Sünden der Leidenschaft
überwältigen drohten. Er brauchte sie nicht, redete er sich ein, und er wollte sie nicht. Er wollte überhaupt keine Frau, nachdem er gerade seine unglückliche Ehe beendet hatte. Und nun hatte er alle Zeit der Welt, sie zu vergessen.
Kapitel 2
In den nächsten Tagen mußte Flora immer wieder an Adam Serre denken. Trotz des geschäftigen Treibens beim Packen für ihre Reise zu den Absarokee-Dörfern 1 war sie immer wieder abgelenkt und in Gedanken bei den Ereignissen auf Richter Parkmans Feier. Normalerweise war sie bei der Planung und Vorbereitung solcher Reisen so sicher und gut, daß ihr Vater ihr die Organisation ihrer Expeditionen vor langer Zeit überlassen hatte. Aber jetzt ertappte sie sich dabei, daß sie Listen zweimal aufstellte, einfache Aufgaben vergaß, die Gespräche mit dem erforderlichen Begleitpersonal nachlässig führte und die Antworten nicht mitbekam.
Alles nur, weil sie sich in Gedanken ununterbrochen mit Adam beschäftigte, an sein Lächeln, seinen starken Körper, an das Gefühl dachte, das sie empfunden hatte, als er sie geküßt hatte. Mehr als einmal bemerkte ihr Vater ihre ungewöhnliche Abwesenheit.
»Es gibt einfach so viel zu tun, Papa«, antwortete sie ausweichend. Sie zwang sich, wieder an die notwendigen Vorbereitungen zu denken.
Doch sie war sich bewußt, daß sie noch nie zuvor in ihrem Leben so glühend verliebt gewesen war. Sie hatte sich noch nie zu einem Mann so stark hingezogen gefühlt. Als schöne Frau war sie es gewöhnt, von verliebten Männern umschwärmt zu werden, und sie trug in der Londoner High Society den Beinamen »Venus«. Ihre bisherigen Affären waren für sie bloße Vergnügungen gewesen, und sie hatte niemals so starke Gefühle dabei empfunden wie jetzt jene, die vom Comte de Chastellux ausgelöst worden waren. Sie fühlte sich bedingungslos zu ihm hingezogen.
Sie lächelte still vor sich hin, als sie an den so erfahrenen, vitalen und starken Mann dachte, der ohne Bedenken ein Schäferstündchen mit ihr gehabt hatte, obwohl das Haus nebenan voller Gäste gewesen war. Träumend saß sie an dem kleinen Schreibsekretär in ihrem Wohnzimmer und vergaß die vor ihr liegenden Listen schon wieder. Sie freute sich auf den Sommer am Yellowstone.
Nachdem Adam auf seine Ranch zurückgekehrt war, genoß er die Ruhe und das zurückgezogene Leben ohne Isolde. Er und Lucie, seine dreijährige Tochter, wurden unzertrennlich. Sie ritt mit ihm, wenn er seine Pferde auf den Sommerweiden begutachtete, oder sie überwachten zusammen die Trainingsrennen der Vollblüter.
Auf seinem Schoß oder seinen Schultern thronend, begleitete sie ihn zu seinen täglichen Treffen mit seinen Arbeitern und Hausangestellten. Mit der Freimütigkeit eines geliebten Kindes beteiligte sie sich an den Gesprächen. Ihr Vater hörte ihr aufmerksam zu und antwortete so, daß er von seiner Tochter ein fröhliches Lächeln erntete.
Seit dem Tag seiner Rückkehr aus Virginia City richtete sich die Köchin des Hauses nach den Bedürfnissen der Kleinen, damit sie häufig mit ihrem Vater Zusammensein konnte. Nach dem Abendbrot gingen sie – im Gegensatz zu früher, als noch die schlechtgelaunte Isolde im Haus gewesen war und darauf bestanden hatte, daß sie sich im Wohnzimmer aufhielten – direkt ins Kinderzimmer. Dort spielten sie dann zusammen, bis Lucie ins Bett mußte.
Seit Jahren hatte man Adam nicht so glücklich gesehen. Er benahm sich wie in den Tagen vor seiner Hochzeit. Aber unter der Oberfläche dieses ungestörten Lebens quälten ihn immer wieder die Gedanken an Flora Bonham. Nachts träumte er von ihrer ungezügelten Leidenschaft, und er hatte sich angewöhnt auszureiten, nachdem Lucie eingeschlafen war, nur um nicht ins Bett gehen und die verzehrenden Bilder in seinen Gedanken erleben zu müssen. Die kalte Nachtluft und die unendliche Weite der vom Mondlicht beschienenen Landschaft halfen ihm. In dieser endlosen Weite fühlte er sich frei von allen störenden Gedanken und Gefühlen und war eins mit der Natur unter dem sternenübersäten Himmel, losgelöst von seinem ständigen Verlangen.
Später dann, wenn er am Fuß der Berge an der nördlichen Grenze seines Besitzes sein Pferd grasen ließ, sah er zufrieden auf sein dunkles Land hinunter. Er konnte meilenweit über das mit Gras bewachsene, hügelige Land schauen – Land, das ausreichend groß war, um seine und die Herden seines Stammes zu fassen und sie im Winter mit Nahrung zu versorgen. Nach Jahren harter Arbeit war seine Ranch
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