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Sühneopfer - Graham, P: Sühneopfer - Retour à Rédemption

Titel: Sühneopfer - Graham, P: Sühneopfer - Retour à Rédemption Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Graham
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Lage, in jeder Lebenslage und zu jeder beliebigen Uhrzeit einzuschlafen. Selbst bei strömendem Regen. Wenn ein Wolkenbruch sie fernab von einem Unterstand überraschte, krochen sie ins tiefste Unterholz, wo der Boden immer trocken ist. Dort lehnte sich Wendy an Peters Knie, zog sich den Mützenschirm über die Augen und schlief ein. Während die Meilen vorüberziehen, macht sich Peter einen Spaß daraus, solche kleinen Erinnerungen wieder auszugraben. Er streckt die Hand aus und streicht Wendy übers Haar, und zum ersten Mal seit Barbaras Tod ist der Schmerz erträglich.
    Wendy schlägt die Augen auf. Sie fahren jetzt auf einer Nebenstraße durch ausgedehnte Kiefernwälder. Ein Schild verkündet: »Westminster 10 Meilen.« Sie öffnet das Fenster einen Spalt und atmet den harzigen Waldgeruch ein.
    »Ich hab von Ezzie geträumt«, sagt sie. »Er spazierte durch einen riesigen Wald. Ab und zu blieb er stehen und schaute zu den Wolken hinauf. Er lächelte. Er sah glücklich aus.«
83
    Shepard sitzt neben Direktor Ackermann auf einer Bank. Sie rauchen und schauen in den Himmel. Von Zeit zu Zeit hebt Peter den Daumen vor die Augen, um eine Wolke auszublenden. »Eine unglaubliche Weite hat dieser Himmel«, sagt er.
    »Das wird an der offenen Landschaft hier liegen.«
    »Nein, glaub ich nicht … Sperren Sie so einen Himmel zwischen zwei Häuserreihen ein, und Sie werden sehen, dass er noch immer genauso riesig ist. Als wär er hier näher.«
    Shepard zieht an seiner Zigarette. Ackermann räuspert sich. »Es tut mir leid, Peter.«
    »Was?«
    »Seit Redemption hätte ich mich doch mal erkundigen müssen, wie es euch allen geht. Ich habe oft dran gedacht, aber dann …«
    »Wir waren Abschaum, Sam.«
    Peter senkt den Blick zu dem Park rund um das Haus, den hohen Mauern, dem Meer von Bäumen dahinter.
    »Wo sind wir hier eigentlich?«
    »In meinem Refugium. Kein Telefon, kein Fernseher. Niemand kommt je hierher.«
    Peter lässt seine Kippe auf den Boden fallen und sieht ihr nach. Er stellt den Absatz darauf.
    »Haben Sie was rausgefunden?«
    Ackermann überreicht Peter eine dicke Flügelmappe.
    »Da drin sind drei Dossiers in verschlossenen Umschlägen. Wenn ich du wäre, würde ich erst mal nur einen aufmachen und die anderen dann, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist.« Ackermann verstummt. »Wir haben Collie Partridge aufgespürt.«
    »Wo?«
    »Das steht im ersten Umschlag. Mach ihn erst auf, wenn du wieder weg bist.«
84
    Reglos steht Peter in den Tabakfeldern. Seit vier Monaten ist er jetzt in Redemption. Er blickt die staubige Piste entlang, die sich durch die Ebene schlängelt. Eine gnadenlose Sonne brennt herab. Rings um ihn zertrümmert ein Dutzend Mithäftlinge granitharte Erdschollen. Peter steht auf seinen Spaten gestützt und wischt sich die Hände an seinem durchgeschwitzten Overall ab. Seit einigen Tagen sind die Verlorenen Jungs nur noch Schatten ihrer selbst. Howard hat stark abgenommen. Collie pfeift nicht mehr bei der Arbeit, und Marcellus’ Gesicht wird von Ticks gebeutelt. Sogar Ezzie wirkt gezeichnet. Ihre Nächte sind still geworden und die Zusammenkünfte in ihrem Versteck seltener.
    Nach Alabamas Geburtstag hatten sie gedacht, sie müssten einfach nur eng zusammenrücken wie Kids um ein Lagerfeuer, um diese Durststrecke zu überstehen. Aber als die Vögte ihr erstes Verbrechen als Selbstmord tarnten, dämmerte ihnen, dass sie Redemption vielleicht nicht überleben würden.
    Das Opfer war Martha Pencher, das dicke Bauernmädchen, das mit Wendy Streit gesucht hatte. Sie war seit einer Woche tot, weil sie am Ende einer Beichte etwas zu sagen gewagt hatte. An dem Tag hatte sie sich gleich zu Beginn der Stunde gemeldet, war ungeduldig in ihrer Bank hin und her gerutscht und wollte unbedingt an die Reihe kommen, doch der Reverend hatte Cassandra Mahonne das Wort erteilt, einem bildhübschen Mädchen, das erst einmal in Tränen ausgebrochen war, ehe es sein Laster gestehen konnte: Leimschnüffeln. Der Reverend betete für Cassandra, dann faltete er die Hände und erklärte die Sitzung für beendet. In dem Moment hielt es Martha nicht länger, sie schoss wie ein Schachtelteufel aus ihrer Reihe.
    »Was soll das heißen, für heut ist Schluss, Sie Wichser? Und was ist mit mir?! Was ist mit meinem kleinen Bruder, den ich in der Badewanne ertränkt habe? Der ist Ihnen scheißegal, bloß weil ich keinen Arsch wie Cassandra habe, oder?«
    Der Reverend würdigte sie keines Blickes. Er nickte nur kurz den roten

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