Sünden der Leidenschaft
wegzugehen, ohne Aufsehen zu erregen.«
»Ich könnte auch gar nicht weg, selbst wenn du es doch tätest. Es sind Freunde meiner Mutter und meiner Tante.«
Adam lächelte schwach. »Ich habe zweimal innerhalb von zwei Tagen Tee getrunken. Das ist ein Rekord in meinem lasterhaften Leben. Ist das Liebe?«
»Für mich ist es das.«
Seine Blicke schienen sie zu durchdringen. »Seit wann weißt du es?« fragte er gedämpft.
»Seit gestern, heute … Ich bin nicht sicher, Adam … Vielleicht auch gerade erst seit diesem Moment. Ich möchte es ebensowenig wie du«, murmelte sie inbrünstig. »Ich versuche es zu verdrängen.«
»Warum?« fragte er sanft.
»Warum? Großer Gott, Adam«, flüsterte sie. »Aus allen möglichen Gründen. Weil du bereits verheiratet bist. Weil ich egoistisch bin. Weil ich dich nicht mit jemandem teilen will. Und weil du nicht weißt, was Liebe ist«, schloß sie fast wütend.
Die anderen Gäste fingen bereits an, neugierig in ihre Richtung zu blicken, denn der Raum erzitterte von Floras vehementer Antwort.
Adam starrte so lange zurück, bis die Gäste seinem kalten Blick verwirrt auswichen und sich widerwillig wieder der Pianistin zuwandten.
»Vielleicht weiß ich, was Liebe ist«, sagte er ruhig, als er sie wieder ansah. Er blickte unruhig und verdrossen drein. »Vielleicht ist es die Tatsache, daß ich einen Straight Flash geopfert habe, um vor dem Abendessen hierzusein«, sagte er langsam. »Vielleicht ist es der Gedanke, daß du heute abend wie ein Engel aussiehst in diesem schlichten Kleid und mit den Bändern in deinen Haaren«, fügte er mit einer plötzlichen Zärtlichkeit in der Stimme hinzu. »Oder daß ich mir sage, daß ich dich nicht berühren darf, obwohl ich den ganzen Tag nichts lieber tun würde«, fuhr er angespannt fort. »Vielleicht sind es der unfreiwillige Zölibat und die kalten Duschen, die mir verdammt noch mal nicht gut tun. Vielleicht liegt es daran, daß ich nicht mit dir Zusammensein kann«, schloß er erhitzt.
Die Tränen standen ihr in den Augen angesichts seines Kampfes und seines unbeherrschten Willens, seines glühenden Verlangens und seines Zornes – und weil er heute abend hier erschienen war.
»O Gott, Flora, weine nicht«, bat er sie zerknirscht und setzte sich aufrecht hin. Fieberhaft suchte er nach einer Möglichkeit für sie beide, von hier zu verschwinden. Aber der einzige Ausgang lag am anderen Ende des Raumes, und der Weg dorthin würde an allen Gästen vorbeiführen. »Sag mir, was ich tun soll«, murmelte er und nahm ihre Hände in seine, »und ich werde es tun.«
»Ich weiß es nicht«, flüsterte sie, glücklich, traurig, übermütig und unentschlossen zugleich.
»Ich werde dich morgen abholen«, erklärte er abrupt. »Wir werden irgendwo hingehen und miteinander reden.
Es sind zu viele Leute hier, die Musik ist unglaublich schlecht, und ich bin sehr aufgewühlt.« Sie lächelte wieder. Er fühlte sich unwohl, wenn jemand weinte. »Und du mußt deine Gewinne noch bei Tiffany ausgeben«, fügte er hinzu, zufrieden, daß er sie wieder aufgeheitert hatte. »Ich werde dir zuerst ein Frühstück bei Crums bestellen. Für mich öffnet er sehr früh. Seine Forellen und Kartoffelchips sind die besten auf der Welt.«
Floras Lächeln wurde entspannter. »Ist das ernste Gespräch jetzt vorüber?«
Er zog eine Grimasse. »Ich hoffe es. Ich ertrage es nicht, dich weinen zu sehen. Kann ich jetzt gehen?« fragte er wie ein kleiner Junge, der draußen spielen will.
»Wenn du allein hinausfindest«, antwortete Flora und sah zweifelnd zu den Gästen hinüber, die um den Flügel standen. »Sie werden dich mit ihren Augen auffressen, wenn du an ihnen vorbeigehst.«
Adam grinste. »Dann sieh mir zu. Damit habe ich keine Probleme.« Er tätschelte ihre Hände und ließ sie dann los. »Geh heute zeitig ins Bett, bia, ich werde dich morgen früh um acht abholen.« Er stand auf, winkte ihr zu und ging. Beim Stuhl der Gastgeberin machte er halt, beugte sich hinab und sprach ruhig mit Charlotte. Sie lächelte sofort, nickte, lächelte wieder, und als Adam sich über ihre Hand beugte und ihr einen Handkuß zum Abschied gab, strahlte sie.
Aller Blicke folgten dem Comte de Chastellux, als er den Raum verließ. Und nachdem er außer Sichtweite war, entspann sich ein neugieriges Gespräch unter den Gästen, das im Wettstreit mit dem schwerfälligen Klavierspiel einer Etüde von Bach stand. Etliche Blicke gingen in Floras Richtung, einige neugierig, andere
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