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Sünden der Nacht

Sünden der Nacht

Titel: Sünden der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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all diese neuen Stücke des Puzzles durch den Kopf gehen – vor allem die Spannung zwischen Hannah und Paul. Alle köchelten sie in einer Art Dampftopf. Megan nahm an, daß selbst eine gute Beziehung in einer solchen Situation unter Druck geraten würde, aber sie hätte erwartet, daß sich Mann und Frau einander zuwenden würden, weil jeder die Unterstützung des anderen brauchte. Hier geschah das Gegenteil. Der Druck drohte Hannah und Paul zu
    zerquetschen, und offensichtlich war ihre Beziehung am Bersten, wie eine Eierschale. Die Seite aus Joshs Notizbuch fiel ihr ein – drohende Gewitterwolken und grimmige Menschen.
    Dad ist böse. Mom ist traurig. Ich fühl mich schlecht …
    Instinktiv schob sie Paul Kirkwood die Schuld zu. Er hatte eine Aura, die bei ihr zweifellos Unbehagen hervorrief. Egoistisch, von sich eingenommen – genau wie ihr Bruder Mick, wurde ihr klar. Aber es war nicht nur diese Ähnlichkeit, die ihr sauer aufstieß. Sie war hergekommen, um ihm zu erzählen, daß sie die erste wirkliche Spur hatten, und er nahm sich nicht einmal die Zeit, sich das anzuhören. Lieber wollte er draußen im Gelände sein, wo die Fernsehkameras den gramgebeugten Vater in Aktion einfangen konnten.
    Etwas zupfte an Megans Hose und holte sie in die Gegenwart zurück.
    Sie sah überrascht nach unten und entdeckte Lily Kirkwood, die sie mit blauen Kulleraugen und einem schüchternen Lächeln anpeilte.
    »Hallo!« zwitscherte Lily.
    »Selber Hallo.« Megan lächelte. Sie hatte keine Ahnung, was 233
    sie tun sollte. Mit Babys konnte sie nichts anfangen, mit Kindern auch nicht, um ehrlich zu sein. Natürlich war sie selbst einmal ein Kind gewesen, aber kein besonders unwiderstehliches – immer schüchtern, immer fehl am Platz, im Weg, ungewollt, die Tochter einer Frau, die als Mutter schmählich versagt hatte.
    Wenn sie in Gegenwart von Kindern verlegen war, fragte sich Megan, ob sie in dieser Hinsicht ihrer Mutter ähnlich war. Aber das würde ohnehin keine Rolle spielen. In der Zukunft sah sie nur ihre Karriere und keine Familie. Das wollte sie und beherrschte es auch.
    Ihr Herz machte einen verräterischen Satz, als Josh Kirkwoods kleine Schwester ihr die Ärmchen entgegenstreckte. »Lily auf!«
    »Lily, Schätzchen, komm zu Mama.«
    Hannah raffte ihr Baby hoch und gab ihr einen heftigen Kuß auf die Backe, drückte sie an sich und wandte sich dann zu Megan. »Tut mir leid, was da …« Sie schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, tut mir leid – das erste, was ich momentan von jedem höre.«
    »Tut leid, Mama«, echote Lily und bohrte ihren Kopf unter das Kinn ihrer Mutter.
    »Wie wär’s, wenn ich uns beiden eine Tasse Kaffee
    eingieße?« bot Megan an. Die Kanne stand noch auf dem Tisch, zusammen mit einer Reihe bereitgestellter Tassen, die auf den Besucherstrom von Cops und Freunden und Nachbarn warteten.
    »Das klingt wunderbar.« Hannah ließ sich in den Stuhl fallen, den Curt McCaskill vor kurzem freigemacht hatte, und drückte ihre Wange auf Lilys Kopf. Deren winziger Zeigefinger
    zeichnete das D auf dem Sweatshirt ihrer Mutter nach.
    »Möchten Sie vielleicht etwas zu essen? Uns steht jedes der Menschheit bekannte Gebäck zur Verfügung.« Sie zeigte auf die Küchentheke, wo sich Bleche und Teller und Körbe voller Backwaren stapelten.
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    »Alles hausgemacht, bis auf die Hefeteilchen von Myrna Tolefsrud, die Ischias hat, dank der wilden Polka mit
    Mr. Tolefsrud in der Sons of Norway Lodge.« Sie wiederholte die Geschichten, die man ihr der Reihe nach zugetragen hatte.
    »Natürlich war Myrna immer schon eine miserable Köchin und faul obendrein, laut ihrer Schwägerin LaMae Gilquist.«
    Megan lächelte, nahm sich ein Blech Zimtgebäck mit dicker, cremiger Glasur und trug es zum Tisch. »Das Leben in einer Kleinstadt hat schon etwas für sich, nicht wahr?«
    »Normalerweise«, bestätigte Hannah.
    »Chief Holt und ich halten den Hinweis für sehr ermutigend.
    Wir verfolgen ihn mit großem Einsatz.« Megan schaufelte ein Stück aus dem Blech, legte es auf einen Pappteller und stellte ihn vor Hannah – direkt auf den Zeitungsartikel über sie.
    Lily drehte sich auf dem Schoß ihrer Mutter und attackierte den Kuchen mit beiden Händen, grapschte sich ein Stück und pflückte die Rosinen heraus, die sie ordentlich neben dem Teller stapelte.
    »Ich weiß«, sagte Hannah. »Und ich bin mir sicher, Paul weiß es auch. Er ist nur – was? Zehn Jahre Ehe, und jetzt war er ihr fremder denn je. Sie wußte nicht mehr,

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