Sünden der Vergangenheit - McKenna, S: Sünden der Vergangenheit
fixierten. Liv glitt von der fahrbaren Krankentrage und stürzte zu Sean. Sie packte ihn unter den Achseln, konnte ihn jedoch kaum bewegen. Cindy sprang herbei, um ihr zu helfen.
Livs Fuß trat gegen den Montierhebel. Sie hob ihn auf. Als sie es endlich zur Tür geschafft hatten, war das ganze Zimmer von giftigem Qualm erfüllt. Die Tür war verschlossen. Brüllend warf Liv sich dagegen und schlug mit dem Montierhebel darauf ein. Er hinterließ kaum einen Kratzer im Lack.
Cindy zupfte an ihrem Ärmel. »Wir brauchen die Leiche dieses Kerls!«, krächzte sie. »Wir brauchen sein Auge!«
»Was?«, schrie Liv. »Wovon zur Hölle sprichst du?«
»Sein Auge! In der Tür ist ein Netzhautscanner installiert. Ich glaube, die Magnetkarte ist in seiner Tasche.«
Cindy kniete sich hin, schöpfte so viel Luft, wie sie konnte, und krabbelte hektisch über den Boden. Wütende Flammen züngelten vor der hinteren Wand. Die Schuhe des geistesgestörten Doktors schwelten. Sie fasste nach seinem Arm. Liv kam durch den Rauch getaumelt und packte seinen anderen Arm. Irgendwie schafften sie es, die Leiche bis zur Tür zu schleifen. Cindy kramte in seinen Taschen nach der Magnetstreifenkarte.
»Wir müssen ihn aufrichten«, keuchte sie. Sie und Liv hievten den schweren, schlaffen, blutüberströmten Körper des Mannes hoch, bis sein hin und her rollender Kopf auf Augenhöhe mit dem Scanner war. »Oh, mein Gott, ist das ekelhaft! Ich könnte kotzen«, stöhnte Cindy.
»Später«, gab Liv hustend zurück. »Kotz bitte später.«
Cindy hielt die Magnetkarte vor das Lesegerät. Es ertönte ein Piepen. Sie zwang das Lid des Doktors auf und positionierte seinen feuchtkalten, widerwärtigen Augapfel vor dem Scanner. Ein roter Lichtblitz schoss hinein und wurde grün. Klick , das Schloss ging auf.
Ostermans Leiche sackte auf die Türschwelle. Sie traten sie beiseite, um Sean hinausschleifen zu können. Hustend stolperten sie auf das Ende des verqualmten Tunnels zu. Sie stießen die Tür auf und taumelten hinaus in die herrliche frische Luft. Rauchschwaden trieben hinter ihnen her.
Klick . Das Geräusch einer Kugel, die in den Lauf befördert wurde. Sie wirbelten herum.
»Wohin wollten die Damen denn gerade?«, fragte Gordon grollend.
Miles’ Schuh glitt auf einem Zweig aus, doch er fing sich gerade noch an einem Ast über seinem Kopf ab. Es lag so viel Rauch in der Luft, dass er hoffte, die herabfallenden Blätter und Zweige würden unbemerkt bleiben.
Er war vom Dach des unterirdischen Gebäudes auf einen Baumüberhang geklettert. Nachdem er auf dem Bauch über Erde und Laub gerobbt war, war er nun völlig verdreckt und seine Beine zitterten. Vermutlich konnte man das Wummern seines Herzens noch in einem Kilometer Entfernung hören.
Die spöttische Stimme des Totengräbers drang von unten herauf. »… von euch soll ich zuerst erschießen? Schwere Entscheidung. Eigentlich wollte ich euch beide bumsen, bevor ich euch umlege, aber wie es aussieht, muss ich wählen. Ene, mene, mu. Hast du deine Hose extra für mich schon ausgezogen?«
Ein leises, abgehacktes Husten. »Nein, das habe ich nicht.« Cindys Stimme war heiser, aber fest. »Fick dich und verrecke, du krankes Arschloch.«
Miles schob sich weiter vor. Der schlanke Ast, auf dem er kauerte, bog sich bereits unter seinem Gewicht durch, aber er war noch nicht über dem Kopf des Totengräbers. Er würde nur eine einzige Chance bekommen, den Wichser zu überrumpeln, und die durfte er nicht vermasseln.
»Aber, aber … Ungezogene Mädchen, die schlimme Worte sagen, müssen bestraft werden«, gurrte der Typ. »Dreh dich um, Zuckerpüppchen. Zeig mir deine Arschbacken.«
»Nein«, sagte Cindy. Ihre Stimme bebte.
»Lass es mich anders formulieren. Dreh dich um, oder ich erschieße dich.«
Miles machte noch einen unsicheren Schritt nach vorn. Dann noch einen. Fast am Ziel …
Knack . Der Ast brach. Er stürzte ab, zusammen mit beinahe dem halben Baum, wie es sich anfühlte. Und er landete direkt auf dem Kerl. Ein wuchtiger dumpfer Aufschlag, dann Schreie und Rufe.
Ein Schuss löste sich. Miles wurde wie ein Spielzeug durch die Luft katapultiert, knallte gegen eine Betonwand, stieß sich brutal den Schädel an. Brüllend vor Zorn stürzte der Totengräber auf ihn zu.
Miles zog blitzschnell die Beine an, dann trat er seinem Gegner mit seinen Anzugschuhen in die Eingeweide und schleuderte ihn mit dem Kopf voran von sich. Er rollte sich auf die Füße. Sein Gegner tat das Gleiche.
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