Sünden der Leidenschaft
noch vier Stunden.«
»Viereinhalb Stunden«, korrigierte er grinsend. »Welche Schokolade soll ich diesmal bestellen? Schokolade mit Ambra?
»Versuchst du etwa, mich zu verführen?« flötete sie reizend.
»Natürlich nicht«, murmelte er und lächelte schwach.
»Ich will nur, daß es dir gutgeht. Brillat-Savarin meinte, die Unglücklichen sollten Schokolade mit Amber trinken, denn das würde die Traurigkeit vertreiben. Oder möchtest du lieber russische Schokolade?« 10
»Beides«, antwortete sie. »Möchtest du mich hier oder im Bett füttern?«
Er sah sie einen Moment mit einem dunklen, glühenden und begehrlichen Blick an, als hätte er sie bisher noch nie berührt und wäre ein jugendlicher Heißsporn, der zum ersten Mal mit einer Frau zusammen war. »Wir werden sehen, was dir am besten gefällt«, murmelte er. Er erinnerte sich daran, wo er sie in den vergangenen Tagen verwöhnt hatte – wie er sie an einem Nachmittag mit Mousse au Chocolat im Sessel am Fenster gefüttert hatte, wie er ihr auf dem Sofa die kleinen Schokoladenstückchen mit Baiser und Mandeln im Tausch gegen ihre Küsse gereicht hatte, wie sie die Dobos-Torte im Bett gegessen und dabei von Budapest gesprochen hatten.
»Du bist so gut zu mir«, flüsterte sie mit unruhiger und kokettierender Stimme.
»Warum nicht? Es scheint dir zu gefallen.«
Sie lächelte. »Für mindestens viereinhalb weitere Stunden.«
»Nein. Für immer in meinem Herzen«, sagte er leise, durch ihre Worte tief berührt.
Flora blieb einen halben Tag länger, weil sie sich nicht von Adam trennen konnte und er sie nicht gehen lassen wollte. Als sie sich schließlich zum Aufbruch zwang, fiel ihnen der Abschied unendlich schwer.
»Es tut mir leid«, sagte Adam und hielt sie im Arm. Er hatte sich gegen die Tür gelehnt, so daß sie noch etwas bleiben mußte.
»Es ist zu früh«, sagte sie sanft. Seine verschlüsselten Worte schienen auf das Durcheinander in seiner Ehe verweisen zu wollen.
»Nach einer Ehe mit Isolde kann es immer zu früh sein«, gab er mit leiser Stimme zu. Düster fragte er sich, ob die durch seine Ehe geschlagenen Wunden jemals heilen würden.
Die Gründe, die dazu geführt hatten. Der alltägliche Kummer. Der ewige Streit. Er würde Isolde nie endgültig loswerden.
»Ich verstehe«, sagte Flora vernünftig und realistisch. Sie hatte sich in ihrem Leben immer von ihrer Vernunft leiten lassen. »Danke für alles«, sagte sie lächelnd. Sie griff nach seiner Hand, löste sie von ihrer Taille und trat einen Schritt zurück.
Adam seufzte über das Unvermeidliche, aber dann lächelte er ebenfalls. »Es war mir ein großes Vergnügen, und dafür danke ich dir«, sagte er sanft. »Lucie und ich werden dich vermissen.« Er machte die Tür frei und löste den Riegel. Die Tür öffnete sich leicht.
Flora fiel es immer schwerer zu lächeln, denn sie würde beide, Adam und Lucie, vermissen. Aber ihr Leben hatte sich nie um einen Mann gedreht, und sie hatte nicht die Absicht, einen Tauschhandel einzugehen – ihre Unabhängigkeit gegen die Abhängigkeit –, gleichgültig, wie schwer ihr der Verzicht auch fallen würde. »Auf Wiedersehen, Adam«, flüsterte sie.
Sie nahm ihren Koffer und verließ den Raum.
Kapitel 14
Nach Meaghers Tod und Gouverneur Green Clay Smith’ Rückkehr wurde die Montane-Bürgerwehr reorganisiert. Alle Offiziere, die von Meagher ernannt worden waren, wurden wieder degradiert. Ende Juli rief Smith die Freiwilligen dazu auf, sich für weitere sechs Monate zu verpflichten. General Terry allerdings – Kommandeur des Department of Dakota –, der nach Helena gekommen war, um mit dem Gouverneur Gespräche zu führen, stellte fest, daß in Montana nichts passiert war, was die Warnungen vor feindlich gesinnten Indianern rechtfertigte.
Er war der Auffassung, daß die Truppen aufgelöst werden sollten. Die Hauptgründe für die Bildung der Miliz waren die politischen Absichten und die Habgier der Freiwilligenarmee gewesen. Ein kleiner, erfolgreicher Krieg gegen die Indianer hätte Meaghers Ruf als mutiger Kriegsheld wiederhergestellt. Die Presse im Osten hätte ihn gerühmt, während die Freiwilligen mit einem guten Handgeld hätten rechnen können. Aber Meaghers Feinde hatten ihm den Ruhm nicht gegönnt und seine Absichten vereitelt. Angeblich war er in der Nacht vom 1. Juli von Bord eines Missouri-Dampfers gefallen. Meagher blieb für immer verschwunden. 11
Für Adams Stamm war die Gefahr spätestens Ende Juli gebannt. Die
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