Sünden der Leidenschaft
nebeneinander vor dem Fenster standen und auf die Berge sahen, teilte James seinem Cousin diese Gedanken offen mit. Die Sterne leuchteten am Nachthimmel, und die Sichel des Mondes hing über den zerklüfteten Gipfeln.
»Du mußt sehr verliebt in sie sein – du hast sie gewinnen lassen.«
Adam zuckte die Schultern. »Beinahe hätte ich sie nicht gewinnen lassen müssen. Sie spielt verdammt gut. Hast du ihren Stoß über sieben Banden gesehen? So etwas habe ich zum letzten Mal vor einigen Jahren in Paris erlebt, als Duvall gegen François gewonnen hat. Sie ist wirklich gut.«
»Offenbar in mehr als einer Hinsicht, wenn ich ihre kaum zu übersehende Lust richtig gedeutet habe.«
Adam grinste. »Sie ist ganz erstaunlich.«
»Wann reist sie ab?« fragte James mit einem etwas grimmigen Unterton.
»In einem Tag.«
»Stehst du uns dann ganz zur Verfügung?«
»Ich stehe euch immer zur Verfügung, Esh-ca-ca-mah-hoo«, sagte Adam.
»Würdest du sie heute nacht allein lassen?«
»Wenn ich müßte. Ist das eine Aufforderung?«
»Wir müssen Pläne machen, wie wir Meaghers Freiwilligenmiliz aufhalten, beziehungsweise uns gegen sie verteidigen können und wie wir mit den Lakota umgehen. Sie werden bald nach Verbündeten für ihren Krieg suchen. Außerdem muß ich morgen früh aufbrechen, um ins Sommerlager zu reiten.«
»Wir werden uns vorher noch sehen.«
»Nachdem sie eingeschlafen ist.«
Adam nickte.
»Sie wartet schon auf dich, also geh«, sagte James freundlich. »Ich finde mein Zimmer auch ohne dich.«
Kapitel 6
Als Adam in sein Zimmer trat, saß sie noch vollständig angezogen auf seinem Bett.
»Ich wußte nicht, wie lange dein Gespräch mit James dauern würde. Außerdem konnte ich nicht sicher sein, ob nicht jemand kommen würde, ein Diener oder ein Zimmermädchen. Ich war nervös.«
Leise schloß er die Tür. »Ich habe Anweisung gegeben, daß ich heute nacht nicht gestört werden will.«
Sie atmete erleichtert auf und ließ sich rückwärts auf seine Kissen fallen. Dann rollte sie sich auf die Seite, und ihre helle Haut schimmerte auf der zerwühlten blauen Seidensteppdecke. »Du denkst an alles, nicht wahr, Adam Serre?« Ihr Lächeln erwärmte das ganze Zimmer.
»Man tut, was man kann«, antwortete er und sah zu der Standuhr aus messingverziertem Ebenholz auf dem Kamin auf. »Es ist noch früh, was möchtest du denn machen?«
»Kann ich wählen?«
»Natürlich.«
»Dann möchte ich zuerst mit dir tanzen.«
»Hier?«
Sie nickte. Während des Picknicks hatte jemand von den Tuillerien in Paris erzählt, und sie hatte sich plötzlich gewünscht, mit Adam bei seiner Familie und seinen Freunden in Paris zu sein – ein gefährliches Ansinnen und eigentlich nicht ihre Art.
»Dann wirst du singen müssen.«
»Oder du.«
Er lehnte sich an die Tür und zog die Augenbrauen hoch. »Du verlangst ja einiges von mir.«
»Also? Willst du?«
»Ich werde es versuchen«, sagte er, während er den Schlüssel im Schloß herumdrehte.
Als er durch das große Zimmer auf sie zuging, fühlte sie wieder das vertraute Kribbeln. Er war elegant gekleidet mit einem schwarzen Gehrock und einer bestickten Weste. Seine glänzenden Haare unterstrichen die festliche Kleidung. Dann stand er neben dem Bett und reichte ihr die Hand, und sie erkannte wieder diesen wilden Glanz in seinen Augen.
»Ich glaube, Sie haben mir diesen Tanz versprochen, Lady Flora«, sagte er sanft.
Ihre Finger berührten sich, dann ruhte ihre Hand in seiner, und sie lächelten sich an wie Liebende – gemeinsames Glück, gemeinsames Lachen, gemeinsame Stunden der Liebe, die sie für immer in ihren Herzen verschlossen hatten.
Er nahm sie in seine Arme, angetrieben von den gleichen ungezügelten Gefühlen, die seine Unterredung mit James verzögert hatten – seinem Verlangen, sie zu berühren und im Arm zu halten, seinem Hunger nach der Wärme ihres Körpers. Hora schlang die Arme um seinen Hals und hielt ihn fest, als wäre sie sich bei aller heißen Leidenschaft und der Nähe seines Körpers doch bewußt, daß die Stunden ihres Glücks gezählt waren.
Für einen unaussprechlich innigen Augenblick stand er bewegungslos da und hielt sie fest, als sich plötzlich ein dumpfes, melancholisches Gefühl in seine Euphorie mischte.
»Erinnere dich daran«, flüsterte Flora, und ihre Augen füllten sich mit Tränen. Das Gefühl, ihn bereits verloren zu haben, war so stark, daß sie seine Wange berühren mußte, um sich seiner Anwesenheit zu
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