Sünden der Leidenschaft
anderen? Ich lege keinen Wert auf Adams Titel, meiner reicht mir völlig aus. Sie haben meinen Segen, wenn Sie die Comtesse de Chastellux bleiben wollen.« Flora lehnte den Schirm an die Mauer von Shermans Warenhaus.
»Während Sie sich in aller Öffentlichkeit meine Stellung aneignen, Sie unverschämtes Weibstück!« Isolde spuckte aus. Sie fühlte sich geschützter, als sie den Schirm wieder aufspannte. »Ich werde dafür sorgen, daß Sie den Tag, an dem Sie mir über den Weg gelaufen sind, nicht vergessen werden«, drohte sie. »Ich werde dafür sorgen, daß Sie aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden.«
»Die Gesellschaft interessiert mich herzlich wenig«, antwortete Flora. »Seien Sie trotzdem versichert, daß mein Vermögen mir immer den Zugang zur Gesellschaft ermöglichen wird. Sie wissen es gut genug – Geld öffnet alle Türen. Oh, übrigens«, sagte Flora schmunzelnd. »Meine Titten werden bereits größer.«
Das hätte sie nicht sagen sollen, dachte sie. Aber sie hatte in den letzten Minuten genug bissige Bemerkungen hinuntergeschluckt. Doch es war natürlich nicht sehr damenhaft, vielleicht sogar unfreundlich und sicherlich völlig unpassend in einer so ernsten Situation. Aber als sie sah, daß Isoldes Gesichtsausdruck sich veränderte, tat es ihr nicht mehr leid, so vulgär gewesen zu sein.
»Ich hätte Sie in Saratoga töten lassen sollen«, sagte Isolde so leise, daß es Flora eiskalt den Rücken hinunterlief.
Sie drehte sich halb zu der Comtesse um, die für die Pariser Salons und Boulevards gekleidet war, und murmelte: »Gehen Sie nach Hause, Isolde. Gehen Sie. Ich werde nicht zulassen, daß Sie gewinnen. Ich könnte Sie töten, wenn ich das will.«
Flora hörte ein lautes Zischen hinter sich, als sie ihren Weg zum Planters House fortsetzte. Ein winziger Sieg für mich, dachte sie lächelnd. Wie oft war Isolde so sprachlos gewesen?
Kapitel 25
Als Adam, Molly und Henrietta aus dem Speisesaal im Planters House kamen, standen Flora und Lord Haldane in der Eingangshalle. Der Graf, der kurz nach Flora eingetroffen war, bestellte eben ein Zimmer für sie, während Flora in einem Sessel auf ihn wartete. An die ledergepolsterte Rückenlehne gelehnt, erblickte sie Adam durch ihre halbgeöffneten Augen.
Sie riß die Augen auf, lächelte und erhob sich, doch da sah sie, wie Adam sich nach rechts wandte und den Arm um Molly Fisk legte, die hinter einer Säule auftauchte. Als sie den Gang vom Restaurant entlanggingen, erschien Henrietta an seiner linken Seite. Floras Lächeln erlosch abrupt.
Sie starrte in die Richtung und versuchte, eine vernünftige Erklärung für das, was sie sah, zu finden.
Adam bemerkte Flora sofort, als sie hinter einer der zahllosen, in großen Blumentöpfen stehenden Palmen, die die Einganshalle zierten, hervortrat. Er hatte sie nicht erwartet. Unruhig überlegte er, weshalb sie gekommen sein könnte. »Du hattest einen langen Weg vom Lager bis hierher«, sagte er gelassen und nahm seinen Arm von Mollys Schulter. Er sah auf ihre staubige Reitkleidung. »Ich dachte, du wärest am Yellowstone«, sagte er nur ein wenig vorwurfsvoll.
»Offenbar. Störe ich bei irgend etwas?« gab Flora zurück.
»Adam war so nett und hat uns zum Essen eingeladen«, fuhr Molly dazwischen. »Wir feiern die unmittelbar bevorstehende Abreise meines Gastes, der Comtesse de Chastellux.«
»Feiern?«
»Isolde reist heute abend ab nach Europa«, sagte Adam.
»Bist du da ganz sicher?« sagte Flora äußerst skeptisch. »Ich habe sie gerade auf der Straße getroffen, und sie schien die Absicht zu haben, ihre Stellung hier zu halten.«
»Ich entschuldige mich für sie.« Hoffentlich seine letzte Entschuldigung in diesem Zusammenhang. »Sie ist schwierig.«
»Mehr als schwierig, würde ich sagen. Ich würde mich nicht darauf verlassen, daß sie abreist.«
»Vielleicht wollte sie einfach nur das letzte Wort haben«, überlegte Adam und nahm Floras Hand. Er wollte sich nicht länger mit Isoldes Anwesenheit in Montana befassen. Flora schien nicht übermäßig aufgebracht über die Begegnung zu sein, und am Abend wäre seine Frau ja verschwunden. »Sie möchte sicher nicht mehr hier sein, wenn es kalt wird«, sagte er und erklärte Isoldes Pläne für die Abreise, indem er verschiedene Gründe aufzählte. »Der früh einbrechende Winter macht die Reisewege unbefahrbar. Außerdem würde sie die Saison in Paris verpassen. Allein deshalb glaub ich, daß sie wirklich abreist«, erklärte er. »Das
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