Sünde einer Nacht (Geschichtentrilogie Band 3 Romantische Geschichten)
noch?“, fragte sie. „Ihr seid noch nicht tot?“
Wieder stiegen ihr die Tränen in die Augen. Und geboren aus den Tränen wurde aus Hass Mitleid und aus Mitleid Schmerz.
„Ich gehe“, sagte sie. „Es wird Zeit.“
Wieder Zu Hause, holte sie das schwarze Totenkopftuch mit den hellen kleinen Totenköpfen und den großen weißen Totenspinnen aus dem Schrank und breitete es aus über dem kleinen, runden weißen Tisch.
Das weiße Totenkopftuch mit den großen schwarzen Totenköpfen und den weißen Totenspinnen legte sie über ihre Couch. Dann nahm sie aus der Vitrine zwei Weingläser, holte die Brosche und den Ring, Geschenke ihres Geliebten, dem Scheißkerl, aus dem blauen Kästchen und legte sie behutsam zwischen die langstieligen kristallenen Gläser.
Die beiden dazugehörenden Leuchter stellte sie in die Mitte des Tisches. Und alle Leuchter, die sie fand, um sie herum. Mit einem Streichholz zündete sie dann die Kerzen an und starrte eine Weile gebannt in das flackernde Licht an den Wänden, deren Farbe die Dämmerung noch nicht geschluckt hatte und an denen die Spinnen und Totenköpfe gespenstisch tanzten.
Dann verteilte sie die vielen weißen Lilien, die sie in dem Blumenladen neben der Apotheke gekauft hatte, in alle vorhandenen Vasen und ordnete sie mit mathematischer Korrektheit um den Totentisch.
Guste trat einen Schritt zurück und betrachtete zufrieden ihr Werk.
Lange stand sie so und geriet allmählich in einen Zustand zwischen Traum und Wachen.
Wie in Trance wankte sie ins Schlafzimmer, entkleidete sich ganz langsam und betrachtete sich, nackt, wie sie war, von allen Seiten im Spiegel.
„Du bist wunderschön“, flüsterte sie ihrem Spiegelbild zu, „schau dich doch an. Diese tolle Figur, diese glatte leicht getönte Haut, diese großen traurigen hellen Augen, diese langen brauen Locken.“
Zärtlich umfasste Guste ihre wohlgeformten Brüste, die von ihren langen, dunklen Locken fast bedeckt waren, und lächelte sich zu. Ihre Hände glitten zu ihrem Bauch und die Tränen stiegen ihr wieder in die Augen.
Sie öffnete das Wäschefach im Kleiderschrank und kramte schwarze Spitzendessous hervor, streifte sie langsam über ihren Körper. Danach rollte sie schwarze Seidenstrümpfe ihre Beine hinauf und schlüpfte dann, jetzt freudig erregt, in ein schwarzes Minikleidchen.
Zufrieden mit sich und ihrem Vorhaben, stellte sie sich wieder vor den großen ovalen Spiegel.
„Du wirst die Schönste sein in dem anderen Leben“, sagte sie und lächelte. Die schwarzen Lackpumps fehlten noch. Und der Wein.
Hastig schlüpfte Guste in die Pumps. Sie ging in die Küche, nahm den Wein und die Tabletten vom Küchentisch, schüttete sie aus der Packung und bastelte damit den Namen ihres Geliebten rund um die Kerzen. Sein Passbild, auf dem er so charmant lächelte und auf die Rückseite - Ich liebe Dich - geschrieben hatte, ordnete sie neben sein Glas.
Dann legte sie Mozarts Kleine Nachtmusik auf - es war das erste Mal, dass sie wieder Musik hörte, nachdem der Scheißkerl sie verlassen hatte, und setzte sich verträumt und andächtig auf ihre kleine Couch. Dann goss sie den Wein in die Gläser, küsste das Foto und sagte:
„Prost! Auf unser Wohl. Bis bald.“
Guste nahm die erste Tablette, schob sie, fast genüsslich, in ihren Mund und trank dazu einen Schluck Wein, dann wieder eine Tablette und wieder einen Schluck Wein. Das wiederholte sie solange, bis sie müde wurde.
Wohlig streckte sie sich dann, schon sehr benebelt, aus auf ihrer Couch, bedacht, eine gute Figur zu machen. Sie wollte ja die Schönste sein in dem anderen Leben. Des Geliebten Traumfrau. Und seine Neue musste hier bleiben. Auf der unwirtlichen Erde.
‚Ja‘, dachte Guste, ‘der Tod ist nur eine andere Form von Leben.‘
Davon war sie fest überzeugt und verspürte, jetzt, da es soweit war, weder Angst noch Panik, und die wundersamen Töne der herrlichen Musik ließen sie sanft entschweben.
*
ich bin in ein tiefes schwarzes loch gefallen komme nicht heraus habe angst werde nicht mehr die wärme der sonnenstrahlen spüren auf meiner kalten haut nicht mehr sehen das grün des grases nicht mehr riechen nicht den duft von frischem heu den modrigen geruch der rede nicht mehr lauschen dem gesang der vögel nie wieder den himmel sehen die venus groß und hell den mond hängen am dunklen himmel keine kuh- und pferdeherden mehr keine glühwürmchen keine wasser rauschen kein kinderlachen mehr nicht
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