Sünden der Nacht
des
Feuerwehrgebäudes gesehen. Wirklich dramatisch. Was halten Sie davon, Agent O’Malley?«
»Es ist nicht meine Aufgabe, Spekulationen anzustellen«, sagte Megan, stolz auf ihre Souveränität, Paige Price eben nicht fertigzumachen. Sie hätte ihren letzten Cent gegeben, um diese Reporterin und ihren Insider-Informanten in die Finger zu kriegen. »Ich muß mich mit Fakten befassen.«
»Keine Intuition?« fragte Wright.
Megan warf ihm einen kühlen Blick zu und lüftete eine
Augenbraue.
»Ist das sexistisch gemeint, Dr. Wright?«
»Nicht im geringsten«, erwiderte Priest für Wright. »Denn alle Polizeibeamten behaupten Pragmatiker zu sein. Ich habe sehr viel über ›Bauchgefühle‹ gelesen: Was sollte das sein, wenn nicht Intuition?«
»Sie interessieren sich für Polizeiarbeit?«
»Vom professionellen Standpunkt, ja. Immer mehr Polizeibehörden steigen ins Computerzeitalter ein, die Nachfrage nach neuerer und besserer Software wächst. Wenn ich nicht
unterrichte, bastle ich Programme. Es lohnt sich wirklich, neuen Absatzmärkten immer ein Stück voraus zu sein. Offengestanden werden wir ein paar von meinen Programmen hier verwenden, um die Informationen zu ordnen.«
»Ich verstehe.«
»Also, was sagt Ihnen denn Ihr Bauch bei diesem Fall?« stieß Wright nochmals vor. »Ich habe die verschiedensten Theorien gehört, von radikalen Fundamentalisten bis zu Satanskult war alles vertreten. Sie müssen doch eine Meinung haben?«
»Sicher.« Sie kippte den Rest ihres Ciders hinunter, stellte die 254
Tasse ab und lächelte ironisch. »Aber ich werde mich hüten, sie in der Öffentlichkeit zu äußern. Das ist noch ein Punkt, den Sie über Cops wissen sollten, Professor – wir sind ein mißtrauischer Haufen.«
Sie wand sich ihren Schal um den Hals. »Danke, daß Sie mir das hier gezeigt haben. Wenn Sie etwas brauchen, dann wenden Sie sich an Jim Geist nebenan. Danke für Ihre Zeit und Mühe –
auch für die Ihrer Studenten.«
Priest wehrte ab. »Das ist das mindeste, was wir tun können.«
Megan sah sich witternd nach versprengten Reportern um, rutschte schnell hinter das Steuer des Lumina und erweckte den Motor mit einiger Mühe zum Leben. Mitch war unterwegs und versuchte die Wogen zu glätten, die im Kielwasser der
Enthüllung der Botschaften schwappten. Die BCA-Agenten, die Megan zugeteilt waren, überprüften Hinweise auf Vans, die über die Hotline gekommen waren: Drecksarbeit. Draußen im Lyon State Park wurde die Bodensuche fortgesetzt, wo sie keine richtige Hilfe wäre, nur ein weiteres Paar Augen, ganz zu schweigen von der Presse dort auf ihren Fersen.
Damit blieb nur die Liste von Joshs Aktivitäten. Aktivitäten, die ihn in Kontakt mit zahllosen Erwachsenen aus der Gemeinde gebracht hatten, angefangen vom Pfadfinderverein bis zum Sommerfußballprogramm und seinem Dienst als Ministrant in St. Elysius. Als sie die Liste überflog, fragte sie sich, durch welche dieser ganz normalen Jungenbeschäftigungen Josh wohl die Aufmerksamkeit von jemandem erregt hatte, der ihm weh tun wollte. Alle kamen in Frage, so traurig das auch klang. Die Nachrichten waren voller Greueltaten an Kindern, die von Priestern, Trainern, Pfadfinderführern oder Lehrern mißbraucht wurde. Diese Berufe zogen zwar Leute an, die Kinder wirklich liebten, aber auch solche mit einer krankhaften Beziehung zu den Junioren. Es gab keine Methode, die Guten von den Bösen 255
zu trennen. Pädophile sahen nur selten wie Monster aus – meist war das genaue Gegenteil der Fall.
Wem sollte man vertrauen? Sie erinnerte sich, wie man ihr beigebracht hatte, genau diesen Leuten zu vertrauen und zu gehorchen – ihren Lehrern, dem Priester, ›netten‹, ›guten‹ Leuten.
Aber wie konnte heutzutage noch jemand diese Kriterien anwenden? Was sollte man dem Nachwuchs gegenwärtig
beibringen? Scheinbar gab es keinen mehr, dem man wirklich vertrauen konnte. Nicht einmal mehr in Deer Lake, wo jeder jeden kannte und keiner nachts seine Tür abschloß.
Unwissenheit ist nicht Schuld, sondern SÜNDE
Jemand, der die Gemeinde kennt, dachte sie. Oder jemand der schon auf halbem Weg nach Mexiko war und dem einfach die Vorstellung gefiel, aus der Entfernung ihre Köpfe zu
bombardieren.
Ich hatt ein bißchen Kummer, geboren aus ein bißchen SÜNDE
Sünde. Moral. Religion. Alles, von radikalen Fundamentalisten bis hin zu Satanskulten. Oder vielleicht ein katholischer Priester namens Tom McCoy …
11 Uhr 18, -7 Grad
St. Elysius war die
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