Sünden der Vergangenheit - McKenna, S: Sünden der Vergangenheit
die Scheibe dem hübschen, ihm zugewandten Hintern der gertenschlanken Verführerin nach, als sie auf ihrem Fahrrad davonstrampelte. Schließlich schlurfte er zurück ins Wohnzimmer und setzte sich schwerfällig hin.
Er trank mehrere Gläser Eistee, schob sich die restlichen Nussplätzchen in den Mund und kaute mechanisch. Er schenkte sich das letzte halbe Glas ein, nahm es mit an die Bar und goss es mit Rum auf. Nachdem er es geleert hatte, fühlte er sich ruhiger.
Als das Bedürfnis zu stark wurde, um es weiter zu ignorieren, ging er auf die Toilette und erleichterte sich. Sein Herz raste, aber das Wummern fühlte sich kraftlos, unbedeutend und distanziert an – wie Mäuse, die auf winzigen Pfoten umhertrippelten. Das Pumpen drang nicht bis in sein Gehirn oder in seine bleischweren Glieder vor.
Er betrachtete sein feistes Gesicht. Sein Doppelkinn. Die geplatzten Adern in seinen Wangen. Emilianas Nusskekse hatten sich in zersetzenden, säurehaltigen Klärschlamm verwandelt, der ihm mit giftigen Schaumblasen die Speiseröhre verätzte.
McCloud. Seit fünfzehn Jahren tot, und noch immer zwang er Beck, in sich den korrupten, mittelmäßigen Schwindler zu sehen. Nicht dass Kevin ihm das je unter die Nase gerieben hätte. Kevin war nicht arrogant wegen seines Genies gewesen. Das hatte er auch nicht nötig gehabt. Es wäre ihm nie in den Sinn gekommen, auf andere, weniger begabte Sterbliche herabzusehen, weil jeder weniger begabt war als er.
All diese Genialität, seine ruhige Selbstsicherheit, seine Jugend, und dazu noch sein gutes Aussehen. Beck war so neidisch auf McCloud gewesen, dass er ihn am liebsten umgebracht hätte.
Vielleicht hatte er das .
Nein. Es bestand kein Anlass, sich diese Schuld aufzubürden. Er hatte Kevin lediglich Ostermans Nummer gegeben und ihm gesagt, dass dessen Forschungen ihn interessieren könnten, dass Geld im Spiel sei und der Zeitaufwand minimal. So weit erstreckte sich seine Verantwortung. Er hatte nicht gewusst, was passieren würde.
Er hatte Kevin nicht gezwungen anzurufen, sich in die Sache verwickeln zu lassen und verletzt zu werden.
Sicher, Osterman hatte ausdrücklich nach hochintelligenten jungen Leuten ohne intensive familiäre Bindungen gefragt, aber Beck hatte daraus nicht geschlossen, dass der Mann Böses im Schilde führte. Wie auch?
Es wäre ihm nie in den Sinn gekommen, wie abartig sich die ganze Sache entwickeln würde. Seine Karriere, sein Haus, seine Aktienanteile an Helix, die Spielzeuge, der Luxus, der Whirlpool mit den lächelnden jungen Frauen darin – all das war ein Kartenhaus, das um ein entsetzliches Geheimnis herum errichtet worden war. Wenn es einstürzte, stürzte alles ein.
Letzten Endes war der Schaden angerichtet, das Kind war in den Brunnen gefallen. Wenn er sowieso in der Hölle schmoren musste, warum dann nicht den Schaden begrenzen und versuchen, sein Leben bis dahin zu genießen?
Sein Gesicht sah so nichtssagend aus. So schlaff. Alt noch dazu, obwohl er kaum die fünfzig überschritten hatte. Er taumelte in sein Büro, das den Endicott River überblickte. Wenn er das Fenster öffnete, konnte er das Rauschen der Wasserfälle hören.
Beck sah und hörte nichts von alledem. Stattdessen fuhr er den Computer hoch, griff zum Telefon und wählte.
»Studentensekretariat«, meldete sich eine spröde weibliche Stimme.
»Eileen? Hallo, hier spricht Sidney Beck«, sagte er in seinem heitersten, jovialsten Ton. »Ich hoffe, Sie hatten einen schönen Sommer.«
»Guten Tag, Professor! Danke, den hatte ich. Kann ich irgendetwas für Sie tun?«
»Ja, in der Tat. Könnten Sie mir die akademische Akte einer meiner früheren Studentinnen per E-Mail zusenden? Ich habe einen Freund, der ein Vorstellungsgespräch mit ihr führen möchte.«
»Selbstverständlich, Professor. Wie lautet der Name?«
»Cynthia Riggs.«
»Einen Moment.« Beck ließ sich von der Berieselungsmusik einlullen und klopfte mit dem Fuß zwanghaft den Takt mit.
Eileen kam wieder an den Apparat. »Professor? Sind Sie sicher, dass Sie die richtige Person haben? Das Mädchen hat im Hauptfach Musik studiert, und ich sehe anhand der Unterlagen, dass es den Kurs bei Ihnen nur mit knapper Not geschafft hat.«
»Tatsächlich ist mein Freund Musiker«, improvisierte er.
»Ah, ich verstehe. Ich schicke Ihnen die Akte. Wollen Sie auch das Foto?«
Das überraschte ihn. »Sie haben ein Foto?«
»Wir archivieren von jedem unserer Studenten ein Foto. Möchten Sie es?«
»Hm, ja, gewiss«,
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