können, wenn’s nach dir gegangen wäre. Und jetzt sagst du mir, du bist sauer auf mich, weil ich in deinem Traum nicht mit dir geschlafen habe, ja?«
»In unserem Traum, Wendy! Aber wahrscheinlich ist es ganz anders, und du gehst gerade fremd, während ich am Mississippi sitze und auf dich warte.«
»Peter Stanley Shepard, du redest absoluten Quatsch! Wie bescheuert ist das denn?«
Peter schaufelt sich stumm Rührei in den Mund.
»Aber eins kapiere ich doch nicht«, sagt er schließlich.
»Was?«
»Wie kann es sein, dass du mich im Traum abblitzen lässt, wenn du doch gar nicht da bist? Ich meine: Wenn es nur mein Traum war, gibt’s ja keinen Grund, dass du Nein sagst,
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