Sünden der Vergangenheit - McKenna, S: Sünden der Vergangenheit
schlaksiger Junge mit lockigem schwarzem Haar und riesigen Augen stand hinter ihr und spähte neugierig in den Kellerraum. »Das ist Javier«, stellte Cindy ihn vor.
»Ach, ja.« Kacke . Er war so sehr auf seinen Streit mit Connor konzentriert gewesen, dass ihm völlig entfallen war, dass er Cindys Drängen gestern nachgegeben hatte. Er winkte sie herein. »Setzt euch«, sagte er säuerlich. »Ich richte alles her.«
»Bist du in eine Schlägerei geraten?«, wollte Javier wissen.
Miles betastete seine dicke, wunde Nase. Mit seinem angeschwollenen Zinken sah er ziemlich beängstigend aus. Er durchstöberte seine Ausrüstung und sammelte die nötigen Kabel, Mikrofone, Stecker und digitalen Tonbänder zusammen. »Ich schätze, das könnte man so sagen«, murmelte er.
»Aus dem unglaublich frustrierten Ton, den du eben am Telefon angeschlagen hast, schließe ich, dass du mit einem McCloud gesprochen hast, oder nicht?«, sagte Cindy.
Miles erstarrte. »Wie viel hast du gehört?«
»Genug, um mich zu fragen, warum die McClouds sich für irgendetwas interessieren könnten, was der alte Professor ›Porky‹ Beck zu sagen hat.«
Miles stöhnte innerlich. »Könnten wir jetzt bitte nicht darüber reden?«
»Klar. Wenn du meinst. Dann lass uns anfangen. Hol dein Saxofon raus, Javier, und wärme das Mundstück auf, während Miles die Anlage aufbaut.«
Die Aufnahme ging zügig vonstatten. Miles musste zugeben, dass der Junge gut war. Cindy dirigierte ihn durch ein paar Moll- und Dur-Tonleitern, anschließend spielte er die Stücke, die sämtliche Bewerber präsentieren mussten. Während der letzten Sequenz baute er eine zweiunddreißigtaktige Blues-Improvisation ein. Nach weniger als einer Stunde schrieb Miles Javiers Namen und Telefonnummer auf eine qualitativ hochwertige Demo- CD . »Viel Glück. Ich hoffe, du bekommst das Stipendium.«
Javier verstaute sie in seinem Saxofonkoffer und grinste ihn mit seinen großen, weißen, leicht vorstehenden Schneidezähnen an. »Danke.« Er umarmte Cindy. »Ich bringe sie sofort zur Post.«
»Hast du Geld für das Porto?«, rief sie ihm hinterher.
Javier verdrehte die Augen. »Natürlich. Wir sehen uns im Bandcamp!«
Sie hörten, wie der Junge mit seinen Turnschuhen die Treppe hinaufsprintete. Miles sah Cindy an, dann wandte er den Blick ab. Er konnte ihr Lächeln nicht ertragen.
»Danke, dass du das getan hast«, sagte sie. »Er hat dieses Stipendium wirklich verdient. Es war süß von dir, ihm zu helfen.«
Er zuckte mit den Schultern. »Keine große Sache. Äh, Cindy? Ich habe noch massenhaft Arbeit zu erledigen, bevor ich im Dojo anfange, darum … «
»Darum soll ich mich verkrümeln und jemand anderem auf die Nüsse gehen?«
Miles wand sich innerlich. Cindy machte keine Anstalten zu gehen. »Ich habe nach dem Ford deiner Mutter Ausschau gehalten, konnte ihn aber nirgendwo entdecken«, bemerkte sie. »Ich dachte, sie hätte ihn dir geschenkt?«
»Äh, ich habe ihn Keira für ein paar Tage geliehen. Du weißt schon, eine der Backgroundsängerinnen der Furballs? Die mit den vielen Piercings?«
Cindy sah ihn ausdruckslos an, dann wurden ihre Augen schmal. »Das ist eine dicke, fette Lüge. Keira ist gestern nach Reno geflogen, um ihre Schwester zu besuchen. Sie hat dein Auto nicht.« Sie verstummte und kaute auf ihrer Unterlippe. »Also, wer hat es?«
»Das geht dich verdammt noch mal … «
»Nichts an, ja, ich weiß. Du hast ihn Sean gegeben, stimmt’s? Erin sagte, dass Connor gestern vor Wut ausgerastet ist. Sean hat deinen Wagen genommen und alle abgehängt, oder?«
»Nein«, log er mit zusammengebissenen Zähnen. »Du liegst völlig daneben. Lichtjahre.«
»Das würde erklären, warum dein Gesicht so rot ist und du mir nicht in die Augen schauen kannst.« Cindy streckte sich, sodass ihr Trägertop über ihren Brüsten spannte und ihre Haarspitzen das Tattoo an ihrem Kreuz kitzelten. »Also, was hat es mit Kev, dem Colfax-Gebäude und dem alten Porky auf sich?«
»Du solltest keine fremden Gespräche belauschen.«
»Es war keine Absicht, außerdem habe ich bereits mit Erin gesprochen. Darum weiß ich, dass Sean McClouds Paranoia wieder mal groteske Züge annimmt. Wie ich gehört habe, dreht er gerade total durch und behauptet, sein Zwillingsbruder sei nun doch ermordet worden.«
»Du würdest nicht von Paranoia reden, wenn du ihn gestern gesehen hättest«, knurrte Miles. »Sie haben ihn fast in Stücke gerissen! Sie hätten beinahe seine Freundin ermordet
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