Sünde einer Nacht (Geschichtentrilogie Band 3 Romantische Geschichten)
Unterbewusstsein signalisiert, dass ich mit der Schriftstellerinnentätigkeit mehr Geld verdienen könnte und nicht mehr ständig im Mietrückstand sein würde. In meinem Beruf als Verkäuferin verdiente ich ja kaum das Geld für einen französischen Lippenstift.
„Es könnte klappen“, sagte ich jetzt eifrig, „bei anderen hat es ja auch geklappt. Aber natürlich würde nur eine Bestsellerautorin helfen“, lenkte ich ein. „Es soll ja einige geben, bei denen der schnöde Mammon nur so fließt.“
„Es klappt nicht.“ Mürrisch schob Franz seine Flasche Bier zur Mitte des Tisches. „Glaub mir“, fuhr er nach einer kleinen Pause fort, „ich weiß, wovon ich rede.“
„Schreibst du etwa auch?“
„Ja, schon lange.“
Nun war es heraus. Franz schrieb auch.
Er hatte es mir verschwiegen. Mir, seiner langjährigen Freundin. Seiner Busenfreundin, wie er immer wieder betonte. Eine Busenfreundin ist nicht irgendeine Freundin, von der man ja mehrere haben kann, nein, eine Busenfreundin ist sozusagen eine Herzensfreundin, eine Freundin, die einem ans Herz gewachsen ist. Also, eine ganz besondere Freundin. Und dieser ganz besonderen Freundin, nämlich mir, hatte dieser Kerl verschwiegen, dass er schreibt. Es war ein nicht wieder gut zu machender Vertrauensbruch. Ja, mehr noch. Verrat war es. Verrat.
‚Was soll's‘, dachte ich, schon wieder zur Versöhnung bereit.
Ich konnte Franz einfach nicht böse sein. Mit ihm war das so eine Sache. Uns verband eine platonische Liebe, eine geistige, wie wir uns immer wieder versicherten. Und diese würde bis ans Ende unserer Tage halten. Nichts würde sie trüben können. Nichts. Das hieß, wenn wir uns an einige Tabus, es war nur ein Tabu, halten würden. Sex. Natürlich dachten wir auch an Sex, denn wir verspürten eine große erotische Anziehungskraft. Zwischen uns knisterte es ganz schön.
„Sex zerstört nur alles“, sagte Franz immer wieder und sah mich dabei begehrlich an. „Er zerstört das Edle. Reine. Erhabene.“
Doch das war eine schnöde Lüge, wie sich nun herausstellte. Auch ohne Sex war das Vertrauen dahin.
Vorwurfsvoll sah ich Franz an.
Franz war der Dichter im Elfenbeinturm. Jetzt zogen sich des Dichters Mundwinkel verächtlich nach unten, seine wasserblauen Kinderaugen wurden dunkel.
„Ich schreibe im stillen Kämmerlein“, sagte er leise und eindringlich. „Niemand darf davon wissen. Denn es kann sein“, Franz fraß mich fast auf mit seinen Blicken, „dass andere Menschen, böswillige, neidische Menschen, geistigen Diebstahl begehen könnten.“
Ich konnte nur stumm nicken, so gespannt hörte ich seinen Worten zu.
„Das hört und liest man doch immer wieder“, sagte er, sich fast entschuldigend. „Doch dir, einer reinen Seele, die mich vertrauensvoll eingeweiht hat in ihr Vorhaben, kann ich mein so lange gehütetes Geheimnis offenbaren.“
„Aha.“
Natürlich schmeichelte mir das. Aber so ein großes Geheimnis war es nun ja auch nicht. Franz hatte ja sein Geschriebenes, sein Leben, schon so einigen Verlagen angeboten, stellte sich im Verlauf des Gesprächs heraus. Zur Begutachtung, wie Franz sich ausdrückte. Doch diese lehnten es strikt ab, ihn zum Bestsellerautor zu privilegieren. Sie seien so unverschämt, seine Manuskripte immer wieder in seinem Briefkasten landen zu lassen, unschuldig wie ein unbeschriebenes Blatt Papier, manchmal mit einem nichtssagenden Formschreiben, manchmal auch ohne ein einziges, klitzekleines Wörtchen. Keine Anerkennung. Keinerlei Kritik. Oder noch unverschämter, er sähe sie nie wieder. Wieder andere besäßen sogar die Unverfrorenheit, für seine unvergleichlichen Werke Vorkasse zu verlangen. Er könne doch auch nicht zu seinem Kiosk gehen oder in ein Geschäft und sagen:
„Ein Sechserpack Bier und 100€, bitte."
Die würden doch denken, er sei reif für die Klapper, und neuerdings tauchten sogar Literaturagenten auf, wie in Amerika, die die Dichter auch nur abzocken wollten. Armes Deutschland. Es verrate seine Zukunft.
„Doch ich gebe nicht auf!“ Franz sprang von seinem klapprigen Stuhl, ich vor Schreck von meinem. „Das sind doch alles Idioten!“ Franz Stimme überschlug sich fast, wurde schrill und hoch. „Die haben doch keine Ahnung! Eines Tages werden die mir die Füße lecken! Ja, die Füße werden die mir. Mir, dem größten lebenden Dichter!“
„Das werden die“, sagte ich tröstend, obwohl ich nicht wusste, wen Franz mit die meinte. Die Verlage konnten es
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