Sünden der Leidenschaft
um einer Armee angeheuerter Banditen gegenüberzutreten, die von einem Mann geführt wird, der jeden erschießt, der ihm im Wege ist. Warum mußtest du seinen Bruder erschießen?« erwiderte sie scharf.
Adam fragte sich, woher sie das wußte, denn er hatte es ihr nicht erzählt.
Als Flora sein überraschtes Gesicht bemerkte, erklärte sie: »Papa hat es mir aus Versehen gesagt. Er kann vor mir nicht einmal das verheimlichen, was du so sorgfältig vor mir verbirgst. Verflixt noch mal, du hättest Frank Storham nicht töten dürfen.«
»Ich wollte es nicht tun. Aber wenn ich ihn nicht getötet hätte, wäre niemand von uns vor ihm sicher gewesen.«
»Du hast ihn also einfach erschossen?« Floras Vernunft war ausgeschaltet. Sie benahm sich nur noch wie eine Liebende und eine werdende Mutter.
»Das verstehst du nicht«, sagte er und versuchte die aufkommende Wut zu unterdrücken. »Wir sind hier nicht in Mayfair oder Pall Mall. Hier ist ein Territorium, in dem du nur überlebst, wenn du dich selbst verteidigen kannst. Es gibt niemanden außer mir, der mein Land schützen kann. Die Leute hier nehmen dir alles, wenn du schwächer bist. Weißt du, wie viele Männer ich gesehen habe, die einfach niedergeschossen oder kaltblütig gehängt wurden? Wir sind hier nicht in der Zivilisation mit zivilisierten Regeln oder teuren Anwälten, die für dich vor Gericht gehen, wo niemand verblutet. Sie wollen mich töten, verstehst du?« sagte er leise. »Und wenn ich sie nicht zuerst töte, wird es ihnen auch gelingen. Ich wünschte, ich müßte nicht ständig gegen die Übergriffe auf mein Land ankämpfen. Ich würde lieber als alter Mann in meinem Bett sterben, mit dir an meiner Seite. Aber das geht nur, wenn ich Ned Storham töte – und womöglich nächstes Jahr, nächsten Monat oder sogar morgen einen anderen. Ich besitze wertvolles Land – das beste Weideland im Territorium. Und ich will es behalten.« Er betonte jedes einzelne Wort.
»Ich hasse es, wenn du so sprichst. Ich hasse deine Kriegersprache!« rief Flora mit bewegter und zitternder Stimme. »Ich will nicht, daß du stirbst.«
»Ich werde nicht sterben«, sagte Adam bestimmt. »Ich komme zu dir, zu Lucie und« – er lächelte – »zu unserem Kind zurück.«
»Versprochen?« flüsterte sie ängstlich und gab sich geschlagen. Sie war einsichtig und vernünftig genug, um sich in das Unvermeidliche zu fügen. Ned Storham ließ sich nur mit Gewalt vertreiben.
»Ich verspreche es«, sagte er sanft und hob sie von den Büffelfellen in seine Arme.
»Wann?« fragte sie mit erstickter, leiser Stimme, eine Wange an seine Schulter gedrückt.
»Ich weiß es nicht.« Wenn Ned Storham auf dem Wege zur Hölle und Isolde auf der Rückreise nach Europa ist, dachte er. »Ich hoffe, sehr bald. Küß mich und erzähl mir von dem Baby. Ich möchte über angenehmere Dinge reden. Wünscht du dir einen Jungen oder ein Mädchen?« Sanft hielt er sie im Arm. »Glaubst du, daß Cloudy es jemals zuläßt, daß wir es halten – oder Lucie? Bist du genauso glücklich wie ich, daß wir ein Baby bekommen?« Er strich zärtlich über ihre Haare.
»Ich bin so glücklich, daß ich keine Worte dafür finde. Und wenn du nicht weggehen würdest …«
»Nur für kurze Zeit«, flüsterte er.
»Ehrlich?« Sie fürchtete sich wie ein kleines Kind. Es war ein merkwürdiges Gefühl, nachdem sie ihr Leben lang alle Herausforderungen erfolgreich bestanden hatte.
»Mein Ehrenwort.«
Adam war gerade einen halben Tag weg, als Flora über eine Reihe von Möglichkeiten nachdachte, wie sie ihm helfen könnte. Sie hatte verstanden, warum er Ned Storham entgegentreten mußte und daß ihre Anwesenheit ein zusätzliches Risiko bei seinem Unternehmen wäre. Aber warum konnte sie nicht auf eine andere Weise helfen? Sie war keine Anfängerin im Gebrauch von Waffen.
War sie nicht verpflichtet, ihn um des Kindes und Lucies willen zu unterstützen? überlegte sie. Sollte sie nicht helfen, die Anfeindungen gegen den Mann, den sie liebte, zu bekämpfen? Warum sollte sie nicht auch dabei helfen, ihre Zukunft zu sichern?
Sie ging zum Zelt ihres Vaters, wo die Männer dabei waren, eine Sammlung von Absarokee-Kleidung für das Museum in Göttingen zusammenzustellen. »Ich habe mir gerade überlegt«, sagte sie beiläufig, »daß ich Adam und James vielleicht folgen sollte. Würdest du mitkommen?«
Der Graf sah sie an und setzte den Korb ab. »Ich weiß, wie du dich fühlst, aber Adam wäre nicht einverstanden«,
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