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Sünden der Nacht

Sünden der Nacht

Titel: Sünden der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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erwartungsvoll an.
    »Kann ich etwas für Sie tun«, fragte sie diskret. »Ich bin Karen Wright, eine Nachbarin, und hier, um Hannah zu helfen.«
    Megan lächelte flüchtig. »Nein, danke. Ich muß mit Mr. und Mrs. – äh, mit Mr. Kirkwood und Dr. Garrison sprechen.«
    Karen demonstrierte Mitgefühl. »Schwierig, nicht wahr?
    Früher ging es einfacher, als wir noch nicht so liberal waren.«
    Megan brummte etwas Nichtssagendes und suchte die Küche auf, wo sich Curt McCaskill soeben eine Tasse Tee eingoß und die Star Tribune las. Der Agent riß theatralisch den Kopf hoch.
    »He, O’Malley, ich hab grade über dich gelesen. Hast du wirklich einen Kinder-Pornoring geknackt, als du bei der Sitte warst?«
    Megan ignorierte die Frage und überflog den Artikel, der auf dem Tisch ausgebreitet lag. Weiblicher Agent kämpft gegen Verbrechen und mittelalterliche Vorurteile. Henry Foster hatte das verzapft, dieser Affenpinscher. »Du lieber Himmel, DePalma kriegt die Motten, wenn er das sieht!«
    Der Artikel schilderte ihre Laufbahn und ihren Kampf um einen Außendienstposten im Bureau. Sie wurde nicht wörtlich zitiert, aber diverse ›Quellen im Bureau‹ hatten ein paar nicht sehr freundliche Bemerkungen über ihren Ehrgeiz geäußert. Der Artikel beschrieb auch den Aufruhr wegen sexueller Belästigung vom vorigen Jahr, der sie überhaupt nicht betroffen, aber ein oder zwei Monate allen im Hauptquartier das Leben
    schwergemacht hatte. Zwischen Männern und Frauen hatten sich Fronten gebildet, und viele hegten immer noch einen Groll.
    Forsters Artikel würde das alte Hornissennest wiederaufführen, 228
    aber keiner würde sich an Forster heranwagen. Sie würden Megan angreifen.
    Nachdem sie zu Ende gelesen hatte, stöhnte sie laut.
    »Möchtest du eine Tasse Kaffee?« fragte McCaskill.
    »Nein, danke. Ich brauche etwas Härteres als Koffein.«
    »Dazu fiele mir ein Witz ein, aber, wenn man es genau
    bedenkt, würde er jetzt wahrscheinlich in die Hose gehen.«
    Megan lachte. Sie hatte Curt von Anfang an gemocht. Er hatte Sinn für Humor, etwas, das in dieser Welt allmählich
    auszusterben schien.
    Seine blaue Augen zwinkerten ihr zu. Mit der roten Mähne sah er aus wie ein anabolikasüchtiger Gartenzwerg. »Was bringt dich denn an dieses lauschige Plätzchen?«
    »Wir haben einen Zeugen, der möglicherweise gesehen hat, wie Josh in einen Van gestiegen ist. Ich möchte mit den Eltern darüber reden. Bei euch hier hat sich nichts getan?«
    Das Grinsen verschwand. Er schüttelte den Kopf und
    murmelte ihr zu: »Ich muß dir eins sagen, neununddreißig Stunden und keine Spur. Wenn wir bis jetzt nichts gehört haben, ist es unwahrscheinlich, daß wir überhaupt noch etwas hören.
    Hier handelt es sich um Entführung durch einen
    Kinderschänder, keiner der Lösegeld fordert.«
    Megan gab ihm keine Antwort, aber die Last der Wahrheit drückte sie schier zu Boden. Daß sie sie nicht offen aussprach, machte sie nicht weniger beklemmend. Sie holte tief Luft, wollte mit Macht ihre Entschlossenheit bewahren. »Hast du Lust, ein bißchen Pause zu machen? Ich werde mindestens eine halbe Stunde hier sein.«
    Er erhob sich von seinem Stuhl und versuchte, die Steifheit aus seinen Schultern zu rollen. »Danke, ich kann ein bißchen frische Luft gebrauchen.« Er gab ihrem Arm einen sanften Stoß mit der Faust. »Für eine Schnecke bist du ganz okay.«
    229
    Sie schlug die Augen gen Himmel, aber laute Stimmen von der anderen Seite der Küchentür ließen sie aufhorchen. Die Tür schwang auf, und Hannah näherte sich, die Arme verschränkt gegen die Kälte, die von der Garage hereinströmte. Ihr voller Mund war ein wütender, schmaler Strich, und ihre Augen glänzten vor Tränen und Wut, oder beidem. Paul stolzierte verärgert nach ihr durch die Tür.
    Paul Kirkwood war Megan vom ersten Augenblick an
    unsympathisch gewesen, was ihr nicht gefiel. Der arme Mann hatte seinen Sohn verloren – er hatte jedes Recht sich aufzuführen, wie er wollte. Aber dieser Paul strahlte so eine nörgelige Arroganz aus, die ihr sauer aufstieß.
    Jetzt sah er sie an wie ein trotziges Kind. »Was hör ich da von einem Van?«
    »Eine Zeugin glaubt gesehen zu haben, daß Josh Mittwoch abend in einen hell lackierten Van gestiegen ist. Ich würde gerne wissen, ob einer von Ihnen beiden einen Van kennt, auf den diese Beschreibung paßt oder kürzlich hier in der Nachbarschaft einen gesehen hat.«
    »Haben Sie die Autonummer?«
    »Nein.«
    »Baujahr und

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